Norwegen ist einer der zehn grössten Erdöl-Exporteure der Welt. Im Gegensatz zu anderen Staaten hat das reiche, skandinavische Land für die Zeit nach dem Ölboom vorgesorgt.

Norwegen: 100'000 Arbeitsplätze wegen tiefen Ölpreisen bedroht

(©TR) Die Erdölbranche steckt in einer tiefen Krise. Wegen den tiefen Ölpreisen und dem Rückgang der Förderung könnten in der norwegischen Ölindustrie bis zu 100'000 Arbeitsplätze verloren gehen. Fachleute sind sich einig: Die goldenen Zeiten mit dem schwarzen Gold sind vorbei. Das war Thema in der SRF-Radiosendung «Echo der Zeit» vom 14. Februar 2017.


Wenn eine norwegische Ölplattform im rauen Nordatlantik nicht mehr benutzt wird, wird sie an einen ruhigeren Platz in einem geschützten Fjord geschleppt. In diesem Jahr sind alle Fjord-Ständplätze für unbenutzte Ölplattformen besetzt. Denn: Die Erdölbranche steckt dem Erdölexperten Lars Eirik Nicolaisen zufolge in einer tiefen Krise. Er schätzt, dass wegen der tiefen Ölpreise und dem Rückgang der Förderung bis zu 100'000 Arbeitsplätze in der norwegischen Ölindustrie verloren gehen könnten. Besonders zu spüren ist dies offenbar in der westnorwegischen Provinz Rogaland, wo fast die Hälfte aller Jobs von der Ölindustrie abhängig sind, wie zum Beispiel jener des Bankers Magnus Andreassen. «Zu all den direkten Angestellten kommen noch all jene hinzu, die indirekt vom Ölgeld profitieren.» Er unterstreicht, dass dieser Abschwung regional sehr grosse Konsequenzen haben wird.

Lage auf dem Arbeitsmarkt beruhigt
Für Norwegen als Ganzes sind die aktuellen Veränderungen nicht nur negativ, wie SRF-Korrespondent Bruno Kaufmann in seinem SRF-Beitrag «Echo der Zeit» vom 14. Februar 2017 ausführte. Nach Jahren der wirtschaftlichen Überhitzung habe sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt beruhigt: «Weil die hochbezahlten Öljobs verschwinden, sind Studienabgänger nun wieder bereit, Stellen in der übrigen Industrie oder im öffentlichen Sektor anzunehmen. Zudem hat die norwegische Krone in den letzten zwei Jahren an Wert eingebüsst, was dem Export von Fischprodukten und dem Tourismus gut getan hat.» Obwohl die bürgerliche Regierung krampfhaft versuche, neue Ölfelder in der ökologisch sehr sensiblen Arktis jenseits des Polarkreises anzuzapfen, seien sich Fachleute dennoch einig: Die goldenen Zeiten mit dem schwarzen Gold sind vorbei.

800 Mrd. Franken in 20 Jahren geäuffnet
Im Unterschied zu anderen Staaten wie etwa Venezuela oder Russland wird Norwegen jedoch nicht an einem Kater nach dem Ölrausch zu leiden haben, glaubt der Banker Magnus Andreassen. Wörtlich: «Wir haben etwas getan, was kein anderes Land zuvor getan hat: Alle unsere Überschüsse aus dem Öl haben wir in einem staatlichen Fonds angelegt.» In diesem Fonds liegen nun umgerechnet fast 800 Milliarden Franken. Der Aufbau eines der weltgrössten Fonds gelang den Norwegern in gerade mal 20 Jahren. Die erste Einzahlung erfolgte laut SRF-Korrespondent Kaufmann 1996.

Erstmals mehr Geld aus dem Fonds
genommen als einzahlt
Letztes Jahr kam die Wende: Erstmals holte die Regierung mehr Geld aus dem Fonds, als das sie einzahlte. Auch dies sei ein klares Zeichen für den Wandel in der norwegischen Wirtschaft. Trotzdem müsse sich das nordische Land wenig finanzielle Sorgen machen, ist Andreassen überzeugt: «Wir haben eine fantastische Situation. Während die meisten Länder bis über beide Ohren verschuldet sind, haben wir so viel Geld auf die Seite legen können, dass die Renten auch für künftige Generationen praktisch gesichert sind.» Bleibt Norwegen bei seinem umsichtigen Umgang mit seinem Ölfonds, dann wird das Land noch lange alleine von den Dividenden des Ölgeldes leben können.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news, Quelle: SRF

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