Prüfender Blick: Das US-Forschungslabor NREL testet regelmässig die Leistung lichtbündelnder Solarmodule. Bild: NREL

Zukunftsbild: Lichtbündelnde Solarsysteme könnten im Sonnengürtel der Erde die wichtigste Energiequelle werden. Bild: Amonix

Dritte Solartechnik: Konzentratoren erobern die Wüsten

(©SR)Nach Silizium- und Dünnschichtmodulen drängt eine dritte Solartechnik auf den Markt: Systeme, die das Sonnenlicht zunächst verstärken und die gebündelte Energie anschliessend zur Stromproduktion nutzen. Diverse Konzepte konkurrieren um die begehrten Wüstenstandorte.


Konzentrierende Photovoltaik, kurz CPV, zählt zu den viel versprechenden neuen Technologien, die der Photovoltaik (PV) zur raschen Wettbewerbsfähigkeit verhelfen können. Linsen bündeln Sonnenlicht auf einen Halbleiter. Dadurch werden deutlich mehr Ladungsträger zur Stromproduktion aktiviert und der Wirkungsgrad der Zelle steigt. Die US-Firma Semprius hat mit einem Konzentratormodul jetzt eine neue Rekord-Effizienz von 34 Prozent erreicht. Das dürfte der jungen CPV-Technologie weiteren Auftrieb verleihen.

Reif für Serienproduktion

Das Besondere an der Innovation: Die Module sind im Gegensatz zu vielen Versuchskonzepten, die teilweise Wirkungsgrade von 40 Prozent erreichen, reif für die Serienproduktion. „Unser Modul ist das erste, das ausserhalb von Laboren mehr als ein Drittel des Lichts in Strom umwandelt“, sagt Semprius-Chef Joe Carr. Den Münchner Elektronikkonzern Siemens hat die Technik überzeugt. Er erwarb bereits im vorigen Jahr 16 Prozent an Semprius.


Die Zellen der Amerikaner bestehen aus winzigen Gallium-Arsenid-Scheiben, über denen Linsen angeordnet sind. Diese bündeln Licht so, dass es mit tausendmal höherer Intensität auf den Gallium-Arsenid-Absorber trifft. Der Vorteil dieses Aufbaus ist, dass schon Zellen mit wenigen Millimetern Durchmesser genug Strom produzieren können – eine wichtige Voraussetzung für Platz- und Kostenersparnisse. Gallium-Arsenid fängt das Licht besser ein als herkömmliches Silizium. Semprius-Module erreichen daher mehr als doppelt so hohe Effizienzen wie herkömmliche Module, die im Schnitt auf 15 Prozent Wirkungsgrad kommen. Da die Linsen nur bei direkter Sonneneinstrahlung funktionieren, werden sie auf sogenannten Trackern montiert, die sie exakt dem Sonnenstand nachführen.

Stromausbeute rechtfertigt Aufwand
Die hohe Stromausbeute rechtfertigt den Aufwand. Ausserdem hat Semprius die Technik weiter verbessert, indem das Unternehmen gleich drei Gallium-Arsenid-Schichten pro Zelle verwendet. Jede Schicht absorbiert einen anderen Spektralbereich der Sonne, sodass mehr Licht umgewandelt werden kann.

Carr glaubt, dass die Semprius-Technik in sonnenreichen Regionen heute schon kostengünstiger Strom produzieren kann als bisher gängige Anlagen aus Silizium- oder Dünnschichtmodulen. „Der Wirkungsgrad ist der Schlüssel zu Kostensenkungen. Da sind wir momentan die Besten.“ Ausserdem reagierten Konzentratorzellen weniger empfindlich auf hohe Temperaturen und erzeugten daher bei Hitze mehr Strom, so Carr. Und die Technik bietet noch grosses Entwicklungspotenzial: Preiswerte Optiken können teures Absorbermaterial ersetzen, die Effizienz der eingesetzten Mehrfachzellen kann durch mehr Schichten noch gesteigert werden und auch die Fertigungsverfahren lassen sich weiter optimieren.

Billiger Solarstrom
„Die Produktion hat noch Manufakturstatus. Mehr Automation kann den Output einer Fabrik deutlich erhöhen“, sagt Egbert Wenninger, Mitglied der Geschäftsführung des bayerischen Maschinenbauers Grenzebach. Der Vormarsch der konzentrierenden Photovoltaik kommt Grenzebach sehr gelegen. Bisher stattete die Firma vor allem Dünnschichtfabriken mit Equipment aus. Doch weil der Fabrikbau in den klassischen Photovoltaikfeldern wegen massiver Überkapazitäten ins Stocken geraten ist, fehlen Grenzebach Aufträge. Die Konzentratorbranche bietet einen Ausweg: „Lösungen für die Herstellung der Linsenplatten und für die Modulmontage sind immer gefragter“, so Wenninger.

Auch Arnulf Jäger-Waldau, Photovoltaikexperte der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission, glaubt an einen Markterfolg lichtbündelnder Solarmodule. „Wir sehen 2020 eine kumulierte CPV-Leistung von 6000 Megawatt.“ Zum Vergleich: Bisher sind weltweit nur etwa 100 Megawatt Gesamtleistung aufgestellt. Jäger-Waldaus Einschätzung fusst auf einer sehr günstigen Kostenprognose der Konzentratortechnik. Analysten gehen bis 2015 von einer Halbierung der Stromgestehungskosten auf acht Cent pro Kilowattstunde (kWh) aus – damit wäre die CPV auf Augenhöhe mit konventionellen Kraftwerken.

Ideal für den Sonnengürtel
Die guten Wachstumsaussichten sind auch der Grund für Siemens' Minderheitsbeteiligung an Semprius. „Wir erschliessen einen absoluten Zukunftsmarkt“, sagt Martin Schulz, Vizepräsident Photovoltaik in der Siemens-Sparte erneuerbare Energien. Grosse Nachfrage erwartet das Unternehmen besonders aus dem Sonnengürtel der Erde. In den Wüsten Afrikas, des Nahen Ostens und der USA lassen sich Konzentratoren wegen der direkten Sonneneinstrahlung besonders effizient betreiben. Um den Weg für Kraftwerksprojekte in diesen Regionen zu ebnen, ist Siemens auch der Industrieinitiative Desertec beigetreten. Dank Desertec soll Europa künftig grosse Mengen Ökostrom aus der Sahara beziehen.

Die ersten kommerziellen CPV-Parks entstehen aber nicht in der Sahara, sondern in Südafrika und im sonnigen Südwesten der USA. Und die Sonnenkraftwerke errichten auch nicht Semprius und Siemens, sondern die drei derzeit marktführenden Konzentratoranbieter: Amonix und Solfocus aus den USA sowie – allen voran – der französische Halbleiterhersteller Soitec. Dieser übernahm im Jahr 2009 die Freiburger Firma Concentrix Solar, eine Vorreiterin im Bereich der konzentrierende Photovoltaik. Der Wissensvorsprung bringt Soitec gute Aufträge: „Kommenden August starten wir in Südafrika den Bau von Kraftwerken mit 50 Megawatt Gesamtleistung“, sagt Hansjörg Lerchenmüller, Chef der Solarsparte von Soitec.

Grossprojekte in Kalifornien
Ab nächstem Jahr wird das Unternehmen dann vor allem in Kalifornien aktiv sein. „Hier haben wir uns für die Zeit von 2013 bis 2015 eine Projektpipeline von 305 Megawatt gesichert“, so Lerchenmüller. Hauptkunden sind lokale Energieversorger. Diese müssen nach dem in Kalifornien geltenden Quotenmodell für erneuerbare Energien, dem sogenannten Renewable Portfolio Standard, bis 2030 einen Anteil von 33 Prozent an Ökoenergien in ihrem Strommix erreichen. Dafür schliessen die Energieversorger mit den Solarparkbetreibern Verträge über die Abnahme des Sonnenstroms zu einem festgelegten Verkaufspreis, sogenannte Power Purchase Agreements. Um den grossen Bedarf in den USA decken zu können, baut Soitec derzeit in San Diego für rund 150 Millionen US-Dollar eine Modulfabrik mit 200 Megawatt Jahreskapazität. Hier soll noch dieses Jahr die Massenproduktion beginnen.

Soitec legt die Messlatte für die Konkurrenz hoch. Dessen Module erreichen nach Angaben von Lerchenmüller bereits 30 Prozent Wirkungsgrad und sollen bis 2015 auf 33 Prozent optimiert werden. Dafür will die Firma ein neues Fertigungsverfahren für die eingesetzten Zellen nutzen, mit dem sie bis zu fünf Halbleiterschichten aufeinander stapeln kann. Durch die Effizienzsteigerung und den Ausbau der Massenproduktion sollen die Stromgestehungskosten der Technik in den kommenden drei Jahren auf weniger als zehn Cent pro Kilowattstunde (kWh) sinken. „Dann wären wir konkurrenzfähig zu Kohle und Gas“, sagt Lerchenmüller.

Starke Konkurrenz
Doch Soitec muss mit starken Wettbewerbern rechnen. Zu den schärfsten Konkurrenten zählen Amonix und Solarfocus. Ehe Semprius mit seinem Rekordmodul ins Spiel kam, teilten sich Amonix und Soitec den Moduleffizienzrekord von 30 Prozent. Arima Eco wiederum setzte in Taiwan das mit 60 Megawatt bisher grösste CPV-Projekt um. Die Taiwanesen verwenden ebenfalls Fresnellinsen, nutzen Mehrfachzellen mit bis zu 40 Prozent Wirkungsgrad und arbeiten mit 500-facher Konzentration. Auf 1000-fache Konzentration hingegen setzen neben Semprius auch Isofotón aus Spanien, Morgan Solar aus Kanada und der japanische Stahlkonzern Daido Steel. Daido nutzt die gleichen Stapelzellen wie Concentrix, packt diese aber für eine stärkere Energiedichte hinter zwei Optiken, eine Fresnel- und eine Zweitlinse, die das Licht aufkonzentrieren.

Morgan Solar wiederum verspricht sich von einer lichtführenden, speziell geformten Acrylplatte die grössten Kostenersparnisse. Diese Platte sammelt das Licht und lenkt es auf eine sekundäre Glasoptik im Inneren des Moduls. Das nach aussen gewölbte Glas empfängt das Licht mit 50-facher Sonnenintensität, konzentriert es auf die Intensität von 1000 Sonnen und lenkt es senkrecht auf die Solarzelle an der Unterseite. Die Technik nutzt das Phänomen der totalen internen Reflexion, durch das ein Lichtstrahl, der in einem genau definierten Winkel auf die Grenzfläche einer Optik trifft, in diese reflektiert wird, statt zu entweichen. Diesen Sommer will Morgan in den USA die ersten kommerziellen Systeme installieren.

Auch niedrig konzentrierende Module
Doch nicht nur Systeme mit hoher Konzentration, sondern auch niedrig konzentrierende Module stossen auf das Interesse von Investoren. Soeben haben der italienische Projektentwickler Convert Italia und der US-Konzentratorbauer Solaria in Süditalien einen Zwei-Megawatt-Solarpark in Betreib genommen, der ausschliesslich aus Modulen mit nur zweifacher Konzentration besteht. Für die Herstellung dieser Module wendet Solaria einen aussergewöhnliche Methode an: Die Spezialisten schneiden fertige Solarzellen in viele kleine Streifen und decken die Lücken mit V-förmigen Plastiklichtleitern ab, die das Sonnenlicht mit doppelter Stärke auf die Siliziumstreifen bündeln. Das spart dank des geringeren Siliziumverbrauchs Kosten, liefert aber trotzdem gute Effizienzen. „Wir liegen mit 14 Prozent Wirkungsgrad auf Augenhöhe mit normalen Standardmodulen, können aber dank der Halbleiterersparnis 15 bis 30 Prozent günstiger produzieren“, verspricht Solaria-Technikchef Kevin Gibson.

Semprius und Siemens hoffen auf grössere Projekte im Rahmen von Desertec. Mit finanzieller Unterstützung des deutschen Konzerns starten die Amerikaner daher kommenden Juli in der firmeneigenen Fabrik in Henderson im US-Bundesstaat North Carolina die Serienproduktion.

©Text: Sascha Rentzing

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