Die Studie zeigt, dass sowohl mit Lenkung als auch mit Förderung die einzelnen Haushalte wegen ihres jeweiligen Energieverbrauchs und Einkommens unterschiedlich betroffen sind – es gibt in beiden Strategien "Gewinner" und "Verlierer".

Nationalfond Studie: Reduktion von Energieverbrauch und CO2-Emissionen - lenken oder fördern?

(NFP) Politische Massnahmen zur Reduktion von Energieverbrauch und CO2-Emissionen haben vielfältige Effekte auf Wirtschaft und Haushalte. Eine im Nationalen Forschungsprogramm "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71) durchgeführte Studie liefert erstmals detaillierte Folgeabschätzungen der energiepolitischen Strategien "Lenkung" und "Förderung" hinsichtlich Effizienz und sozialer Ausgewogenheit.


Um die Verbrauchsziele der Energiestrategie 2050 und der CO2-Gesetzgebung zu verfolgen, verfügt die Politik über zwei grundlegende Strategien: Verbrauchslenkung mittels Besteuerung von Energie und CO2 oder Fördermassnahmen mit Marktmechanismen (z. B. Steuern und Subventionen) bzw. mit verpflichtenden Vorgaben (z. B. Effizienzvorschriften für Elektrogeräte oder Abgasgrenzwerte für Personenwagen).

"Die Frage nach der geeigneten Wahl und Ausgestaltung von Politikmassnahmen zur Reduktion von Energie und CO2-Emissionen muss neben den Gesamtkosten massgeblich berücksichtigen, wie sich die Gewinne und Lasten auf verschiedene sozio-ökonomische Gruppen verteilen", sagt Sebastian Rausch. Der Professor für Energieökonomie am Center for Economic Research an der ETH Zürich hat die Studie im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71) durchgeführt.

Verdeckte Kosten der Förderung
Die Studie kommt zum Schluss, dass Lenkung gesamtwirtschaftlich erheblich effizienter und um bis zu fünfmal kostengünstiger ist als Förderung. Haushalte nehmen dies jedoch anders wahr, da die Energiepreise durch Lenkungsmassnahmen stärker steigen und die Rückverteilung der Einnahmen an die Haushalte und Unternehmen ausgeblendet wird. "Mit Fördermassnahmen steigen die Energiepreise nur wenig. Dies suggeriert aber nur scheinbar niedrigere Kosten", sagt Rausch. "Fördermassnahmen senken den Energieverbrauch nur dort, wo gefördert wird, und es wird auch einiges gefördert, was ohnehin realisiert wird. Lenkung wirkt dagegen überall und auf jede einzelne energierelevante Entscheidung von Haushalten und Unternehmen. Die auf der ganzen Breite wirkende Lenkung führt daher zu deutlich tieferen Gesamtkosten als die punktuelle Förderung. Die höheren Gesamtkosten der Förderstrategie sind verdeckt. Letztlich müssen aber die Haushalte und Unternehmen für diese Mehrkosten aufkommen", begründet Rausch.

Alle gleich behandeln, oder Gewinner und Verlierer zulassen?
Die Studie zeigt, dass sowohl mit Lenkung als auch mit Förderung die einzelnen Haushalte wegen ihres jeweiligen Energieverbrauchs und Einkommens unterschiedlich betroffen sind – es gibt in beiden Strategien "Gewinner" und "Verlierer". In drei wesentlichen Punkten unterscheiden sich die Strategien jedoch:

  • Lenkung führt aufgrund grösserer Energiepreisänderungen zu einer erheblich breiteren Streuung der Effekte auf das frei verfügbare Einkommen zwischen Haushalten.
  • Die meisten Haushalte stehen mit Lenkung besser da als mit Förderung.
  • Mit der Förderstrategie verlieren fast alle Haushalte, während mit Lenkung ein Drittel der Haushalte sogar bessergestellt wird.

Wer durch Lenkung gewinnt oder verliert, hängt massgeblich vom Rückverteilungsmechanismus der Lenkungsabgabe sowie von den Energieausgaben und vom Einkommen der Haushalte ab: Im Durchschnitt werden einkommensschwächere Haushalte durch eine Pro-Kopf-Rückverteilung der Steuereinnahmen vor steigenden Energiekosten geschützt, Hauseigentümer werden gegenüber Mietern schlechter gestellt, und Haushalte in ländlichen Gegenden verlieren gegenüber Haushalten in Städten und Agglomerationen.

Einblicke in Haushalte

Die Perspektive der Haushalte ist besonders bedeutsam, da diese als Arbeitnehmer und Verbraucher von Energie und Gütern in mehrfacher Hinsicht von energiepolitischen Massnahmen betroffen sind.

Rausch hält fest: "Die vorliegenden Erkenntnisse helfen, die soziale Akzeptanz solcher Markteingriffe zu erhöhen. Es ist jedoch nicht Ziel der Studie, spezifische Politikmassnahmen zu evaluieren, sondern die grundlegenden Unterschiede einer förder- und lenkungsbasierten Energie- und Klimapolitik aufzuzeigen."

Eine ausführliche Beschreibung der Studie und der Ergebnisse: Extended Abstract and Summary ProSTEP (in englisch) >>


Nationales Forschungsprogramm "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71)
Das Nationale Forschungsprogramm "Steuerung des Energieverbrauchs" (NFP 71) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) untersucht die sozialen, ökonomischen und regulatorischen Seiten der Energiewende und erforscht, wie private und öffentliche Akteure veranlasst werden können, Energie effizienter zu nutzen. Mit 19 Forschungsprojekten stellt das NFP 71 bis Ende 2018 praxistaugliche wissenschaftliche Grundlagen für die Diskussion um die nachfrageseitige gesellschaftliche Realisierung der Energiewende bereit. In einem intensiven Erkenntnistransfer mit der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft werden ökonomische, rechtliche, politische, psychologische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Entwicklungen beleuchtet, welche das Ausschöpfen von Effizienz- bzw. Suffizienzpotenzialen fördern oder hemmen. Es werden Steuerungs-, Akzeptanz- und Kommunikationsmassnahmen entwickelt und geprüft, um diese Potenziale bei Haushalten, Unternehmungen, öffentlichen Einrichtungen und im Verkehr zu realisieren. Aufgrund zahlreicher Wechselbeziehungen werden das NFP 71 und das parallel laufende NFP 70 "Energiewende" eng koordiniert.



Text: Schweizerischer Nationalfonds (SNF)

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