Der von Bundesrat und Nationalrat vorgeschlagene Zuschlag von maximal 2.3 Rp/kWh darf nicht abgeschwächt werden. «Das könnte die Stromwende lahm legen» warnt SES-Projektleiter Felix Nipkow.

SES: Unterstützung von Grosswasserkraft nicht auf Kosten von neuen Erneuerbaren

(SES) Gestern durfte die Stromwirtschaft (gehört zu 85% den Kantonen und Städten) bei der ständerätlichen Energiekommission ihre Forderungen vortragen. Unter dem Stichwort «Rettung der Grosswasserkraft» werden verschiedene Vorschläge an die UREK-S herangetragen.


Auch die AEE SUISSE hat ihre Vorschläge publik gemacht (siehe ee-news.ch vom 31.3.15 >>). Ihr Modell heisst «Differenzkostenentschädigung mit Ausschreibungsverfahren». Wasserkraftwerke, die nicht über die KEV gefördert werden, deren Strom nicht an im Monopol gefangene Kunden verkauft wird (in diesem Fall können die Gestehungskosten verrechnet werden) und deren Gestehungskosten aufgrund Bau- oder Erneuerungsinvestitionen über den aktuellen Marktpreisen liegen, sollen die Differenz zwischen Marktpreis und den effektiven Gestehungskosten vergütet erhalten. Das Ganze soll befristet sein und es gilt, sicherzustellen, dass damit nicht die ebenfalls unrentablen AKW quersubventioniert werden können. Wenn diese nicht mehr rentieren, sollen sie stillgelegt werden. Ein künstliches Verlängern der Laufzeiten auf Kosten der Stromkonsumenten oder des Bundes widerspricht diametral dem erklärten Atomausstieg. Aus Sicherheitsgründen sind Laufzeiten von mehr als 40 Jahre sowieso fahrlässig.

Gretchenfrage Finanzierung

Letztlich ist vor allem etwas relevant, nämlich wie sich ein solches Modell finanziert. Zur Auswahl stehen zwei Modelle: Einerseits eine zweckgebundene Abgabe auf importiertem Strom aus AKW oder fossilen Kraftwerken (differenzierte Stromabgabe). Dieses Modell wurde von Pro Solar, WWF und Greenpeace Ende September 2014 im Rahmen einer Petition gefordert.

Keine Kannibalisierung neuer Erneuerbarer
Andererseits ist eine Erhöhung des Netzzuschlags, der heute für Effizienzmassnahmen (wettbewerbliche Ausschreibungen), Garantien für Geothermieprojekte, Gewässerschutzmassnahmen und nach dem Willen des Nationalrates neu auch für Investitionsbeiträge für die Grosswasserkraft eingesetzt wird, möglich. Das hat den Vorteil, dass man auf ein bestehendes System aufbauen kann. Wichtig ist aber, dass man die gewollte Förderung neuer erneuerbarer Energien nicht kannibalisiert: Der von Bundesrat und Nationalrat vorgeschlagene Zuschlag von maximal 2.3 Rp/kWh darf nicht abgeschwächt werden. «Das könnte die Stromwende lahm legen» warnt SES-Projektleiter Felix Nipkow. Wenn zum Beispiel 0.8 Rappen/kWh für die Grosswasserkraft reserviert werden, muss dieser Betrag oben drauf geschlagen werden, so dass die im Gesetz festgeschriebene Obergrenze bei 3.1 Rappen/kWh liegen würde.


Bedeutung des Netzzuschlags für die Warteliste
Würde der Netzzuschlag auf 1.5 Rappen/kWh begrenzt (z.B. indem von den vorgesehenen 2.3 Rappen 0.8 Rappen für die Grosswasserkraft abgezweigt werden), dann wären die Fördermittel spätestens Ende 2016 «ausverkauft», es können keine Vergütungen für neue Anlagen ausbezahlt werden. Die Anlagen auf der Warteliste können nicht nachrücken und erhalten keine Vergütungen. Über 35'000 Projekte fallen ins finanzielle Nichts.

Selbst bei einer Begrenzung auf 2.3 Rappen/kWh (bzw. 3.1 inkl. 0.8 für Grosswasserkraft) kann die Warteliste nicht abgebaut werden – im Gegenteil, sie wächst unter dem Strich sogar an, weil die Neuanmeldungen den Abbau übertreffen. Bis 2019 können immerhin die bis Ende 2014 angemeldeten Projekte in das Förderprogramm aufgenommen und von der Warteliste entlassen werden. Für Anmeldungen ab 2015 heisst das, dass sie mindestens fünf Jahre auf eine Zusage warten müssen.

Ideal wäre Netzzuschlag ohne Obergrenze

Für den Zubau erneuerbarer Energien wäre ein Netzzuschlag ohne gesetzliche Obergrenze ideal: Die Förderung würde sich nach der Nachfrage richten, es gäbe keine Warteliste. Limitierende Faktoren beim Zubau wären die Kapazitäten der Branche sowie die vom Bundesrat festgelegten Vergütungssätze, deren Höhe die Rentabilität der Kraftwerke bestimmt. «Damit könnte das Potenzial voll ausgeschöpft werden,» sagt Felix Nipkow, «alles andere ist Zeitverschwendung!».

Volkswirtschaftlich und für die Kantone attraktiv

Dass das für die Schweizer Volkswirtschaft sinnvoll wäre, zeigt auch eine Studie des Bundes vom letzten Jahr: Unternehmen der erneuerbaren-Energien-Branche haben im Jahr 2010 eine Bruttowertschöpfung von 4,8 Milliarden Franken erzielt. Das sind etwa 0.9 Prozent des BIP. Wenn man die Zulieferbranchen noch einrechnet, sind es 1.5 Prozent des BIP; tendenziell stark ansteigend. Bundesrätin Doris Leuthard kommentiert das am 12. März 2015 im Nationalrat so: «Insofern scheint uns das, gerade auch als Wirtschaftsfaktor, bereits ein sehr ansehnlicher Beitrag auch an die Volkswirtschaft der Schweiz, obwohl wir noch auf dem sehr tiefen Niveau von 4 Prozent an der gesamten Stromproduktion sind.»

Auf erneuerbare Energien setzen ist für die Kantone besonders attraktiv. Das zeigt eine Studie der ZHAW im Auftrag der SES von Juni 2014: Eine eigene Stromproduktion gibt der einheimischen Wertschöpfung Schub. Die Studie kann hier heruntergeladen werden.


Text: Schweizerische Energie-Stiftung

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