Neue Verfahren zur Siliziumproduktion lassen die Hersteller von Solarzellen auf günstigeres Halbleitermaterial hoffen. ©Bild: BSW-Solar/Upmann

Siliziumproduktion: Konkurrenz für Siemensverfahren

(©SR) Neue Verfahren zur Siliziumproduktion lassen die Hersteller von Solarzellen auf günstigeres Halbleitermaterial hoffen. Das sogenannte Siemensverfahren gerät dank neuer Verfahren unter Druck, die um ein Vielfaches effizienter sind. Unter anderem so genannte Fliessbettreaktoren könnten grosse Marktanteil dazugewinnen. Ein Überblick über die neuen Verfahren.


Weltweit haben Siliziumhersteller ein Ziel: Sie suchen Verfahren, mit denen sich der kristalline Halbleiter für Solarzellen kostengünstiger produzieren lässt. Und das bei gleichbleibender bis höherer Qualität. Schmid Silicon Technology hat ein auf dem Gas Monosilan basierendes Verfahren auf den Markt gebracht, das die Herstellung von hochreinem Silizium nach Angaben der Firma zu günstigen Kosten ermöglicht. Darüber hinaus entwickelt der Monosilan-Spezialist derzeit ein neues Verfahren auf Plasmabasis, bei dem direkt aus Monosilan ohne Einsatz von Keimlingen granulares Silizium gewonnen wird, das auch für Halbleiteranwendungen geeignet ist.

Deutlich niedriger Energieaufwand
Der Energieaufwand ist bei diesem Prozess deutlich niedriger als bei der so genannten Siemensabscheidung, einem Verfahren, bei dem sich Silizium in einer Atmosphäre aus Wasserstoff und den Gasen Trichlorsilan oder Monosilan auf dünnen Impfkristallstangen absetzt. Um die Stangen zu ernten und den Reaktor neu zu bestücken, muss die Anlage abgeschaltet werden, was den Durchsatz schmälert. Ausserdem müssen die Stäbe zur Weiterverarbeitung zerkleinert werden. Diese Schritte entfallen bei der Plasmapyrolyse.

Die Innovation könnte Siliziumherstellern im hart umkämpften Halbleitermarkt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen. Solarstrom muss günstiger werden, um mit konventionell erzeugter Energie konkurrieren zu können. Die Modulhersteller sind deshalb darauf erpicht, an allen Fronten zu sparen – in der eigenen Produktion sowie beim Einkauf der Vorprodukte und des Siliziums.

Nicht mehr viel Luft für Rabatte
Der gängige Siemensprozess bietet nur noch wenig Einsparpotenzial. Aufgrund massiver Überkapazitäten ist der Preis für Silizium in den vergangenen fünf Jahren um das Zwanzigfache auf durchschnittlich 21 bis 22 Dollar pro Kilogramm gefallen. Damit liegt der Marktpreis nur noch knapp über den Produktionskosten, die laut Peter Dold vom Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP) bei den „richtig guten Firmen“ durchschnittlich 17 bis 18 Dollar pro Kilogramm betragen. Viel Luft für Rabatte haben die Unternehmen also nicht mehr.

Die Plasmapyrolyse könnte ihre Situation entschärfen. Dabei wird in einem Reaktor ionisierter Wasserstoff, das Plasma, mit Monosilan gemischt. Anschliessend wird das Gemisch verwirbelt, woraufhin sich das Monosilan zersetzt. Silizium kondensiert an der Wand des Reaktors, tropft zu Boden und verfestigt sich zu Granulat. In einer späteren Entwicklungsphase soll dann direkt Flüssigsilizium geerntet werden, das sich zur Gewinnung von Multi- und Monokristallen einsetzen lässt.

Pyrolyse senkt Kosten
Die Plasmapyrolyse ist aber nur ein Weg zu günstigerem Silizium. Eine andere, bereits marktreife Möglichkeit bieten so genannte Fliessbettreaktoren (FBR). Bei dieser Technologie wird Monosilan durch Düsen an der Unterseite in die Reaktorkammer eingeleitet. Es bildet sich ein Fliessbett, das von oben zugeführte Impfkristall-Partikel trägt. Die Partikeln wälzen sich gewissermassen darin, bis sie zu grösseren Siliziumkörnern herangewachsen sind, die infolge ihres Gewichts auf den Boden der Kammer fallen und kontinuierlich abgeschöpft werden können.

Der Prozess soll besonders energiesparend sein und laut CSP-Forscher Dold ein Drittel geringere Produktionskosten als das Siemensverfahren ermöglichen. Ausserdem lassen sich die Körner gut weiterverarbeiten. Das Silizium für die Herstellung der Monokristalle wird in Quarztiegeln geschmolzen. Diese Gefässe lassen sich schneller und mit mehr Material befüllen, wenn zum Beispiel Brocken aus einem Siemensreaktor mit den lückenfüllenden kleineren Körnern aus dem Fliessbett gemischt werden.

Grosses Pontenzial
Der Analyst Johannes Bernreuter von Bernreuter Research glaubt deshalb, dass die neue Technologie das Potenzial hat, einen bedeutenden Marktanteil zu gewinnen, allerdings nicht von heute auf morgen. „Der FBR-Anteil am weltweiten Polysilizium-Ausstoss wird sich von 2012 bis 2017 bestenfalls auf 16 Prozent verdoppeln“, so seine Prognose. Bei einer angenommenen globalen Produktionsmenge von rund 440000 Tonnen im Jahr 2017 würden dann also 70000 Tonnen auf die Siliziumkörner entfallen. Diese Menge würde theoretisch ausreichen, um Solarzellen mit fast 15 Gigawatt Leistung zu produzieren.

Trend zu Fliessbettreaktoren
In der Tat lassen die Ankündigungen der Siliziumhersteller einen klaren Trend zu Fliessbettreaktoren erkennen. Die norwegische Firma REC Silicon will in den USA eine Fabrik mit einer jährlichen Produktionskapazität von 19000 Tonnen errichten, hat allerdings noch keinen konkreten Termin für den Baubeginn genannt. Um die Finanzierung stemmen zu können, plant REC ein Joint-Venture mit der chinesischen Firma Shaanxi Non-Ferrous Tian Hong New Energy. Den Eigenkapitalanteil am Gemeinschaftsunternehmen wollen die Norweger mit Einkünften aus Lizenzgebühren finanzieren. Auch GCL aus China, des weltweit grössten Siliziumherstellers, sowie SMP, ein Joint-Ventur zwischen dem US-Produzenten Sunedison und Samsung Fine Chemicals aus Korea, wollen auf Fliessbettreaktoren umsteigen. Beide Unternehmen planen Anlagen mit jeweils 10000 Tonnen Jahreskapazität.

Schliesslich könnte noch eine dritte Siliziumart an Bedeutung gewinnen, das so genannte direkt gereinigte metallurgische Silizium, kurz UMG-Si. Im Gegensatz zum Siemenssilizium, das durch Umwandlung von Rohsilizium in Trichlorsilan gewonnen wird, entfällt bei der Herstellung dieses Material die aufwändige chemische Behandlung – Rohsilizium wird nur gerade so weit gereinigt, dass es als Halbleiter eingesetzt werden kann.

Schwierige Produktion
Siliziumexperte Bernreuter hat recherchiert, dass etwa die norwegische Firma Elkem mittlerweile UMG-Si mit guter Qualität herstellen kann und damit durchaus Abnehmer in der Solarbranche finde. Er warnt jedoch davor, zu viel Hype um die neuen Technologien zu machen. „Sie haben Kostensenkungspotenzial, aber bis sie voll zur Entfaltung kommen, sind noch einige Schwierigkeiten zu überwinden.“

Der Experte verweist auf Verzögerungen bei der Inbetriebnahme der geplanten Fliessbettreaktoren. 2008 versprach die kanadische Firma Timminco der Solarbranche, hochwertiges UMG-Si für rund elf Dollar pro Kilogramm zu liefern. Allein der ostdeutsche Zellenhersteller Q-Cells, der in der Zwischenzeit von Hanwha aus Korea übernommen wurde, orderte daraufhin 20000 Tonnen UMG-Si – genug für mindestens zwei Gigawatt Zellen. Timminco konnte seine Qualitäts- und Kostenversprechen jedoch nicht halten, Q-Cells und andere Anbieter zogen daraufhin ihre Bestellungen zurück, die Kanadier gingen Pleite.

Nicht einfacher sei die Lage für die Hersteller von Fliessbett-Silizium, so Bernreuter. So habe GCL den Start des ersten 10000-Tonnen-Abschnitts seiner neuen FBR-Fabrik im ersten Quartal geplant. Mittlerweile sei sie auf die zweite Jahreshälfte verschoben worden. SMP wiederum habe seine FBR-Fabrik ursprünglich für Mai 2013 angekündigt. Bei der Explosion eines Wassertanks während eines Belastungstests im Juli 2013 seien jedoch drei Beschäftigte ums Leben gekommen. „Die Siliziumabscheidung in einem FBR ist nicht einfach zu beherrschen“, kommentiert Bernreuter. Die Fabrik soll nun erst in der zweiten Hälfte 2014 an den Start gehen. (siehe ee-news.ch vom 28.7.14 >>)

Neue Siliziumarten bieten neben Wirkungsgradsteigerungen bei den Zellen und Modulen sowie effizienteren Installationsmethoden von Solaranlagen eine Möglichkeit, die Kosten des Solarstroms weiter zu senken. Diese Kostenschraube dürfte sich jedoch nur schwer drehen lassen.

©Text: Sascha Rentzing

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