Stefan Nowak: „Hätte ich einen Wunsch offen, wünschte ich mir, die vielversprechenden gestalterischen Ansätze der Schweizer Solarforschung zum Erfolg zu führen, denn in diesem Sektor kann sich die Schweiz differenzieren und vom Massenmarkt abheben.“

Stefan Nowak: „Die Leistungssteigerung bei der Photovoltaik geht weiter“

(AN) „Auch die Fachwelt konnte sich vor 20 Jahren nicht vorstellen, ich übrigens auch nicht, wie schnell sich die Photovoltaik durchsetzen wird“, erklärt Stefan Nowak, Geschäftsführer und Inhaber von NET Nowak Energie, die heute ihren 20. Geburtstag feiert. Ein Gespräch mit dem Programmleiter Forschung Photovoltaik BFE.


Stefan Nowak ist seit mehreren Jahren auch auf dem internationalen Parkett als und Vorsitzenden des Photovoltaik-Programms der IEA tätig.

Anita Niederhäusern: Sie sind seit
mehr als 20 Jahren im Bereich Photovoltaik tätig. Was waren die Herausforderungen der Branche vor 20 Jahren?
Stefan Nowak: Zwei wesentliche Fragestellungen, die heute immer noch ein Thema sind, wenn auch weniger ausgeprägt: Der Preis und der Wirkungsgrad, das waren die treibenden Fragen. Wenn irgendwie möglich den Wirkungsgrad so weit wie möglich zu erhöhen, ohne dabei auch die Kosten zu erhöhen. Häufig hatte man Verfahren, die zwar den Wirkungsgrad erhöhten, aber gleichzeitig komplexere Prozesse benötigten, die wiederum kostentreibend waren. Diese konnten sich naturgemäss nicht durchsetzen. Der Schlüssel zum Erfolg wurde deshalb in der Entwicklung nach industriell umsetzbaren Prozessen zur Erhöhung des Wirkungsgrads bei gleichzeitiger Kostensenkung gesucht.

Wie hoch waren die Preise vor 20 Jahren?
Damals lag der Preis pro Kilowattstunde bei ungefähr 2 bis 3 Franken, folglich 10 bis 15 Mal höher als heute!

Eine gewaltige Entwicklung!
Ja, aber die grossen Preissenkungen wurden insbesondere in den letzten 10 Jahren erzielt.

Sprich, bis ungefähr 2005 hat sich preislich nicht sehr viel bewegt?
Auch damals erfolgte eine kontinuierliche Kostenreduktion, aber viel weniger schnell. Technisch wurden Fortschritte gemacht, doch das Volumen fehlte. Der rasche Preiszerfall kam erst durch das Volumen zustande. Die technische Entwicklung hat zwar ihren Beitrag geleistet, aber das Volumen war dann ausschlaggebend.



NET Nowak Energie und Technologie
NET Nowak Energie und Technologie AG aus St. Ursen im Kanton Freiburg wurde 1997 mit dem Ziel gegründet, auf den Gebieten der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz umfassende Dienstleistungen anzubieten. Nebst unserem Spezialwissen auf dem Gebiet des Solarstroms (Photovoltaik) befasst sich das Unternehmen heute regional, national sowie international mit allen Technologien im Bereich Erneuerbare. Als unabhängiger Ansprechpartner bietet NET entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Forschung über Technologie, Projektmanagement, Rahmenbedingungen bis hin zu Finanzierungs- und Marktfragen –Dienstleistungen an.



Verzeichnete die Forschung dann auch Fortschritte, weil das Volumen angestiegen ist, sprich, floss mit steigendem Volumen mehr Geld in die Forschung?
Auf der Seite der Industrie sicher, seitens der öffentlichen Hand zumindest in der Schweiz nicht wesentlich, international gesehen schon. Die Mittel des Bundesamts für Energie wurden eher gesenkt, dafür erfolgten höhere Beiträge durch andere Instrumente. Zum Beispiel gab es mehr Industrieaktivitäten und damit mehr KTI-Projekte und es gab auch mehr internationale Projekte, weil das Thema zunehmend international wichtiger wurde.


Doch die Branche hat selber einen Teil der Forschung betrieben, weil sie auch erwachsener geworden ist?
Genau, die Basis für vielfältigere Möglichkeiten war da. Von diesem Gesichtspunkt her ist die Forschung nie stillgestanden, im Gegenteil. Über lange Zeit sind die Forschungsaktivitäten insgesamt gestiegen. Nur die Gelder, die vom Bundesamt für Energie gesprochen wurden, gingen insgesamt zurück. Zuerst in der Forschung und danach über eine gewisse Dauer im ganzen P&D-Bereich, der dadurch stark unter Druck kam, bis diese Linie politisch wieder korrigiert wurde. Aber in der Forschung ist man im Bereich Photovoltaik weiterhin ziemlich eingeschränkt und muss alle verfügbaren Mittel mit hoher Effizienz und klaren Zielen ausnutzen.


Welche Fragen bezüglich der Photovoltaik wurden vor 20 Jahren am häufigsten an Sie herangetragen?
Das sind zum Teil die gleichen Fragen wie heute: Einerseits, dass sich Photovoltaik energetisch eh nicht zurückzahlt und wir daher besser die Finger davon lassen. Diese Meinung gibt es ja heute auch noch. Andererseits gab es grosse Zweifel am Potenzial. Photovoltaik sei viel zu teuer und die Frage stelle sich, wie sie anzuwenden sei, damit sie einen sinnvollen Beitrag zur Stromversorgung leisten könne. Damals war die Meinung sehr verbreitet, dass das Potenzial zu gering sei, obwohl man schon früh aufzeigen konnte, dass man auf ein paar hundert Quadratkilometern auch in der Schweiz theoretisch den gesamten Strombedarf bereitstellen könnte.

Wir als NET Nowak Energie & Technologie erstellten damals unter anderem verschiedene Potenzialstudien. Unsere Studien basierten auf dem Gebäudebestand und der Ausrichtung der Dächer. Sie lieferten zum ersten Mal genaue Zahlen, wie viel Strom in der Schweiz bzw. in einzelnen Kantonen bzw. Gemeinden mit der Photovoltaik unter den in der Studie getroffenen Annahmen produziert werden kann. Die Killerargumente vor 20 Jahren waren zusammengefasst die zu hohen Kosten, das nicht vorhandene Potenzial und die fehlende Nachhaltigkeit.

Die, die ein bisschen offener waren, vertraten die Haltung, dass Photovoltaik doch einen Beitrag leisten könnte, aber dass es dafür noch sehr viel Zeit brauche. Man sah sich die Entwicklung in der Vergangenheit an und schaute mit diesem Wissen in die Zukunft und dachte, das braucht einfach noch einmal fünfzig Jahre. Man konnte sich damals nicht vorstellen, ich übrigens auch nicht, wie schnell sich die Photovoltaik durchsetzen wird. Die ganze Fachwelt wurde von dieser rasanten Entwicklung überrascht. Bis auf ganz wenige hatte das niemand in diesem Ausmass erwartet.

Also die Fachwelt selber hatte die Entwicklung nicht erwartet?
Viele wurden überrumpelt, auch im positiven Sinn, dass die Nachfrage so schnell und andauernd anstieg.

Und die Rolle von Deutschland?
Die Rolle von Deutschland war im Prinzip die, diese Entwicklung überhaupt zu ermöglichen. Es gibt ja die Lernkurve zwischen Preis und Volumen, die die Gesamtinvestition zeigt, die man tätigen muss. Diese Entwicklung hat am Anfang zum grossen Teil Deutschland bezahlt, das ist der Verdienst unseres nördlichen Nachbarn, abgesehen von der technologischen Führerschaft, die Deutschland damals hatte: den Markt bei noch sehr hohen Kosten wirklich als Massenmarkt zu entwickeln und anzutreiben.

Heute ist die Situation ganz anders. Doch die Herausforderungen sind nicht alle beseitigt. Welche sind aus Ihrer Sicht derzeit die wichtigsten?
Einerseits entspricht die Produktevielfalt in der Anwendung immer noch nicht dem, was wir in der Schweiz möchten, vor allem, was gestalterische Möglichkeiten angeht. In den letzten zwei, drei Jahren haben wir viele neue Produkte gesehen, aber die Frage ist, wann etwas ein Konzept ist und wann es ein wirkliches Produkt darstellt. Wir haben in der Vergangenheit viele Konzepte und Pilotanlagen gesehen. Zum Beispiel die verschiedenen farbigen Fassadenmodule, die sehr spannend und vielversprechend sind. Die Frage stellt sich jedoch, wie diese in fünf Jahren aussehen werden. Gibt es den Hersteller noch? Produziert das Modul noch Strom oder ist es nur noch farbig? Der Schritt vom Konzept zum Produkt wurde an vielen Orten noch nicht vollständig vollzogen, auch was die Kosten angeht. Die technisch verlässlichen Konzepte sind oft noch zu teuer. Das ist sicher auf der Anwendungsseite eine relevante Frage. Die Technologie bleibt insgesamt nicht stehen, es gibt neue Ansätze mit noch höheren Wirkungsgraden, mit noch flexibleren Substraten usw., um die Anwendungsbreite zu erweitern.

Was genau sind flexible Anwendungen?
Flexibel muss nicht heissen, dass die Module beweglich sind, sondern dass sie in flexiblen Formen angebracht werden können. Das sind zum Beispiel Lösungen, die man mit Fassadenkomponenten kombinieren kann, die komplexere Formen und Leichtbau ermöglichen.

Andererseits gilt es, auf der Systemseite die Fragen der Speicherung zu beantworten. Einerseits die kurzfristige Speicherung: Was passiert, wenn wir viel Solarstrom im Netz haben? Das gibt es jetzt schon zuweilen in Deutschland, wenn sehr viel Photovoltaikstrom im Netz ist. Zum Beispiel an Wochenenden, wenn die Sonne stark scheint und nicht so hoher Bedarf besteht. Das sind Situationen, in denen es leistungsmässig viel Photovoltaik am Netz haben kann. Die Frage stellt sich, wie diese Situationen effizient gelöst werden können. Ausserdem bedeutet hohe momentane Leistung noch nicht automatisch viel Energie.

Dann die längerfristige sprich insbesondere saisonale Speicherung: Das ist für uns das wichtigste Thema überhaupt, und es betrifft nicht nur die Photovoltaik. Hier geht es nicht um die Technologie der Photovoltaik, sondern um die Tatsache, dass wir zumindest in Europa mehr Strom im Winter brauchen als im Sommer.

Welche Lösungen werden sich bei der saisonalen Speicherung durchsetzen?
Auf jeden Fall nicht eine reine Stromlösung. Wir werden auf andere Lösungen ausweichen müssen, weil die Menge von Photovoltaikleistung, die wir installieren müssen, um über das Jahr die erforderliche Energie zur Verfügung zu haben, zu hoch ist, um alles elektrisch zu speichern. In Batterien eh nicht, aber auch die Wasserkraft verfügt nicht über genügend langfristige Speicherkapazität. Daher braucht es neue Lösungen, die wir heute noch nicht alle genau kennen. Das können zum Beispiel Power-to-Gas und Power-to-Heat sein. Alle Möglichkeiten, die es uns erlauben, Strom in eine andere Energieform umzuwandeln, wo sie besser länger speicherbar ist.

Sie sind Chairman des IEA-Programms Photovoltaic Power Systems Programme (IEA PVPS). Welche Rolle hat dieses Programm?
Das Programm bringt alle führenden Länder weltweit zusammen, die im Bereich Photovoltaik Forschungs-, Markt- und Industrieaktivitäten haben. Zu Beginn lag das Hauptgewicht auf der Forschung, um international für relevante Fragestellungen zusammenzuarbeiten, immer in Bezug auf die Anwendung. In letzter Zeit geht es vermehrt um die Integration in das Energiesystem als Ganzes.

Seit wann gibt es das Programm?
Seit 1993. Es ist ein relativ junges IEA-Programm im Vergleich zu den anderen, wie zum Beispiel das Solar Heating and Cooling Programm, die schon länger unterwegs sind.

Inwieweit unterschieden sie sich?
Das PVPS Programm ist mehr markt- und anwendungsorientiert. Das Solar Heating and Cooling Programm hat mehr noch an der Entwicklung der Technologie und der Anwendung selber gearbeitet. Das heisst, wir haben uns beim PVPS immer mit den Anwendungs- und insbesondere Systemfragen beschäftigt und nie mit der Entwicklung der Komponenten selbst. Im Bereich Komponenten befassen wir uns mit Fragen der Qualität, der Erträge, Neuanwendungen etc..

Gewachsen ist das Programm, weil das Thema Photovoltaik weltweit immer wichtiger geworden ist und es immer mehr Länder gab, die sich mit diesen Fragen beschäftigt haben. Sie haben dort eine gemeinsame Plattform, um sich auszutauschen. Das Programm trägt Erfahrungen zu bestimmten Themen zusammen, zieht seine Schlüsse daraus und veröffentlicht diese dann in einem Bericht. Dieser ist das Resultat einer weltweiten Analyse, zum Beispiel zum Thema von Modulfehlern. Heute ist die Netzintegration ganz wichtig oder das Thema der Umwelteinflüsse, zum Beispiel, wie werden Lebenszyklusanalysen durchgeführt und Energierücklaufzeiten berechnet. Die dafür zusammengestellten Arbeitsgruppen haben dann aufgrund ihrer Zusammensetzung aus internationalen Experten aus der ganzen Welt ein hohes und anerkanntes Renommee.

Gibt es Themen, die von Ihrer Arbeit als Chairman des PVPS direkt in die Schweiz einfliessen?
Vieles davon konnte in der Schweiz eingebracht werden. Das sind zum einen sicher die ganzen Marktfragen, wie sich der Markt entwickelt, ein Überblick über den Markt, die Förderpraxis in verschiedenen Ländern und die Stellung der Schweiz in diesem Umfeld. Die Art und Weise, wie wir bei uns die kostendeckende Einspeisevergütung konzipiert haben, hat sehr viel mit den internationalen Erfahrungen zu tun. Wir wollten nicht die Fehler der anderen wiederholen. Auf der technischen Seite sind es statistische Fragestellungen, zum Beispiel die Erfahrungen mit Modulen und Systemen im Betrieb. Das ist zum Beispiel wichtig für die Arbeiten der SUPSI, welche an dem Thema arbeitet und sich im Rahmen des Programms austauschen kann. Die Netzintegration interessiert die Energieversorger. Welche Methoden gibt es, um mit viel Solarstrom umzugehen? Welche Lösungen gibt es bei den Wechselrichtern, was müssen sie können, um als aktive Komponente eine Rolle zu übernehmen?

Die Nachhaltigkeit der Technologie ist immer ein wichtiges Thema. Da haben wir eine Gruppe, die methodisch definiert, wie die Nachhaltigkeit analysiert wird, und die auch Aussagen dazu macht.

Für diejenigen Länder, die später in die Photovoltaik eingestiegen sind, bringt das Dabeisein im PVPS einen raschen Zugang zu den Erfahrungen der Branche. Die Länder, die heute ernsthaft in die Photovoltaik einsteigen, die kommen relativ schnell in unser Programm rein. China ist seit einigen Jahren dabei, neu Südafrika, und Chile als allerneuster Partner, alles Länder, in denen die Photovoltaik schon eine ganz wesentliche Rolle spielt oder spielen wird. Für diese ist es ein Fast-Track, der es ihnen ermöglicht, rasch über ein weltweites Netzwerk zu verfügen.

Nach der Abstimmung zur Energiestrategie vom 21. Mai, die glücklicherweise positiv ausgefallen ist, möchten viele, dass es in der Politik schneller vorangeht. Braucht es die Politik in einem weltweit so schnell wachsenden Markt überhaupt noch?
Ich würde unterscheiden zwischen Märkten, in denen die Photovoltaik einfach die günstigste Lösung darstellt, und Märkten, die noch eine Förderung brauchen. Zu ersteren zählen typischerweise sonnenreiche Länder mit guten Rahmenbedingungen, zum Beispiel mit bezahlbaren Zinsen. Dort haben wir einen Markt, der absolut ohne politische Rahmenbedingungen funktioniert, Chile ist so ein Markt. Das setzt letztlich den preislichen Benchmark. Falsch wäre es zu sagen, wunderbar, jetzt stellen wir überall jegliche Förderung ab, weil Solarstrom wettbewerbsfähig ist, und dann läuft es überall von selber. Denn diese Bedingungen haben wir noch nicht überall, auch in der Schweiz nicht. Darum braucht es eine Übergangsphase aus dieser unterstützten Phase in eine Marktphase, die stärker am Markt orientiert ist. Da befinden wir uns jetzt und da hat die Politik schon noch eine Rolle zu spielen.

Um den Markt anzuschieben …?
Anzuschieben ist wohl nicht mehr der richtige Begriff, aber die Politik muss noch die Rahmenbedingungen für den künftigen Markt definieren. Damit die Photovoltaik und die anderen erneuerbaren Energien gleichlange Spiesse wie die traditionellen Technologien haben. Dann gibt es noch die Fragen des Vorrangs des Solarstroms im Netz gegenüber zum Beispiel fossil produziertem Strom.
Politisch befinden wir uns in einer Phase, in dem im Strommarkt sehr viele Umwälzungen stattfinden. Es wäre meines Erachtens falsch zu sagen, die Einspeisevergütung muss auf Dauer erhalten werden. Denn sie wird bald nicht mehr zeitgemäss sein. Und das wird auch von der Branche grösstenteils akzeptiert.

Die Politik hinkt also nicht hinter der Entwicklung her?
Sie ist sicher der Entwicklung hinterher gehinkt, als die Preise so schnell sanken. Da konnte man nicht schnell genug korrigieren, auch in der Schweiz nicht. In ein paar Ländern hat es damals einen riesigen Boom gegeben. Als dann die Fehler korrigiert wurden, gab es einen Zusammenbruch des Marktes. Diese Situationen sind aber nun vorbei. Die Preise sinken zwar noch, aber in einem Tempo, das besser vorhersehbar ist, also kann die Politik den Prozess auch besser beeinflussen.

Die ersten Module hatten eine Leistung von 55 Watt, heute sind sie bei durchschnittlich 300 Watt. An der Intersolar waren immer mehr Module mit 375 Watt zu sehen. Wird das einen Einfluss auf den Markt haben?
Der Endeffekt einer Wirkungsgradsteigerung ist, dass wir pro Fläche mehr Energie ernten können. In dem Sinn werden kleine Anlagen tendenziell höhere Leistungen haben. Bei grösseren Anlagen wird man eine tendenziell kleinere Fläche anstreben, da man weniger Land- oder Dachfläche braucht, um dieselbe Produktion zu erreichen.

Die Steigerung der Leistung von 55 auf 375 Watt lässt sich nicht einfach weiterführen?
Zuerst ist einmal festzuhalten, dass die Module mit 55 Watt deutlich kleiner waren als die heutigen. Der Wirkungsgrad ist bei weitem nicht so stark gestiegen. Aber die Geschwindigkeit der Wirkungsgraderhöhung, die nach wie vor vorhanden ist, wird weitergehen. Heute haben gute Produkte einen Wirkungsgrad von über 20 %, im Labor ist man bei über 30 % und bei Spitzentechnologien bei 46 %. Die möchte ich nun mal ausklammern. Ich spreche jetzt nur von den Entwicklungen, die terrestrisch in absehbarer Zeit genutzt werden können. Dort werden wir in nicht zu ferner Zukunft einen Wirkungsgrad von 25 bis 35 % erzielen, die Anlagen werden auf derselben Fläche also deutlich mehr produzieren. Wer dann eine 30-jährige Anlage ersetzt, kann danach durchaus eine Anlage haben, die doppelt so viel Leistung hat, wie die davor. Vielleicht wird sie beim Ersatz auch nicht kleiner gebaut, weil die Module ja viel günstiger sind als vor 30 Jahren, und den Strom braucht man vorderhand eh.

Wird sich die höhere Leistung so auswirken, dass der Solarstromanteil in den sonnenarmen Wintermonaten einen höheren Anteil an die Stromversorgung liefert?
So viel werden wir nicht zubauen wollen. Denn um das Winterloch abzudecken, müssten wir so viel zubauen, dass wir im Sommer viel zu viel Strom hätten. Das rechnet sich ökonomisch nicht. Da sucht man besser eine Methode, um die Energie vom Sommer für den Winter zu speichern. Das ist ähnlich wie bei einer kleinen autonomen Anlage: Die wird auch nicht geplant, um jederzeit den Bedarf abzudecken, sondern für die wird eine Speicherung eingebaut.

Wenn Sie zum Jubiläum von NET Nowak Energie und Technologie einen Wunsch für die Branche offen hätten, wie würde der lauten?
Dass es gelingt, die vielversprechenden gestalterischen Ansätze der Schweizer Solarforschung zum Erfolg zu führen, denn in diesem Sektor kann sich die Schweiz differenzieren und vom Massenmarkt abheben. Der Wunsch bezieht sich nicht direkt auf uns als Unternehmen. Denn letztlich haben wir die Wahl, Produkte vom Ausland zu beziehen, oder die noch gestalterisch so zu verbessern, dass wir auch einen Anteil der Wertschöpfung im Land behalten können.

Sie glauben, dass die Schweiz hier eine Nische besetzen könnte, weil wir Photovoltaik hauptsächlich im Gebäude integrieren möchten?
Das wäre zumindest immer noch ein Anspruch oder eine Hoffnung, die ich hätte, vielleicht auch eine Illusion. Ich sehe hier eine Option, vor allem auch, wenn wir 20 bis 30 % des Stromverbrauchs mit Photovoltaik erzeugen wollen, denn ohne sie geht es in den nächsten 20-30 Jahren nicht. Dann wünsche ich mir einfach, dass dieser Anteil nicht so installiert wird, wie in den letzten 10 Jahren in Deutschland gebaut wurde. Da gibt es noch ästhetisches Optimierungspotenzial. Heute verfügen wir über vielversprechende Ansätze. Selbst Standardmodule könnten mittelfristig wieder in Europa produziert werden, aber wahrscheinlich nicht in der Schweiz, aber vielleicht mit Schweizer Know-how und Schweizer Prozessen, wenn es uns gelingt, weiter vorne mitzuspielen. Denn wir sind technologisch immer noch sehr gut aufgestellt. Die Frage ist nur, wer das letztlich umsetzt, denn die Entwicklung findet im globalen Wettbewerb statt. Der, der farbige Module herstellt, ist im schweizerischen oder europäischen Wettbewerb unterwegs, weniger im globalen. Nehmen wir ein Fenster zum Vergleich, die machen wir auch bei uns. Das Glas wird üblicherweise nicht um die halbe Welt geschifft. Und Photovoltaik ist letztlich ein Stück Glas. Und wenn es uns gelingt, die Kosten noch so weit herunterzubringen, dass die Energiekosten für den Transport relevant werden, kann kommt die Produktion wieder näher zu uns.

©Interview: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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