Überbauung Pfruendmatt in Mettmenstetten mit unverglasten Sonnenkollektoren und PV-Modulen. ©Bild: Energie Solaire SA

Sotchà in Scuol: Verglaste Kollektoren liefern Wärme für Erdsondenregeneration und Brauchwasser. ©Bild: Caotec

Sonnenkollektoren ergänzen eine fossile Heizung: An der Narzissenstrasse in Zürich deckt die Sonne rund 60% des Warmwasserbedarfs von 18 bis 20 Personen. ©Bild: A. Baltensperger AG

Swissolar Solarthermie-Tagung: Solarwärme ist nicht von gestern

(Anzeige) An der Solarthermie-Tagung vom 8. November 2017 diskutiert die Branche über Markt und Technik bei der Nutzung der Solarwärme. Trotz des schwierigen Marktumfelds ist die Solarthermie in Bewegung. Insbesondere das relativ neue Feld der Regeneration von Erdsonden ist ein wichtiger Zukunftspfeiler. In verschiedenen Pilotprojekten wird diese Technik erprobt.


Während die Photovoltaik boomt, ist der Solarthermiemarkt von 2015 auf 2016 um einen Drittel eingebrochen. Ist dies der Anfang vom Ende der Solarwärmenutzung? Ein klares Nein ist die Antwort von David Stickelberger von Swissolar. Auch wenn er in den kommenden Jahren keine Rückkehr zum Wachstum voraussieht, ist er überzeugt, dass die Solarthermie immer einen Platz in der nachhaltigen Wärmeversorgung haben wird. «Potenzial sehe ich insbesondere im Bereich der saisonalen Speicherung und bei der Ergänzung fossiler Heizsysteme.»

Erdsonden nutzen gespeicherte Solarwärme
Immer mehr fossile Heizungen werden durch Wärmepumpen ersetzt, rund ein Drittel davon nutzt Wärme aus dem Erdreich. Wird dem Untergrund jedoch mehr Wärme entzogen, als natürlich nachströmen kann, sinken die Erdreichtemperaturen kontinuierlich. Dieser Effekt ist umso ausgeprägter, je mehr Sonden in der Nachbarschaft das Nachfliessen der Wärme behindern. In der Folge reduziert sich die Effizienz der Wärmepumpe und der Stromverbrauch steigt an.

Seit einigen Jahren wird deshalb mit aktiver Speicherung von Solarwärme in Erdsondenfeldern experimentiert – mit Erfolg, wie das Pilotprojekt der Überbauung Pfruendmatt in Mettmenstetten zeigt. Die drei identischen Mehrfamilienhäuser verfügen über je 110 m2 unverglaste Flachkollektoren in südlicher und östlicher Ausrichtung. Mit der damit erzeugten Wärme werden die neun Erdsonden mit einer Tiefe von 240-260 m regeneriert und das Brauchwasser vorgewärmt. «Ziel des Projektes ist, die Auskühlung der Sonden zu verhindern», erklärt Arthur Huber von der Energieplanungsfirma Hetag AG. «Die Solarwärmeerträge sind höher als erwartet, sodass wir deutlich mehr Warmwasser direkt über die Solaranlage erzeugen können.» Die Anlage kommt ohne technischen Speicher aus und ist einfach geregelt – über ein einziges Wärmeventil am Eintritt der Erdsonde, das die Rückspeisetemperatur in die Sonden regelt. Weil die Sondentemperaturen dank Regeneration auch in 50 Jahren nicht sinken, können die Wärmepumpen langfristig nachhaltig betrieben werden. Im Rahmen dieses Pilotprojekts wurden zudem die Auslegungsprogramme EWS und Polysun validiert. So lassen sich Anlagen mit Erdsondenregeneration künftig einfach und sicher auslegen und die zu erwartende Energieeinsparungen quantifizieren.
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Solarwärme-Tagung 2017

Am 8. November 2017 findet an der Empa in Dübendorf die 7. Tagung Solarwärme Schweiz statt. Swissolar, Suissetec und das Bundesamt für Energie laden ein, sich am wichtigen Branchentreff über aktuelle Entwicklungen zu informieren und über politische Rahmenbedingungen zu diskutieren. Nebst Erfahrungsberichten zur Erdsondenregeneration im Projekt Sotchà in Scuol, zur Solarwärmenutzung für industrielle Prozesse und zu Erträgen von mittelgrossen Anlagen werden neue Kollektortechnologien vorgestellt und die Rolle der Solarwärme in der schweizerischen und europäischen Energiepolitik diskutiert.

Datum: Mittwoch, 8. November 2016, 8.30 Uhr bis 18.00 Uhr

Ort: Empa Akademie, Dübendorf
Informationen und Anmeldung: www.swissolar.ch/sw2017
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Pilotprojekt in Scuol

Auch in der Überbauung Sotchà in Scuol wird die Regeneration von Erdsonden erprobt. Im Rahmen eines Pilot- und Demonstrationsprojekts des Bundesamts für Energie werden an drei identischen Minergie-A-Mehrfamilienhäusern Varianten für die Kombination von Erdsonden-Wärmepumpe und Solarenergie miteinander verglichen. Jedes Haus verfügt über fünf Erdsonden mit einer Tiefe von 175 m, die in einem Feld angeordnet sind. Auf den drei nach Südosten ausgerichteten Dächern stehen jeweils 130 m2 für die Solarenergienutzung zur Verfügung. Auf einem Gebäude wird nur Solarstrom produziert. Zusammen mit einem Spreicher wird die Wärmepumpe auf einen optimalen Eigenverbrauch gesteuert. Die Erdsonden werden nicht regeneriert. Das zweite Haus verfügt über die gleiche Fläche Strom-Wärme-Kombimodule (PVT-Module), das dritte Gebäude schliesslich über eine Photovoltaikanlage und verglaste Sonnenkollektoren. Die Solarwärme von Haus 2 und 3 wird direkt für die Brauchwasservorwärmung und als Quelle für die Wärmepumpe genutzt. Der Überschuss wird ins Erdreich gespeist. Gleichzeitig wird ein neu entwickeltes Steuerungsmodul in der Praxis getestet, das sowohl das Benutzerverhalten als auch Wettervorhersagemodelle berücksichtigt. Auf der Basis der gespeicherten Benutzerdaten sollen Wärmepumpe, Wassererwärmung und Pufferspeicher gesteuert werden. Ziel ist, möglichst viel Strom im Eigenverbrauch zu nutzen.

«Im ersten Betriebsjahr hatten wir noch alle Hände voll zu tun, um die Systeme einzuregeln und zu optimieren», sagt Carlo Vassella, der das Projekt als Energieplaner begleitet. Mit dem Institut für Solartechnik (SPF) der Hochschule Rapperswil wird die Anlage über vier Jahre ausgemessen Hierzu sind bei einer Erdsonde pro Haus drei Wärmesonden in unterschiedlichen Tiefen eingebaut. Die ersten Messresultate stimmen Vassella positiv: «Die Quelltemperaturen bei den Sonden mit Regenerationen waren erwartungsgemäss höher.» Eine Herausforderung sei, die Betriebsparameter für die Steuerung optimal zu definieren, etwa bei welchen Speichertemperaturen die Solarwärme ins Erdreich gespeist oder direkt genutzt werden soll.

Traditionelle Lösungen mit Potenzial
Die Regeneration von Erdsonden mit Solarwärme hat grosses Potenzial: Pro Jahr werden schweizweit etwa 13 000 Erdsonden mit einer gesamten Länge von 2500 km gebohrt. Nicht überall sind Erdsonden möglich oder Luft-Wasser-Wärmepumpen sinnvoll – vor allem bei bestehenden Mehrfamilienhäusern im städtischen Umfeld. Der Platz für die Sonden ist nicht vorhanden, die geforderte Heizleistung ist für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe zu hoch oder die Lärmimmissionen sorgen für Probleme. Für die Nutzung erneuerbarer Energien steht in solchen Fällen die Kombination von Solarwärme mit einer fossilen Heizung im Vordergrund. Ein Beispiel ist das Mehrfamilienhaus an der Narzissenstrasse, mitten in Zürich. Die Heizung wurde von Öl auf Gas umgestellt und gleichzeitig wurden Sonnenkollektoren mit einer Absorberfläche von 22 m2 installiert. Über einen Kombispeicher unterstützt die Solarwärme die Wassererwärmung und die Heizung. «Der Warmwasserbedarf für die 18 bis 20 Bewohnerinnen und Bewohner kann zu 60 % mit Solarwärme gedeckt werden», erklärt Daniel Baltensperger von der A. Baltensperger AG.

Wie viel die Solarwärme zu leisten vermag, lässt sich mit einer groben Faustregel abschätzen. «Mit einem Quadratmeter Kollektorfläche pro Bewohner kann die Sonne 40 bis 50 % des Warmwassers bereitstellen», so Stickelberger. Die MuKEn 2014, die bei fossilen Heizungen keinen reinen Ersatz mehr zulassen, wird solchen Lösungen noch mehr Auftrieb geben.

Text: Irene Bättig im Auftrag von Swissolar

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