Das uralte AKW in Mühleberg wird noch vier Jahre mit nachweislichen Sicherheitsmängeln weiterbetrieben. Das ist gut für die BKW-Rendite, aber schlecht für die Sicherheit der Bevölkerung. ©Bild: Ensi

Ensi-Entscheid AKW Mühleberg: Samthandschuhe für BKW

(ee-news.ch) Die Schweizerische Energie-Stiftung SES, Mühleberg Abschalten und Greenpeace Schweiz sind sich einig: die BKW wird betreffend dem AKW Mühleberg mit Samthandschuhen angefasst (siehe ee-news.ch vom 27.1.15 >>). «Ensi akzeptiert Billig-Sanierung der BKW», titelt die SES. Eine Zusammenfassung der Kommentare.


Die Atomaufsicht ENSI krebst von ihren ursprünglichen Nachrüstforderungen zurück, schreibt die SES. Das uralte AKW in Mühleberg wird noch vier Jahre mit nachweislichen Sicherheitsmängeln weiterbetrieben. Das ist gut für die BKW-Rendite, aber schlecht für die Sicherheit der Bevölkerung. Aber vor allem zeigt es die Schwächen der Aufsichtsbehörde und ihres gesetzlichen Auftrages auf. Der Ständerat und seine Kommission sind gut beraten, hier politische Verantwortung zu übernehmen und die Gesetze im Rahmen der laufenden Beratung zu verbessern.

Unzureichendes Nachrüstkonzept der BKW
Das AKW Mühleberg weist nebst seiner Altersschwäche (Risse im Kernmantel etc.) und der Tatsache, dass es weltweit das einzige AKW ist, das unter einer Staumauer gebaut wurde, drei grosse Sicherheitsdefizite auf:

  • Ungenügendes Nachwärmeabfuhrsystem
  • Keine redundante Notkühlung (weltweit einzigartig)
  • Keine ausreichende Kühlung des Brennelementlagerbeckens.

Trotz dieser unbestrittenen Mängel hat das ENSI jetzt das unzureichende Nachrüstkonzept der BKW für den Weiterbetrieb von Mühleberg bis 2019 gutgeheissen.

Nur noch eine billige
«Blache» aufs Dach
Im Dezember 2012 äusserte sich das ENSI zu den Nachrüstungen in Mühleberg noch folgendermassen: «Einem Betrieb über das Jahr 2017 hinaus kann die Aufsichtsbehörde nur zustimmen, wenn die BKW umfassende Nachrüstungen realisiert.“ Das war gestern. Gestern krebste das ENSI zurück und zeigt sich mit dem Betrieb bis 2019 einverstanden, ohne dass die 2012 geforderten Nachrüstungen im vollen Ausmass umgesetzt werden. Damit wird wahr, was der Verwaltungsratspräsident der BKW, Urs Gasche, Ende 2013 angedeutet hat: Es gibt für die letzten 5 Jahre nur noch eine billige «Blache» aufs Dach.

Kapitulation vor wirtschaftlichen Argumenten

Das gestrige Zurückkrebsen des ENSI ist Beweis dafür, dass das Lebensende der alten Atomkraftwerke ungenügend geregelt ist. Solange Nachrüstungen wirtschaftlich «angemessen» sein müssen (KEG Art. 22g), kann das ENSI seine Nachrüstforderungen nicht durchsetzen. Und das darf bei einer Aufsichtsbehörde, die für die Sicherheit der gefährlichsten Maschinen im Land zuständig ist, nicht sein.

Politik gefordert

Mit dieser Gesetzgebung ist der Weiterbetrieb unserer Atomkraftwerke ein Spiel mit dem Feuer. Die Politik steht in der Verantwortung. Sie muss das Lebensende der Reaktoren besser regeln und klar befristen. Der Nationalrat hat dies im letzten Dezember verpasst. Die Schweizerische Energie-Stiftung SES wird nun dem Ständerat Vorschläge unterbreiten, wie verhindert werden kann, dass alte AKW auf Kosten der Sicherheit ausgepresst und weiterbetrieben werden. Die SES fordert, dass das Kernenergiegesetz im Rahmen der Beratung der Energiestrategie 2050 verbessert wird, damit das ENSI künftig im Interesse der Bevölkerung und nicht der AKW-Betreiber entscheidet.

Mühleberg Abschalten:
erfolgreiche Verzögerungsstrategie
Der Verein Mühleberg Abschalten schreibt: «Aufgrund des Entscheids des ENSI wird klar, die BKW will das Problem Mühleberg aussitzen, es wird keine vollwertige diversitäre erdbebenfeste Kühlung installiert, das AKW wird nicht auf den Stand der Technik nachgerüstet. Die BKW hatte eine erfolgreiche Verzögerungsstrategie, mehrmals legte sie dem ENSI Nachrüstpläne vor, die sie danach wieder abänderte. Und jedes Mal prüfte das ENSI die Unterlagen. Seit nun bereits 4 Jahren hat die BKW mit taktischen Spielen ihr AKW ausgesessen.» Mühleberg Abschalten fordert Abschalten statt aussitzen! Da das AKW nie auf den Stand der Technik nachrüstbar sei. Das Risiko Mühleberg sei nicht 2019, sondern erst 2024 nach dem Abtransport der Brennstäbe zu Ende.

Greenpeace: ENSI nimmt sinkende Sicherheit in Kauf

Greenpeace schreibt in seiner Pressemeldung, der Entscheid sei verantwortungslos, denn gerade für die letzten, störanfälligsten Betriebsjahre würden steigende Unfallrisiken in Kauf genommen: «Das ENSI hat vor der betriebswirtschaftlichen Logik der BKW kapituliert und setzt damit die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel», sagt Greenpeace-Atomexperte Florian Kasser. «Die Aufsichtsbehörde weicht von ihren ursprünglichen Forderungen wie zum Beispiel einer erdbebenfesten Kühlwasserquelle ab: Die nun durchgewinkten Alternativlösungen sind eine Alibiübung und schaffen keine ausreichende Sicherheit bis zum letzten Tag».

Ausserbetriebnahme im Gesetz schwach geregelt

Auch Greenpeace argumentiert wie die SES: Der Langzeitbetrieb eines Atomkraftwerks und die damit verbundenen Sicherheitsanforderungen sowie die Kriterien für die Ausserbetriebnahme seien im Gesetz zwar schwach geregelt. Das dürfe für das ENSI aber kein Grund sein, die vorhandenen Möglichkeiten und Sicherheitsstandards nicht restriktiver durchzusetzen. Im Hinblick auf die Beratungen des Kernenergiegesetzes im Ständerat fordert Greenpeace das ENSI auf, die Parlamentarierinnen und Parlamentarier von der Notwendigkeit einer steigenden Sicherheit für alle Schweizer Altreaktoren zu überzeugen. «Die vom Nationalrat verpasste Einführung eines Langzeitkonzepts gekoppelt mit dem Prinzip der steigenden Sicherheit würde wenigstens mehr Klarheit und Durchsetzungskraft bringen», sagt Kasser.

©Text: ee-news.ch

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