Ausbau der Photovoltaik: Zielvorhaben Swissolar und offizielle Szenarien im Vergleich Blaue Kurve: Bis 2016: effektiv produziert, 2017-2035: Zielpfad gemäss Energiestrategie 2050, 2036-2050: Gemäss Botschaft Bundesrates 2013 ©Grafik: Swissolar

Swissolar: Rodmap zu 50% Solarstrom

(Swissolar) Gemäss einer neuen Swissolar-Studie liegt das nachhaltige Potenzial zur Produktion von Solarstrom auf Dächern und Fassaden der Schweiz bei jährlich 30 Terawattstunden, was der Hälfte des Stromverbrauchs entspricht. Noch sind wir weit davon entfernt. Knapp 3 Prozent des Strombedarfs der Schweiz stammt heute aus den rund 70‘000 Photovoltaikanlagen unseres Landes.

Wie die 50% erreicht werden kann, wurde anlässlich der Nationalen Photovotlaik-Tagung von Swissolar und VSE am 23. und 24. März 2017 in Lausanne rund 500 Teilnehmenden erklärt. Grundlage bildet eine Studie von Meteotest.

AKW aus bis 2035
In den nächsten zwei Jahrzehnten werden die Schweizer AKW voraussichtlich schrittweise ausser Betrieb genommen. Beznau 1, das weltweit älteste AKW, ist schon seit März 2015 abgeschaltet und eine Wiederinbetriebnahme wird immer unwahrscheinlicher. Mühleberg wird 2019 vom Netz gehen. Im nächsten Jahrzehnt fallen zudem die Bezugsrechte aus französischen AKW weg und Beznau II dürfte am Ende der technischen Lebensdauer stehen. Gösgen und Leibstadt sind spätestens 2035 am Ende ihrer technischen Lebensdauer – eine vorgängige Stilllegung aus ökonomischen Gründen ist durchaus möglich. An den Bau eines neuen AKW in der Schweiz glauben nur noch wenige – das AKW-Projekt Hinkley Point C in Grossbritannien zeigt, dass dies nur mit massiver staatlicher Unter-stützung möglich wäre.

Fazit: Der Atomstrom muss in absehbarer Zeit ersetzt werden. Die Gegner der Energiestrategie ignorieren entweder diese Tatsache oder es ist ihnen egal, wenn die Schweiz zukünftig massiv von Stromimporten abhängt.

Photovoltaik ist ein Grundpfeiler des AKW-Ersatzes
Als noch sämtliche AKW in Betrieb waren, lieferten sie jährlich etwa 25 Milliarden Kilowattstunden (25 Terawattstunden, TWh), das sind 35 bis 40 % des Schweizer Strombedarfs Von August 2016 bis Februar 2017 war das AKW Leibstadt ausser Betrieb. Zusammen mit Beznau I fiel damit rund die Hälfte der Jahresproduktion weg. Wie ersetzen wir diese Strommenge?

Berücksichtigen wir sämtliche Dächer, Fassaden, Parkflächen und weitere Infrastrukturanlagen, die von der Ausrichtung und vom Standort her für die Solarenergienutzung infrage kommen, beträgt das Photovoltaik-Potenzial in der Schweiz rund 33 TWh Jahresproduktion (Studie Meteotest, 2017). Wenn zudem einige Freiflächenanlagen hinzukommen, wären rund 35 TWh möglich. Für den Atomausstieg reicht es, 17 TWh oder zwei Drittel des Atomstroms durch Solarstrom zu ersetzen. Die Verbrauchsreduktion durch Energieeffizienzmassnahmen und der Ausbau anderer erneuerbarer Energien ermöglichen den Ersatz des verbleibenden Drittels. Photovoltaik wird damit zur zweiten Säule unserer Stromversorgung neben der Wasserkraft.

In zwei Schritten zum Ziel

  • Bis 2025 liefern Photovoltaikanlagen 7 TWh Strom, also etwa 5-mal mehr als heute. Zur Aufnahme dieser Menge Solarstrom braucht es praktisch keine Anpassungen am Stromnetz. Produktionsüberschüsse und saisonaler Ausgleich können durch die bestehenden Pump-speicherwerke und Speicherseen, Batteriespeicher sowie durch Importe und Exporte sicher-gestellt werden. Diese solare Erzeugung entspricht 70% der Produktion der drei kleinen Reaktoren Beznau I und II sowie Mühleberg. Dies bedeutet, dass zusammen mit den übrigen Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, die schon jetzt im Betrieb sind, die Stromproduktion der 3 kleinen AKW ersetzt sein wird.
  • Bis 2035 kann die Solarstromproduktion um weitere 10 TWh ausgebaut werden. Bis dann sind voraussichtlich alle AKW der Schweiz ausser Betrieb, Photovoltaik ersetzt rund zwei Drittel ihrer ursprünglichen Jahresproduktion. Um diese Menge Solarstrom ins schweizerische Stromnetz zu integrieren, müssen Photovoltaik und Wasserkraft koordiniert werden: Die Photovoltaik produziert die grossen Mengen an Strom, die Wasserkraft liefert ihn genau dann, wenn wir ihn brauchen. Mit dieser Rollenteilung wird Wasserkraft wieder wirtschaftlich und die notwendigen Ausbauten an bestehenden Speicherseen für den saisonalen Ausgleich werden finanzierbar.
  • Das Photovoltaik-Potenzial ist mit 17 TWh längst nicht ausgeschöpft. Nach 2035 wird die Photovoltaik weiter ausgebaut und leistet ihren Beitrag zur Dekarbonisierung unserer Energieversorgung, also zum Ersatz von Brenn- und Treibstoffen. Wie gross dieser Beitrag sein wird, hängt nicht zuletzt von den Technologien zur saisonalen Energiespeicherung ab.

Photovoltaik fügt sich gut ins Energiesystem ein
Wasserkraft und Photovoltaik, die beiden Grundpfeiler der zukünftigen Stromversorgung, passen bestens zusammen. Im Tagesverlauf liefert Photovoltaik über Mittag am meisten Strom, also zum Zeitpunkt des höchsten Verbrauchs. Eine allfällige Überproduktion kann von Pumpspeicherwerken zum Hochpumpen verwendet werden. Wenn die Sonne nicht scheint, wird das Wasser wieder turbiniert. Batteriespeicher (in Einzelgebäuden oder auf Quartierebene) sind eine weitere Möglichkeit, um auf Bedarfsschwankungen im Netz zu reagieren. Für die saisonale Speicherung steht die Umwandlung von sommerlichen Solar-Überschüssen zu Brenn- und Treibstoffen zur Verfügung (Power-to-Gas, Power-to-Fuel).

Der Jahresverlauf der Photovoltaik und jener der Zuflüsse der Speicherseen sind nicht parallel. Im Frühling, wenn die Speicherseen noch leer sind, laufen Solaranlagen bereits auf Hochtouren. Dank der Sommer-Solarproduktion können die Wasserreserven in den Speicherseen belassen werden und stehen damit im Winter zur Verfügung.

Photovoltaik liefert die günstigste Energie – sie braucht aber geeignete Rahmenbedingungen
Solarstrom ist in rasantem Tempo billiger geworden. Die Preise pro Kilowattstunde lagen im Jahr 1992 in der Schweiz noch bei etwa 2 Franken, im Jahr 2000 bei 1 Franken, und heute sind es je nach Grösse der Anlage 10–18 Rappen. Grossanlagen in sonnenreichen Gebieten der Erde erreichen Werte von 2.5 Rp./kWh. Damit ist Solarstrom billiger als Strom aus jedem anderen neuen Kraftwerk, unabhängig von der Technologie. Es ist zu erwarten, dass die Kosten in den nächsten Jahren weiter sinken.

Dennoch wird die Photovoltaik nicht «automatisch» ausgebaut. Die heute extrem tiefen Preise am Strommarkt verhindern die notwendige Investitionssicherheit insbesondere für den Bau grosser PV-Anlagen. Die Preissituation wird sich nicht kurzfristig ändern. Zuerst muss ein regulatives Umfeld und ein Strommarktdesign geschaffen werden, das einen wirtschaftlichen Ausbau der Photovoltaik fördert und keine Hürden aufbaut. Bis dahin sind Fördermassnahmen für die Photovoltaik nötig. Dies können garantierte Preise (KEV oder Ausschreibungen) oder Investitionsbeiträge (Einmalvergütung) sein.

Die bisherige Förderung der erneuerbaren Energien in der Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte: Die in Betrieb stehenden Anlagen aller Technologien produzieren jährlich 3,3 TWh Strom, womit das AKW Mühleberg bereits mehr als ersetzt ist. Aber 35 000 Photovoltaikprojekte sind immer noch auf der KEV-Warteliste. Sie könnten 2 TWh Strom liefern und damit das stillstehende AKW Beznau I zu zwei Dritteln ersetzen. Diese und Tausende weiterer Projekte warten auf ihre Realisierung. Mit der Ener-giestrategie 2050 geht es wieder vorwärts, zusätzliche Projekte erhalten eine faire Finanzierung. Dem ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie müssen weitere Schritte folgen, um der Photovoltaik zum Durchbruch zu verhelfen. Dazu gehört die Schaffung neuer Mechanismen am Strommarkt, wie sie zurzeit von der Energiekommission des Nationalrates beraten werden.

Energieautark in der Jahresbilanz
Energieszenarien für die Schweiz unterscheiden sich massiv, je nach zugrunde gelegter Selbstver-sorgung. Eine vollständige Autarkie ist gerade im Strombereich, wo die Schweiz die europäische Drehscheibe bildet, wenig sinnvoll. Auch eine massive Importabhängigkeit ist nicht erwünscht. Swis-solar strebt eine Bilanzautarkie an, es soll also in der Jahresbilanz gleich viel importiert wie exportiert werden. Im Winter kann die Schweiz Windstrom importieren, während sie mit Strom aus Speicher-seen und Pumpspeicherwerken zu Spitzenbedarfszeiten exportiert.

Das neue Energiesystem: robust und unabhängig
Zurzeit häufen sich Ausfälle alternder AKW. In der Schweiz sind Beznau I und Leibstadt ausser Be-trieb (Stand Februar 17), ab Oktober 2016 war ein Drittel der französischen AKW für längere Zeit abgeschaltet. Fallen solch grosse Produktionseinheiten weg, gefährdet das die Stabilität unserer Stromversorgung. Es wird damit immer deutlicher: Eine Kombination verschiedener erneuerbarer Stromquellen und Speichersysteme sorgt für eine robuste, wenig störungsanfällige Stromversorgung. Die Behauptung, es brauche Grundlastkraftwerke für eine sichere Stromversorgung, ist längst wider-legt. Ihre Produktion kann nicht an die Schwankungen von Wind- und Solarstrom angepasst werden, was zu gewissen Zeiten für Überproduktion sorgt und sich v. a. in Deutschland an negativen Börsen-preisen zeigt. Zudem sind Grundlastkraftwerke wie AKW oder Kohlekraftwerke abhängig von Ener-gieimporten und können Ziele für terroristische Anschläge darstellen.

Photovoltaik und Speichereinsatz für die Energiewende

Bis wann

PV-Markt-

anteil TWh

PV-Markt-anteil %

 

AKW

Kurzzeitspeicher Tag/Nacht

 

Saisonale Speicher: Sommer/Winter

Ist-Zustand

2016

1.6 TWh

≈ 2.6 %

Ohne Beznau I

Vorh. Pumpspeicherwerke inkl. Limmern (Axpo)

Vorhandene Speicherkraftwerke

2017 - 2025

7 TWh

≈ 10 %

Ohne Mühleberg, Beznau I&II

 

•Lokale Lasten verschieben, z.B. WP und WPB Nacht > Tag

• Pumpspeicher Nant de Drance (Alpiq)

 

• AAA+-Geräte

• WP statt Elektroheizungen

• Minergie mit WP

 

2026 - 2035

17 TWh

≈ 18 %

 

• Smart Building

• Smart Grid

• Batteriespeicher

• Elektromobilität

• WP mit PV

• Power to X

• Sektorkopplung

2035 - 2050

2 x TWh

25%

Schweiz ohne AKW

Neue Pumpspeicher? Lago Bianco (Repower)

• Minergie P als Standard

• Sektorkopplung

• Wasserstoff- u. Methanspeicherun

• Erhöhung Staumauern?


Neue Studie «Solarpotenzial Schweiz» >>

Text: Swissolar

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