Stromsparpotential der Infrastrukturanlagen bei Antrieben nach Technologien. ©Bild: InfraWatt

Stromsparpotentiale der Infrastrukturanlagen bei Antrieben. ©Bild: InfraWatt

Gesamter Stromverbrauch der Infrastrukturanlagen und Anteil der Antriebe. ©Bild: InfraWatt

Stromverbrauch der Antriebe nach Technologien. ©Bild: InfraWatt

InfraWatt: Grosses Stromsparpotential bei Antrieben auf Infrastrukturanlagen

(InfraWatt) Die realistischen Stromsparpotentiale liegen bei den Infrastrukturanlagen Kläranlagen, Wasserversorgungen und Kehrichtverbrennungsanlagen in der Schweiz gemäss einer neuen Studie von Infrawatt im Auftrag des Bundesamtes für Energie alleine bei den elektrischen Antrieben bei 178 Millionen kWh pro Jahr. Das entspricht dem Stromverbrauch von 100'000 Bewohnern in Haushalten. Und; der grösste Teil dieser Potentiale ist wirtschaftlich.


In der soeben veröffentlichen Studie "Elektrische Antriebe bei Infrastrukturanlagen – Potentialanalyse und Massnahmenkatalog" von InfraWatt wurden die Einsparpotentiale untersucht. Das Bundesamt für Energie (BFE) erteilte diesen Auftrag, da die Abwasserreinigungsanlagen (ARA), Wasserversorgungen (WV) und Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) in den Gemeinden zu den grössten Energieverbrauchern gehören und insgesamt 1350 Millionen kWh/a oder 2.3 % des Stromverbrauches in der Schweiz beanspruchen (Stand 2011). Die neue Studie zeigt, dass die elektrischen Antriebe eine zentrale Rolle spielen und einen Anteil von mehr als 90 % am Stromverbrauch aufweisen, den restlichen Teil verbrauchen v.a. die Beleuchtung sowie Verfahren auf den KVA. Von den Antrieben wiederum wird mehr als die Hälfte für Pumpen, ein Viertel für die Gebläse auf den Kläranlagen sowie für Ventilatoren verwendet.

Stromsparpotentiale
Der Stromverbrauch der Abwasserverbände wurde in der Studie mit einem Top-down-Ansatz auf die einzelnen Technologie-Bereiche aufgeteilt. Gestützt auf detaillierte Energieanalysen an vier typischen Kläranlagen wurde diese Aufteilung verifiziert und vor allem die Stromsparpotentiale im Bereich Antriebe auf die Schweiz hochgerechnet. Danach liegt vom Stromverbrauch der Antriebe das realistische Einsparpotential auf den Kläranlagen bei 67 und bei den Kanalnetzen der Abwasserverbände bei weiteren 10 Millionen kWh pro Jahr. Diese Einsparungen von insgesamt 16 % lassen sich mit einem Bündel von Massnahmen realisieren. Neben dem Ersatz von alten durch effizientere Pumpen, durch Motoren mit höheren Wirkungsgraden (IE2 zu IE3) bzw. neuen Technologien bei den Aggregaten wie Turbogebläse, Schraubenkompressoren etc. ist auch die Art der Betriebsweise (Regelung und Steuerung) sehr wichtig. Noch nicht in die Studie mit einbezogen wurde die Elimination der Mikroverunreinigungen, welche für rund 100 Kläranlagen in der Schweiz vorgeschrieben wird. Diese neuen Verfahren verursachen einen zusätzlichen Stromverbrauch von rund 60 Millionen kWh/a, weshalb die Energieoptimierung besonders beachtet werden muss.

Bei den Wasserversorgungen in der Schweiz dominieren unter den Stromverbrauchern die Pumpen, da vor allem im Mittelland nicht nur frei zufliessendes Quellwasser, sondern häufig Grundwasser als Trinkwasser genutzt und dieses in die höher gelegenen Reservoire gepumpt werden muss. Aufgrund von Reihenuntersuchungen liegen die Sparpotentiale der Antriebe bei den Wasserversorgungen insgesamt bei 22 %, was in der Schweiz jährliche Stromeinsparungen von 79 Millionen kWh ergibt. Die grössten Einsparungen sind bei der Hydraulik zu suchen, also bei Massnahmen zur Vermeidung von Pumpenbetrieb sowie bei der Effizienzsteigerung der Pumpen. Folgende konkrete Massnahmen werden dazu vorgeschlagen:

  • Erhöhung Anteil Quellwassernutzung (z.B. Verbund mit Nachbargemeinde)
  • Hydraulik innerhalb der Wasserversorgung optimieren (Pumpenregime)
  • Verminderung Verluste: Leckortung und Sanierung Leitungen
  • Ersatz der Motoren durch effizientere Aggregate und Antriebe
  • Überdimensionierungen vermeiden
  • Betrieb nach Bedarf steuern (wobei Pumpen häufig nur ein-/ausgeschaltet werden)
  • Nebenaggregate auf Effizienz prüfen

Die 30 Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) in der Schweiz sind mit durchschnittlich 16 Millionen kWh/a sehr grosse Stromverbraucher. Sie können aber ihren Strombedarf selbst abdecken, da sie aus dem Abfall rund viermal mehr Strom erzeugen als sie selbst verbrauchen. Bei den KVA ist der Anteil der Stromverbraucher, welche nicht Antriebe sind, mit 20 % vergleichsweise gross, was vor allem auf die Staubabscheider und Heizung zurückzuführen ist. Die Einsparpotentiale bei den Antrieben werden von den Fachleuten bei den KVA kleiner eingeschätzt als bei den Kläranlagen oder Wasserversorgungen, unter anderem weil Energie auf den KVA auch finanziell einen beträchtlichen Anteil am Umsatz ausmacht und weil auf den grossen KVA auch Energiespezialisten angestellt werden können. Für die KVA ergibt das ein Potential von 6 % oder 22 Millionen kWh/a.

Einsparpotential von 178 Mio. kWh/a
Insgesamt ergeben sich bei den drei Infrastrukturbereichen realistische Einsparpotentiale bei den Antrieben von jährlich 178 Millionen kWh/a oder von 15 %. Das entspricht dem Stromverbrauch von Haushalten mit rund 100'000 Bewohnern oder dem Verbrauch von allen Wohnungen einer Stadt von der Grösse von Winterthur. Die Bereiche Abwasser und Wasser liefern einen Anteil von je gegen 80 Millionen kWh/a, die KVA deutlich weniger. Zwei Drittel der gesamten Einsparungen sind alleine bei den Pumpen zu finden, ein Sechstel bei den Gebläsen auf den Kläranlagen und ein Zehntel bei den Ventilatoren. Die realistischen Potentiale der Infrastrukturanlagen würden bei einem Strompreis von z.B. 15 Rp./kWh jährliche Kosteneinsparungen von 27 Millionen Franken ergeben oder über 15 Jahre Einsparungen von 400 Millionen Franken. Besonders aufhorchen lässt die Aussage der Fachleute, dass ein grösserer Teil dieser realistischen Potentiale vor allem auf den Abwasserreinigungsanlagen und Wasserversorgungen betriebswirtschaftlich umgesetzt werden könnte, dennoch fehlt es den Betreibern an ausreichenden Anreizen zur Umsetzung. Die theoretisch machbaren Potentiale sind mit 250 Millionen kWh/a nochmals deutlich höher.

Hürden bei der Umsetzung
Hürden bei der Umsetzung sind also oftmals nicht oder nicht nur im finanziellen Bereich zu suchen. Höchste Priorität bei den Infrastrukturanlagen hat richtigerweise immer der Ver- und Entsorgungsauftrag. Gründe, warum die energetischen Aspekte trotz der erzielten Fortschritte immer noch zu wenig Beachtung finden, liegen allenfalls am politischen Willen, an den Kapazitäten des Personals, den Erfahrungen mit den Energiesparmöglichkeiten oder weil die Investitionskosten im Vergleich zu den Gesamtkosten überbewertet werden; energieeffizientere Lösungen, die meist mit höheren Investitionen und tieferen Jahreskosten verbunden sind, werden dadurch benachteiligt.

Damit die vorhandenen Potentiale sinnvoll ausgeschöpft werden, bedarf es deshalb zusätzlicher Massnahmen. U.a. werden in der Studie finanzielle Anreize genannt, wobei diese vor allem an Feinanalysen auszurichten sind, um die konkreten Energiemassnahmen überhaupt ausfindig zu machen, und erst in zweiter Priorität an die Realisierung der Massnahmen, da diese teilweise bereits mit dem aktuellen Programm von ProKilowatt sehr erfolgreich und effizient gefördert werden (Weitere Informationen >>). Ein weiterer Punkt betrifft die weitere Intensivierung der Aus- und Weiterbildung sowie die Information und Beratung der Betreiber bezüglich praktischer Energietipps. Speziell wird die Unterstützung für Betreiber und Planer bei der Umsetzung des Grossverbrauchermodelles (gesetzliche Vorgaben der Kantone) sowie die Ausweitung des Kompetenzzentrums von InfraWatt vorgeschlagen.

Text: Infrawatt

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