Im Strudel von Fukushima und aufgrund hoher Kosten für den Rückbau von AKW hat die Grande Nation in Paris ein wegweisendes Energiewende-Gesetz verabschiedet.

Frankreich: Revolutionäre Energieziele der Grande Nation

(©TR) Jetzt ist auch die Grande Nation ein Land der Energiewende: Bis 2050 soll der Energieverbrauch in Frankreich halbiert werden und der Anteil Atomstrom markant sinken. Zu diesem Gesinnungswandel dürften auch die erwarteten Kosten beigetragen haben: Die Entsorgung der bestehenden AKW kostet sehr viel mehr als ursprünglich angenommen, desgleichen der Bau von neuen Reaktoren.


Das schon fast revolutionär anmutende Umkrempeln von Frankreichs Energiesystems ist beschlossene Sache: Am 22. Juli 2015 hat die französische Nationalversammlung in Paris ein anspruchsvolles Energiewende-Gesetz verabschiedet, das eine nationale Energiewende herbeiführen soll. Eckpfeiler des Projekts sind:

  • bis 2050 will Frankreich 75 Prozent weniger CO2 ausstossen als 1990 (!)
  • schon 2030 soll 40 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen
  • der Energieverbrauch und die Nutzung fossiler Energieträger soll deutlich zurückgefahren werden
  • Beim Strom-Mix soll der Anteil Atomstrom innert zehn Jahren von 75 auf 50 Prozent gesenkt werden.


Die Neuerungen auf einen Nenner gebracht
Weniger Atomkraft, ein geringerer CO2-Ausstoss, mehr aus erneuerbaren Quellen produzierter Strom und damit eine Reduktion der Treibhausgase – dies sind markantesten Punkte des neuen Gesetzes. Frankreichs Wandel wird auch als ein Signal an die Pariser Klimakonferenz Ende des Jahres begriffen. Für Umweltministerin Ségolène Royal ist das neue Gesetz immerhin das «ehrgeizigste in Europa». Die Nachrichtenagentur SDA beziehungsweise der «Blick» hielten zudem folgendes Faktum fest: «Die Konservativen hatten während des monatelangen Streits über den Passus zur Atomkraft vor steigenden Energiepreisen gewarnt, die der französischen Industrie schadeten. Die Atomlobby wies zusätzlich stets darauf hin, dass ohne die CO2-arme Atomkraft die Treibhausgasziele nicht zu erreichen seien.» Hunderte von Millionen Euro werden allein in den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen gepumpt.

Bislang eine Hochburg der Kernenergie
Ein Schwerpunkte im neuen Gesetz lässt aufhorchen: Ausgerechnet Frankreich, eine Hochburg der Atomkraft, will in Zukunft erneuerbare Energien bevorzugen. Dabei sollen gleichzeitig die fossilen Energieträger weniger stark als bis anhin zum Zuge kommen. Das wiederum dürfte letztlich auch positive Auswirkungen auf das französische Aussenhandelsdefizit haben, belasten doch die Importe von fossilen Treibstoffen die Rechnung enorm; erneuerbare Energien ermöglichen hingegen die Produktion im eigenen Lande. Laut SRF-Korrespondent Rudolf Baumann gibt es zwei Erklärungen, wieso sich die Nationalversammlung mehrheitlich zur Annahme eines neuen Gesetzes durchringen konnte:

  • Ersten die Katastrophe in Fukushima: Sie hat in Frankreich selbst ehedem überzeugten Anhängern der Atomenergie gewaltig zu denken gegeben.
  • Zweitens die Kosten: Allein schon die Entsorgung der bestehenden Anlagen kostet sehr viel mehr als ursprünglich angenommen. Und der Bau von neuen Reaktoren kostet ebenfalls viel mehr als bisher angenommen.

Die Bevölkerung darf sich nicht quer stellen
Die Bevölkerung muss beim geplanten Wandel mitspielen, darf sich nicht quer stellen. Wie bekommen die Bürgerinnen und Bürger das neue Gesetz zu spüren? «Sie werden die Änderungen in mehrfacher Hinsicht zu spüren bekommen. So sollen sie beispielsweise von ihren Dieselfahrzeugen auf Elektrofahrzeuge umsteigen. Und sie sollen ihre Häuser und Wohnungen wärmeisolieren», so Rudolf Baumann. Schmackhaft gemacht werden diese Massnahmen den Franzosen mit finanziellen Anreizen, etwa mit Steuererleichterungen oder Krediten für kälte- und wärmerelevante Gebäudesanierungen. Dank der Energiewende kämen in Frankreich letztlich alle auf ihre Rechnung, wurde von der Nationalversammlung verheissen.

«Hehre Ziel zur französischen Energiewende»
Für den SRF-Korrespondenten Baumann hängt der Erfolg des Vorhabens in erster Linie von dessen Umsetzung ab, wie er in seinem Radiobeitrag «Hehre Ziel zur französischen Energiewende» sagte. Aber auch von der Bereitschaft und vom Willen der französischen Bevölkerung, am gleichen Strick in die gleiche Richtung zu ziehen. Zunächst einmal sei es wichtig und richtig gewesen, den Anstoss zu geben und die ehrgeizigen Ziele zu definieren, auch wenn die genannten Fristen am Ende dann doch ein bisschen zu kurz sein könnten…

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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