Solarpanels stehen unter Spannung, sobald die Sonne scheint. ©Bild: ESTI

Wechselrichter in einem feuergefährdeten Bereich, Trennungsabstand zu Blitzschutz nicht eingehalten. ©Bild: ESTI

Keine sichere Wartung der Wechselrichter möglich. Sicherer Zugang ist nicht gewährleistet. ©Bild: ESTI

Mess- und Prüfprotokoll nach SN EN 62446. ©Bild: ESTI

Durch Brand zerstörter elektrischer Betriebsraum mit Wechselrichter und Schaltgerätekombinationen. ©Bild: ESTI

ESTI: Häufig festgestellte Mängel bei Abnahme von PV-Anlagen

(©ESTI/DO) Photovoltaikanlagen sind heute ein wichtiger Teil der Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Sie bergen neue Gefahren, welchen bei der Installation von solchen Anlagen besondere Beachtung durch den Planer und den Installateur geschenkt werden muss. Mit dem Aufzeigen der festgestellten Mängel soll ein Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit solcher Anlagen geleistet werden.


Photovoltaikanlagen sind elektrische Niederspannungs-Installationen nach Art. 2 Bst. c der Niederspannungs-Installationsverordnung (NIV) SR 734.27 mit einer Verbindung zu einem Niederspannungs-Verteilnetz. Zudem sind Anlagen mit einer Leistung von über 30 kVA beim ESTI planvorlagepflichtig nach Art. 1 Abs. 1 Bst. b der Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen (VPeA) SR 734.25. Im Weiteren ist für die Installation solcher Anlagen eine Installationsbewilligung nach Art. 6 NIV notwendig. Die Ausführung der Installation hat nach Art. 3 Abs. 1 NIV nach den anerkannten Regeln der Technik (der ESTI-Weisung Nr. 233. und Niederspannungs-Installationsnorm NIN Pkt. 7.12) zu erfolgen.

Maximale Leerlaufspannung überschritten
Wie viele Solarpanels zu einem Strang zusammengeschaltet werden können, wird über die maximal zulässige Betriebsspannung bestimmt. Die üblich eingesetzten Betriebsmittel sind für maximal 1000 V DC ausgelegt. Da Solarmodule einen negativen Temperaturkoeffizienten aufweisen, steigt die Leerlaufspannung an, je kälter die Umgebungstemperatur ist. Die maximale Betriebsspannung des PV-Generators berechnet sich gemäss NIN 7.12.5.1.2.3 [Formel].


Formel: Berechnung der maximalen Betriebsspannung nach NIN 7.12.5.1.2.3 UG,max

UG,max = UG,0 n • kT

Legende

  • UG,0 Leerlaufspannung eines Moduls gem. Hersteller-Datenblatt (bei STC)
  • n Anzahl der Module pro Strang
  • kT Korrekturfaktor für tiefe Temperaturen

Korrekturfaktoren kT

  • 1,15 für das gesamte schweizerische Mittelland 0–800 m ü.M.
  • 1,20 für alle Gebiete 800–1500 m ü.M.
  • 1,25 für alle Gebiete > 1500 m ü.M.

Wenn die maximale Betriebsspannung über der Bemessungsspannung der eingesetzten Betriebsmittel ist, kommt es zu Isolationsversagen und Ausfällen von Betriebsmitteln, was zu Bränden führen kann. Diese einfache Überschlagsrechnung verhindert spätere Schäden an Anlagen und Gebäuden.

Fehlerhafte Verlegung der DC-Leitungen
Die Speisung von den Solarpanels bis zum Wechselrichter erfolgt bei den meisten Anlagen mit Gleichstrom. Diese Verbindungsleitungen können nicht ohne weiteres wie eine Wechselstromleitung in einer Hausinstallation abgesichert werden. Der Kurzschlussstrom ist nur minim über dem Betriebsstrom und deshalb von einer normalen Überstromschutzeinrichtung kaum zu detektieren. Der Verlegung dieser Leitungen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Neben der doppelten Isolierung müssen sie mechanisch und vor Nagetierfrass geschützt verlegt werden. Führen solche Leitungen durch feuergefährdete Bereiche, müssen diese besonders abgeschottet werden (vgl. VKF-Merkblatt Solaranlagen
Nr. 28.08.2012/ 20003-12 de).

Bei einem Isolationsdefekt auf der DC-Seite speisen einerseits die Solarpanels und anderseits das Netz von der AC-Seite via Wechselrichter die Fehlerstelle. Um bei einem Fehler Personen oder Sachen zu schützen, sind folgende Massnahmen notwendig (Herstellerangaben des Wechselrichters beachten):

  • Fehlerstrom-Schutzeinrichtung RCD 30 mA Typ B auf der AC-Seite einbauen;
  • oder Wechselrichter mit galvanischer Trennung AC- und DC-Seite verwenden;
  • oder Wechselrichter mit eingebauter Fehlerstrom-Überwachung RCMU und Netztrennung verwenden (siehe VDE 0126-1-1 oder EN 62109-1/2).

Ferner müssen Installationen in feuergefährdeten Bereichen mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung RCD 300 mA Typ B ausgerüstet werden.

Standort Wechselrichter ungenügend

Bei der Planung für den Standort der Wechselrichter sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Wechselrichter dürfen nicht in feuergefährdeten Bereichen mit brennbaren Materialien installiert werden. Ob ein Raum feuergefährdet ist oder nicht, wird nach NIN 4.2.2.1 ermittelt. Im Zweifelsfall kann die kantonale Brandschutzbehörde zur Beurteilung beigezogen werden. [Bild 2]
  • Die Montageanleitung des Herstellers ist zu berücksichtigen. Abstände und Umgebungsbedingungen sind zu beachten.

Keine sichere Wartung des Wechselrichters möglich
Der Zugang zu den Wechselrichtern ist oft nicht fachgerecht erstellt [Bild 3]. Die Anordnung des Wechselrichters muss eine sichere Wartung und Bedienung nach NIN 7.12.5.1.3 ermöglichen. Dazu gehören:

  • Der Zugang muss jederzeit sicher gewährleistet sein (NIN 7.12.5.1.3). Damit die Schutz- und Bedieneinrichtungen der PV-Anlage gefahrlos bedient werden können, müssen Bedienungs- und Überwachungseinrichtungen (Displays, Touchscreens und dgl.) zwischen 0,40 und 2 m ab Boden oder Bedienpodest oder ähnliche standsichere Hilfsmittel angeordnet werden.
  • Der Wechselrichter muss von der AC- und DC-Seite getrennt werden können. Entsprechende Trennvorrichtungen müssen gemäss NIN 7.12.5.3.7 vorgesehen werden.

Blitzschutz nicht berücksichtigt
Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach löst keine Blitzschutzpflicht aus. Durch die Verlegung von Leitungen ins Gebäude kann aber ein bestehender Blitzschutz beeinträchtigt werden. Deshalb muss eine Photovoltaikanlage in ein bestehendes Blitzschutzsystem integriert werden. Ein Blitzschutzkonzept nach SNR 464022:2015 mit Zoneneinteilung ist die Grundlage für die Auswahl und die Anordnung der Überspannungs-Schutzeinrichtungen. Nicht zu vergessen ist dabei die Ableitung der Überspannung an die Erdung.

Der Trennungsabstand von Leitungen zu parallelen Ableitungen wird oft nicht beachtet, sodass die abgeleitete Überspannung wieder eingekoppelt wird [Bild 2]. Ein sauberes Erdungskonzept mit zentralem Erdungspunkt verhindert Potenzialausgleichs- und Streuströme in die übrige Hausinstallation.

Keine Absturzsicherung vorhanden
Für Wartungsarbeiten wie Reinigung und Kontrolle auf dem Dach müssen Anschlagpunkte oder Sicherungseinrichtungen angebracht werden. Der Betriebsinhaber ist verantwortlich, dass die Dächer sicher begangen werden können oder die PSA gegen Absturz sicher angewendet werden kann.

Fehlende Erstprüfung und Dokumentation
Nach Art. 24 Abs. 1 NIV muss vor der Inbetriebnahme von Teilen oder ganzen elektrischen Installationen eine baubegleitende Erstprüfung gemäss SN EN 62446:2009, Netzgekoppelte Photovoltaik-Systeme – Mindestanforderungen an Systemdokumentation, Inbetriebnahme Prüfung und Prüfanforderungen, durchgeführt werden. Für die Protokollierung wurde ein Mess- und Prüfprotokoll Photovoltaik geschaffen. Leider wird die Erstprüfung oft nicht protokolliert oder gar nicht durchgeführt. Die Sicherheitsnachweise und Mess- und Prüfprotokolle müssen dem ESTI bei der Abnahme vorliegen. Eine vollständige Dokumentation der Anlage ist notwendig, damit der Betreiber bei Störungen, Änderungen und Erweiterungen fachgerecht unterstützt werden kann.

Fazit
Eine sichere Photovoltaikanlage, welche weder Personen noch Sachen gefährdet, muss fachgerecht geplant, installiert und geprüft werden. Nur so erhält der Betreiber eine Anlage, welche langfristig sicher betrieben werden kann und so einen realen Beitrag zur zukünftigen Stromversorgung leistet.

©Text: Daniel Otti, Geschäftsführer, Eidgenössisches Starkstrominspektorat ESTI

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