Erstmals europaweites Konzept für die Bewältigung von schweren kerntechnischen Unfällen vorgelegt. ©Bild: Antje Lindert-Rottke, fotalia.com

BMUB: Erster europäischer Standard für Planung von Katastrophenschutzmassnahmen für AKW

(BMUB) Die Leiter der europäischen Strahlenschutz- und Reaktorsicherheitsbehörden haben erstmals ein europaweites Konzept für die Bewältigung von schweren kerntechnischen Unfällen vorgelegt. Es geht auf eine Initiative des deutschen Bundesumweltministeriums zurück und enthält ein einheitliches Bewertungsschema für den Zustand von Atomanlagen. Ausserdem werden erstmals grenzüberschreitende Empfehlungen für erste Massnahmen bei schweren Atomunfällen gegeben.


Das Konzept war in den zurückliegenden Monaten von einer gemeinsamen Task Force erarbeitet worden. 21 Experten für Reaktorsicherheit, Notfallschutz und Strahlenschutz aus 14 Ländern leiteten aus den Erfahrungen in Fukushima ein robustes Bewertungsschema für den Zustand eines havarierten Atomkraftwerks ab und gaben Empfehlungen für die Planung von Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung in der Frühphase eines schweren Unfalls. Die Experten sind Vertreter der Gremien der Leiter der europäischen Strahlenschutzbehörden (Heads of the European Radiological Protection Competent Authorities, HERCA) und Reaktorsicherheitsbehörden (Western European Nuclear Regulator’s Association, WENRA).

In allen europäischen Ländern gibt es seit Jahren effiziente Mechanismen, um im Notfall adäquat reagieren zu können. Auf Basis einer Vielzahl von Anlagenparametern kann in Verbindung mit numerischen Wettervorhersagen präzise prognostiziert werden, welche Massnahmen an welchem Ort notwendig sind, um die Bevölkerung vor Schaden zu bewahren. Wie die dreifache Katastrophe von Fukushima allerdings gezeigt hat, können widrige Umstände dazu führen, dass der für diese Form von Vorhersagen und Bewertungen notwendige Datenaustausch unterbrochen wird. In genau solchen – extrem unwahrscheinlichen – Situationen soll das nun vorgestellte Bewertungsschema Anwendung finden. Es ermöglicht eine robuste Klassifizierung auf Basis einer stark reduzierten Anzahl von Anlagen- und Wetterparametern, die auch unter ungünstigsten Bedingungen zur Verfügung stehen.

Auf wesentliche Massnahmen reduziert
Das Bewertungsschema ist bewusst auf die wesentlichen Massnahmen reduziert:

  • Evakuierung, Aufenthalt in Gebäuden und Jodblockade.
  • Bis zu einem Abstand von 5 Kilometern vom Atomkraftwerk sollen die zuständigen Behörden auf eine Evakuierung vorbereitet sein. Für eine eventuelle Ausweitung auf bis zu 20 Kilometer soll eine geeignete Strategie vorliegen.
  • Bis zu einer Entfernung von 20 Kilometern sollen die Bewohner darauf vorbereitet sein, sich in ihren Wohnungen aufzuhalten.
  • Auch eine Jodblockade ist hier vorgesehen. Für eine eventuelle Ausweitung auf bis zu 100 Kilometer soll eine geeignete Strategie vorliegen.


Über Standard hinaus
Diese Planungsradien entsprechen weitgehend denjenigen, die die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) in diesem Jahr empfohlen hat und die derzeit in Deutschland von den zuständigen Behörden umgesetzt werden. Der deutsche Ansatz geht für den Bereich der Jodblockade über den jetzt verabredeten europäischen Standard insofern hinaus, als für Kinder, Jugendliche und Schwangere im ganzen Bundesgebiet und nicht nur im Umkreis von 100 Kilometer um Atomkraftwerke herum Vorsorge getroffen werden soll. In Anbetracht des Sicherheitsniveaus europäischer Atomkraftwerke und der im Rahmen der Fukushima-Nachlese umgesetzten Verbesserung halten HERCA und WENRA explizit fest, dass die Wahrscheinlichkeit eines mit Fukushima vergleichbaren Ereignisses, das tatsächlich Evakuierungen bis zu 20 Kilometer und Aufenthalt in Gebäuden sowie Jodblockade bis zu 100 Kilometer nötig macht, in Europa sehr gering ist.

Weitere Informationen:


Text: Deutsches Bundesumweltministerium (BMUB)

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