Einer IWR-Hochrechnung zufolge müssen die Staaten bei einem rechtzeitigen Ersatz der alten Kernkraftwerke mit Kosten in Höhe von rd. 1,1 Billionen Euro rechnen. Bild: Ensi

AKW: Ersatz kostet weltweit über eine Billion Euro bis 2030

(PM) Einer IWR-Hochrechnung zufolge müssen die Staaten bei einem rechtzeitigen Ersatz der Altanlagen durch neue Kernkraftwerke mit Kosten in Höhe von rd. 1,1 Billionen Euro bis 2030 rechnen. "Auf die Länder mit Atomkraftanlagen rollt eine gewaltige Kostenwelle zu", sagte IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch.


Der Atomunfall in Fukushima hat Auswirkungen auf die weltweite Stromerzeugung aus Kernkraftwerken. Nach einer Auswertung von Daten der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) ist die Stromerzeugung aus Kernkraft im Jahr 2011 um 4,3 Prozent auf 2‘518 Milliarden Kilowattstunden (kWh) gesunken (2010: 2‘630 Mrd. kWh). Das ist der niedrigste Stand seit 2003, teilte das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) in Münster mit. Eine weitere Analyse der Altersstruktur der weltweiten Atomkraftwerke (AKW) zeigt zudem, dass viele Staaten wegen des Erreichens der Altersgrenze von 40 Jahren schon bald vor grossen politischen Herausforderungen stehen. Für diese Betriebszeit sind die Atomkraftwerke ohne Sicherheitsabstriche ausgelegt, der Neubau dauert mindestens sieben Jahre.

Alternde Kernkraftwerke werden immer anfälliger und teurer
Die derzeit weltweit in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke sind im Durchschnitt rd. 27 Jahre alt, so das IWR. Vor allem in den Ländern mit einem alten Kraftwerkspark wie in den USA (32,9 Jahre), Frankreich (27,6 Jahre), Japan (26,0 Jahre), Russland (28,9 Jahre), Kanada (28,7 Jahre) oder Grossbritannien (29,6 Jahre) stehen weitreichende Entscheidungen an, wenn man die lange Bauzeit für Neuanlagen berücksichtigt. Die Kosten für einen Ersatz bis 2030 sind gewaltig: USA (396 Mrd. Euro), Frankreich (213 Mrd. Euro), Japan (106 Mrd. Euro), Russland (76 Mrd. Euro), Kanada (43 Mrd. Euro). Allnoch: "Während Japan bereits den Ausstieg aus der Kernenergie verkündet hat, beginnt die Debatte in Frankreich wegen der zu erwartenden Kosten gerade erst", so Allnoch.



Deutschland ist durch die Energiewende im Vorteil
In Deutschland ist die Entscheidung für den Atomausstieg bereits gefallen. Hätte die Politik in Deutschland den Ausstieg nicht beschlossen und die 17 Kernkraftanlagen, die vor Fukushima noch in Betrieb waren, müssten ersetzt werden, so würde dies bis 2030 Kosten in Höhe von 82 Mrd. Euro allein für den Neu- bzw. Ersatzbau verursachen. "Mit der Energiewende haben wir in Deutschland eine sehr wichtige Entscheidung vorgezogen, die in den anderen Ländern noch bevorsteht", so Allnoch. Demnach ist es durchaus vorstellbar, dass in Zukunft mehr Länder einen deutlichen Schwenk in Richtung erneuerbare Energien vollziehen. Allnoch: "Wir haben im Moment einen Vorsprung, da wir sowohl beim Ausstieg aus der Kernenergie, als auch beim Einstieg in die erneuerbaren Energien weiter sind als andere Staaten."

Hintergrundinfos
Weltweit waren laut IAEA zum Zeitpunkt der IWR-Untersuchung (Ende September 2012) 435 Kernkraftwerke (KKW) mit rd. 370 Gigawatt (GW) am Netz. Seit dem Jahr 2000 wurden 53 KKW mit rd. 42 GW neu ans Netz gebracht. Gleichzeitig wurden 49 Anlagen mit 23 GW nach einer durchschnittlichen Laufzeit von rd. 23 Jahren abgeschaltet. Viele Kernkraftanlagen wurden in den 1970er und 1980er Jahren gebaut. Der Zubautrend hat sich in den letzten 10 Jahren deutlich abgeschwächt, da nicht nur neue Anlagen gebaut, sondern auch Altanlagen abgeschaltet wurden. Die aktuell nicht in Betrieb befindlichen Anlagen in Japan werden dabei noch nicht als abgeschaltet berücksichtigt.

Der Betrieb von Kernkraftwerken ist auf einen Zeitraum von rd. 40 Jahren ausgelegt. Zwar können Komponenten teilweise länger eingesetzt werden, aber die physikalische Alterung (Werkstoffeigenschaften) von Grosskomponenten stellt ein Risiko dar. Auch lässt sich die Gesamtkonstruktion der Anlage nicht verändern. Vergleich: Ein PKW-Oldtimer bleibt konstruktionsbedingt auch dann ein altes Auto, wenn alle Teile und Komponenten ausgetauscht werden.

Untersuchungen von Neubauten in den letzten Jahren haben gezeigt, dass der Bau eines neuen Kernkraftwerks rd. 7 Jahre dauert. Im Rahmen der IWR-Untersuchung wird von der Annahme ausgegangen, dass die Kernkraftwerke nach 40 Jahren ersetzt und die aktuelle Kraftwerksleistung erhalten bleiben soll. Vor dem Hintergrund der langen Bauzeit müssen die Entscheidungen über den Ersatz von bestehender Kraftwerksleistung bereits Jahre vor dem Erreichen der Lebensdauer von 40 Jahren gefällt werden. In den errechneten Ersatzkosten sind die zusätzlich noch anfallenden Kosten für Brennstoffe, Entsorgung der radioaktiven Abfälle und der Rückbau nicht mit eingerechnet.

Text: Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR)

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