Ein aktuelles „Renews Kompakt“ der deutschen Agentur für Erneuerbare Energien weist auf die Zusammenhänge zwischen hohen CO2-Preisen und einer erfolgreichen Energiewende hin.

AEE: billige CO2-Zertifikate pushen Kohlestrom und bremsen Energiewende

(AEE) Die aktuelle Preisentwicklung im EU-Emissionshandel begünstigt die Stromerzeugung aus Kohle zu Lasten flexibler Gaskraftwerke. Das konterkariert die Klimaschutz- und Energiewende-Ziele der deutschen Bundesregierung. Ein aktuelles „Renews Kompakt“ der deutschen Agentur für Erneuerbare Energien weist auf die Zusammenhänge zwischen hohen CO2-Preisen und einer erfolgreichen Energiewende hin.


Kohle ist derzeit der fossile Brennstoff, dessen Verbrauch weltweit am stärksten wächst. Auch in Deutschland, das sich eigentlich ehrgeizige Klimaziele gesetzt hat, steigt der Einsatz von Kohle. Nach Angaben der AG Energiebilanzen nahm der Primärenergieverbrauch an Steinkohle im Jahr 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 3,1 Prozent zu, der Verbrauch von Braunkohle sogar um 5,3 Prozent. Während der Anteil der Stromerzeugung aus Braunkohle im Jahr 2010 noch bei 23 Prozent lag, waren es 2012 rund 26 Prozent. Gleichzeitig hat die Bedeutung von Erdgas abgenommen, der Anteil an der Bruttostromproduktion sank von 14 Prozent im Jahr 2010 auf 11 Prozent im Jahr 2012. Diese Verschiebung hat Folgen für die Klimabilanz des Energiesektors, denn die Kohleverstromung verursacht doppelt so viele schädliche Klimagase wie die Verstromung von Erdgas.

Flexible Gaskraftwerke
besser geeignet
„Diese Substitution konterkariert die politischen Ziele der deutschen Bundesrepublik, einen klimaneutralen Energiesektor aufzubauen. Neue Kohlekraftwerke schaffen Fakten hinsichtlich des Emissionsniveaus für mindestens vierzig Jahre“, warnt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der deutschen Agentur für Erneuerbare Energien. Flexible Gaskraftwerke hingegen sind mittelfristig am besten geeignet, die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien zu ergänzen. Doch angesichts niedriger CO2-Preise verschlechtert sich die Wettbewerbsfähigkeit von Erdgas- gegenüber Kohlekraftwerken und die Auslastung von Gaskraftwerken nimmt ab.


Weit zu günstige Verschmutzungszertifikate
Begünstigt wird diese Entwicklung durch die anhaltend niedrigen Preise für Verschmutzungszertifikate im Europäischen Emissionshandel, die dazu führen, dass Strom aus Kohle viel günstiger am Markt angeboten werden kann als Strom aus Gaskraftwerken. „Um ausreichende Investitionsanreize für klima- und umweltfreundliche Technologien zu setzen, bedarf es einer schnellen Reform des Emissionshandels“, so Vohrer. Gelänge es, die Kosten von Klimaschäden mithilfe des Emissionshandels zu internalisieren, könnte der Emissionshandel ein marktwirtschaftliches und kostengünstiges Instrument sein, um Investitionen in Klimaschutzmassnahmen anzureizen. Zwar kann er spezifische Technologieförderinstrumente wie das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) nicht ersetzen, wohl aber sinnvoll ergänzen, um ambitionierte Klimaschutzziele zu erreichen.

D
eutlich unter 5 Euro statt 30 Euro pro Tonne
Im Jahr 2005 hat die Europäische Union mit dem Emissionshandelssystem (EU ETS) einen Markt für den Handel von Emissionen geschaffen. Doch bereits in den ersten zwei Handelsperioden hatte sich der CO2-Preis aufgrund zu grosszügig bemessener Emissionsobergrenzen schnell auf ein niedriges Niveau eingependelt. Seit dem Start der dritten Handelsperiode hat er jedoch immer neue Tiefstände erreicht und bewegte sich zuletzt deutlich unter 5 Euro pro Tonne – der ursprünglich anvisierte Preis lag bei 30 Euro. Der Marktmechanismus funktioniert damit derzeit praktisch gar nicht mehr, da die Reduktionsziele bis zum Jahr 2020 ohne Anstrengungen durch „Business-as-usual“ erreichbar sind und ein Handel mit Emissionsrechten kaum noch stattfindet. „Durch die Defizite des Emissionshandels riskiert Europa seine internationale Vorreiterrolle beim Klimaschutz und Deutschland den Erfolg der Energiewende“, stellt Vohrer fest. „Es wäre dringend geboten, die Menge der Emissionszertifikate im Markt mutig zu reduzieren und neue, ambitioniertere Klimaziele aufzustellen.“

Renews Kompakt „Europäischer Emissionshandel und Strommarkt“ >>

Text: Agentur für Erneuerbare Energien

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1 Kommentare

Christoph Grobbel

Sehr richtig. Um es noch drastischer auszudrücken: Die jährlichen 16 Mrd. Euro Einspeisevergütungen in Deutschland bewirken im Moment per Definition genau null Emissionssenkung. Die Stromerzeugung hat unterliegt als Teil des europäischen Emissionshandelssystems einem Emissionsbudget. Der grüne Strom auf der einen Seite senkt die CO2-Preise und erlaubt mehr dreckigen Strom durch Kohlekraftwerke auf der anderen Seite. CO2 wird nur eingespart, wenn die EU Emissionsziele angepasst werden. Deutschland hat mit Herr Rösler im Moment leider die unrühmliche Rolle des Hauptblockierers dieser sinnvollen Massnahme. Damit wird die gesamte europäische Klimapolitik in Frage gestellt.
Die deutsche FDP schafft es noch ein Handelssystem für Emissionsrechte abzuschaffen und die EU-Mitgliedsstaaten damit zu zwingen, unkoordiniert lokale Steuern einzuführen. Jährlich 16 Mrd. Euro Verschwendung allein in Deutschland. Vielen Dank Herr Rösler.
Warum das Ganze? Herr Rösler glaubt man müsse einen Eingriff in ein Marktsystem verhindern. Er hat aber tatenlos zugesehen als durch unkoordinierte EU Massnahmen, 2/3 der Nachfrage aus dem EU Handelssystem genommen wurden (siehe Caisse des Depôts climate research Nr. 18, September 2012).

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