Das ENSI verzichtet unter aderem auf die Forderung einer „diversitären Kühlquelle“, wie sie nach dem Fukushima Super-Gau von der BKW in Form eines Kühlturms und später einer Kühlwasserleitung aus der Saane vorgestellt wurde.

Fokus Anti-Atom: ENSI betrügt sich selbst!

(PM) An der gestrigen Medienkonferenz des ENSI zu den Massnahmen für die Mühleberg-Restlaufzeit wurden mehrfach die Kernschadenshäufigkeiten (geläufig „Kernschmelzwahrscheinlichkeit“) und die Beiträge von einzelnen Unfallverläufen zitiert (siehe auch ee-news.ch vom 27.1.15 >>). BKW und ENSI haben berechnet, dass durch die geplanten Nachrüstmassnahmen die totale Häufigkeit für Kernschäden reduziert wurde.


Eine genauere Untersuchung der Kernschadenshäufigkeiten muss im Vergleich mit den ENSI-Richtlinien vorgenommen werden: So dürfen diese Häufigkeiten bestimmte Werte nicht überschreiten: Tabelle 2 auf S.39 im heute veröffentlichten ENSI-Bericht (1) zeigt, dass bei den Mühleberg-Risikozahlen die Richtlinie A06 (2) - „Probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA): Anwendungen“ - klar verletzt wird. In der Richtlinie wird unter Punkt 6.2 a. (S.6) gefordert: „Trägt eine auslösende Ereigniskategorie mehr als 60 % zur mittleren CDF [Kernschadenshäufigkeit, d.Verf.] bei und ist der Beitrag grösser als 6 x 10-6 pro Jahr [1/1‘000‘000 pro Jahr, d.Verf.] sind - sofern angemessen - Massnahmen zur Reduktion dieses Risikobeitrages zu ergreifen.“

Zu wenig Erdbebensicher

Tatsache ist, dass in Mühleberg zwar sowohl die Gesamt-CDF, als auch die Erdbeben-CDF sich seit 2012 verringert haben. Aber der Anteil des Erdbebens als Auslöser für alle Kernschäden ist auf 83% hochgeschnellt: Das Verhältnis Erdbeben-CDF zu Gesamt-CDF beträgt 7,17 x 10-6 pro Jahr zu 8,61 x 10-6 pro Jahr . Jürg Aerni, Präsident Fokus Anti-Atom: „Ein grosser Teil der Sicherheitssysteme ist nach wie vor zu wenig robust gegen Erdbeben ausgelegt. Es ist ein Skandal, dass das ENSI über diese Tatsache hinweggeht“. Pikant ist die Tatsache auch deswegen, weil Fokus Anti-Atom kürzlich mit 35 anderen Organisationen bei Bundesrätin Doris Leuthard vorstellig geworden ist, die Kriterien der Richtlinie A06, u.a. dasjenige der Ausgewogenheit der Anlage als Ausserbetriebnahmekriterium auf Verordnungsstufe gehoben werden solle. Die Antwort war damals abschlägig, z.B. weil die Methodik von Risikoberechnungen sich oft ändere.

Erdbebenschutz: Es bleibt beim Accident Management
Das ENSI verzichtet auf die Forderung einer „diversitären Kühlquelle“, wie sie nach dem Fukushima Super-Gau von der BKW in Form eines Kühlturms und später einer Kühlwasserleitung aus der Saane vorgestellt wurde. Alternativ wird nun das bestehende Hochwasserreservoir am Runtigenrain in die regionale Wasserversorgung eingebunden. Eine neue Leitung aus dem Verteilpumpwerk der REWAG speist neu das Hochreservoir oberhalb des AKW Mühleberg. Doch nicht nur die Wasserleitung aus dem Verteilpumpwerk REWAG ist nicht erdbebenfest, sondern auch die Notstromversorgung der Pumpen. Das heisst: Im Erdbebenfall fällt die Nachspeisung des Hochreservoirs aus. Übrig bleiben nur noch Feuerwehrmassnahmen. In Form des „Accident Management“ werden in der nächsten Revision an den Notsystemen neu zu installierende Anschlussstutzen montiert. An diesen Stutzen wird dann mittels mobilen Pumpen, welche die Feuerwehr im Notfall installiert, Wasser aus der Aare in den Reaktor gepumpt und während des weiteren Unfallablaufs mobile Leitungen zur Saane verlegt. Ein Kampf gegen die Zeit. Teile der mobilen Ausrüstung müssen aus dem Materiallager in Reitnau mit Helikoptern angeflogen werden.

Die neuen Einspeisungen führen auch zu noch weiteren Forderungen des ENSI an die Adresse der BKW. Sie muss Leitungsabschnitte, über die Kühlwasser auf neuen Wegen eingespiesen wird, auf die Leckage überprüfen. Es gilt, die interne Überflutung zu verhindern. Die Zahlen für das Risiko der internen Überflutung betragen heute praktisch das Zehnfache von 2012.

Siehe auch Zusammenfassung der Kommentare von weiteren atomkritschen Verbänden und Vereinen vom 28.1.15 auf ee-news.ch  >>

Text: Fokus Anti-Atom

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