Während der 20- bis 30-jährigen Betriebszeit einer Solaranlage können etliche Ereignisse die Sonnenernte schmälern... ©Bild. Anita Niederhäusern

Photovoltaikanlagen: Alarm statt Ausfall

(SR) Photovoltaik-Anlagen laufen selten ohne Störungen, doch werden die Fehler oft spät oder gar nicht erkannt. Überwachungssysteme melden Probleme sofort – und sichern so Erträge.

Eine Photovoltaik (PV)-Anlage macht wenig Mühe. Der Installateur bockt die Solarmodule aufs Dach, schliesst den Wechselrichter ans Netz an und schon produzieren die Paneele über 20 Jahre lang verlässlich Strom. Das glauben zumindest viele angehende Betreiber. Doch können während der 20- bis 30-jährigen Betriebszeit einer Solaranlage etliche Ereignisse die Sonnenernte schmälern: Marder knabbern die Kabel an, Stecker korrodieren, das Abdeckglas bricht oder Module verschmutzen. Sogenannte Hot Spots können sogar, werden sie nicht zeitig entdeckt, Brände auslösen und somit ein komplettes Kraftwerk zerstören. Diese heissen Flecken entstehen bei Abschattung einer einzelnen Solarzelle in einer Reihenschaltung auf einem Modul. Eine verschattete Zelle hat einen hohen elektrischen Widerstand und kann sich bis zur Zerstörung erhitzen, wenn der Strom der übrigen Zellen durch sie fliesst.

Alle fünf Jahre eine Störung
„Eine Solaranlage hat im Durchschnitt alle fünf Jahre eine Störung, die zu grossen Ertragseinbussen führen kann“, sagt Michèle Rascher, Leiter Vertrieb und Marketing des Augsburger Überwachungssystem-Anbieters Meteocontrol. Das Problem: Störungen fallen nicht immer sofort auf. Oft bemerken Betreiber sie erst nach der nächsten Jahresrechnung, wenn ihnen bereits viel Einspeisevergütung entgangen ist. „Schon durch einfache Modulverschmutzung kann der Ertrag um 20 Prozent sinken“, sagt Rascher.

SMS bei Störung
Überwachungsgeräte können Mindererträge verhindern. Sie kontrollieren die Kraftwerke in bestimmten Zeitabständen. Produziert die Anlage weniger Strom als sie sollte, erhält der Betreiber eine warnende E-Mail oder SMS. Bei den derzeit erhältlichen Systemen gilt eine einfache Regel: Je teurer sie sind, desto genauer analysieren sie die Anlage und desto schneller setzen sie den Alarm ab. Noch ist Überwachungstechnik für die meisten Betreiber kein Thema. Rascher schätzt, dass nur zehn bis 20 Prozent aller Anlagen bis 20 Kilowatt (kW) Leistung mit einem Monitoringgerät ausgestattet sind. Doch sehen Experten für die kleinen Alarmgeber einen grossen Markt. „Die Kunden haben erkannt, dass leicht Defekte auftreten können und investieren daher in eine professionelle Überwachung“, sagt Frank-Olaf Eichler vom Recklingshausener Solaranlagen-Anbieter Voltsolar.


Anlagegrösse und Risikoeinschätzung Betreiber

Welche Art von Gerät passt, hängt vor allem von zwei Kriterien ab: der Grösse der Solaranlage und der Frage, wie hoch der Betreiber das Risiko unerkannter Fehler einschätzt. Einfache Systeme wie zum Beispiel der i'checker von Meteocontrol messen lediglich den Stromfluss vor oder hinter dem Wechselrichter und blinken oder piepen, wenn längere Zeit kein Strom geflossen ist. Die Informationen holt sich der nur Portmonee grosse Sensor, der problemlos im Stromkasten Platz findet, über ein Kabel. Mehr Komfort bietet der Sunny Beam des Wechselrichterherstellers SMA. Das Gerät ist über Bluetooth mit dem Wechselrichter verbunden und berechnet aus dessen Strom- und Spannungswerten die Leistung der Solaranlage. Diese wird dann neben anderen Daten wie Tagesprofil und Tages- und Gesamtenergieertrag auf Sunny Beams Grafikdisplay abgebildet. Bei Störungen kann sich das Gerät mit einem akustischen Signal melden. SMA spricht damit vor allem Betreiber kleinerer Solaranlagen auf Einfamilienhäusern an. Mit rund 200 Euro liege Sunny Beams Preis bei etwa zwei Prozent einer Anlage mit drei kW Leistung, erklärt Sascha Beverungen, Leiter der Abteilung Monitoring Systems bei SMA. „Diese zwei Prozent sind bei einem Ausfall schnell verloren.“

Mehrere Parameter
Um zu erkennen, ob eine Anlage optimal arbeitet, reichen einfache Alarmgeber jedoch nicht aus. Diese Systeme liefern lediglich Ist-Daten, doch müssen für eine detaillierte Systemanalyse der tatsächlichen Einspeiseleistung Sollwerte gegenübergestellt werden, die anzeigen, welchen Ertrag die Module bei der aktuellen Sonneneinstrahlung und Temperatur liefern könnten. Komplexere Systeme müssen her: Ein sogenannter Datenlogger mit angeschlossenen Einstrahlungs- und Temperatursensoren ermöglicht einen solchen Soll-Ist-Vergleich. Er protokolliert sämtliche Messwerte minutiös und überträgt sie über einen lokalen Computer oder per Mobilfunk in ein Webportal. Eine spezielle Software, die zuvor mit individuellen Parametern der Anlage wie Modulleistung, Hinterlüftung, Ausrichtung oder Neigungswinkel gefüttert wurde, wertet die Daten aus und stellt sie grafisch dar. Verläuft die Ist- längere Zeit unter der Sollkurve, gibt es ein Problem.

Chice Einsteigerlösungen
Der Hamburger Solaranbieter Conergy liefert mit seiner Visionbox wohl die chicste Einsteigerlösung bei den Datenloggern. Sie informiert mithilfe eines Touchscreens über Erträge und Einstrahlung. Doch ist Conergys Webportal noch ausbaufähig: Die Software nutzt Sensordaten nur, um Einstrahlungsdiagramme zu erzeugen, nicht jedoch, um Sollwerte für die Einspeiseleistung zu errechnen. Ob ein Wechselrichter liefert, was er müsste, versucht die Visionbox stattdessen durch den Vergleich verschiedener Inverter zu ermitteln. Das Problem: Viele Solardächer kommen mit einem einzigen Wechselrichter aus. Bei diesen Anlagen bietet das Conergy-System demnach keine Vergleichsanalyse, sondern visualisiert nur die tatsächliche Leistung.

Datenlogger kommunizieren mit Servern
Detailliertere Analysen sind mit Datenloggern möglich, die mit den grossen Servern etwa von Meteocontrol oder SMA kommunizieren können. Dies sind neben Modellen der beiden Firmen selbst zum Beispiel Geräte der Wechselrichterhersteller Kaco und Sunways. Die Portale simulieren anhand individueller Anlagenparameter, die ihnen die Datenlogger zuspielen, sowie zusätzlichen Wetter- und Satellitendaten den Sollertrag eines Kraftwerks und vergleichen ihn mit den Istwerten. Liegt die tatsächliche Stromproduktion um einen vorab definierten Prozentsatz unter dem Sollwert, wird der Anlagenbetreiber benachrichtigt. Die ausgeklügelte Software sorgt dafür, dass Alarm auch wirklich nur im Ernstfall ausgelöst wird. Um etwa Fehlalarme durch Schnee zu vermeiden, wertet das Meteocontrol-Portal die aktuelle Schneesituation einer jeden Anlage aus. Liegt Schnee, wird kein Alarm versendet. Wie oft der Soll-Ist-Vergleich vorgenommen wird und wie viel Zeit somit zwischen Fehler und Fehlermeldung vergeht, ist eine Frage des Sicherheitsbedarfs und des Geldes. „Unser Server kann alle 15 Minuten bis täglich simulieren“, sagt Rascher von Meteocontrol.

Rundum-Sorglos-Pakete
Administratoren grosser Sonnenkraftwerke haben dank der zentralen Webportale leichtes Spiel: Sie können damit von ihrer Leitwarte aus in kurzen Zeitabständen die Ertragslage nicht nur eines Generators, sondern beliebig vieler Anlagen eines Betreibers checken. Das ermöglicht gewissermassen einen Portfolio-internen Vergleich. Auch Installateuren eröffnen die grossen Webportale neue Geschäftsmöglichkeiten: Sie können Rundum-Sorglos-Pakete inklusive der technischen Betriebsführung einer Anlage anbieten. Die Handwerker übernehmen für Betreiber die Konfiguration des Datenloggers und des Webportals, stellen die Toleranzwerte für die Alarmierungen ein, kontrollieren die Erträge und rücken bei Störungen sofort aus. „Ein Betreiber kann sich so darauf verlassen, dass seine Anlagen stets optimal läuft, ohne selbst aktiv werden zu müssen“, sagt Andreas Klinkenberg von Wennemuth Elektrotechnik im hessischen Wehrebach-Viertal, einer Firma, die Überwachungssysteme von SMA verkauft und Überwachungsservice bietet.

Zweifel an der Qualität
Bei sinkender Einspeisevergütung für Solarstrom rechnen sich Datenlogger für Kleinanlagen-Betreiber nicht, argumentieren nun Kritiker. Systeme mit guter Analysefunktion kosteten inklusive aller Sensoren und Installation rund 2‘000 Euro, erklärt Özcan Pakdemir, Inhaber des gleichnamigen Elektroinstallations-Betriebs im westfälischen Bergkamen. „Da stimmt die Relation zu einer 10‘000 Euro teuren Anlage nicht.“ Pakdemir zufolge könne sich der Kleinanlagen-Betreiber auch ohne Mehrkosten vor Mindererträgen schützen: indem er regelmässig den Einspeisezähler ausliest und die eingespeiste Energiemenge mit den prognostizierten Werten im Ertragsgutachten vergleicht, das der Installateur mithilfe von Einstrahlungs- und Temperaturdaten beim Kauf der Anlage erstellt.

Auch bestehen Zweifel an der technischen Tauglichkeit der Überwachungsgeräte. Die Fachzeitschrift Photon hat im vorigen Sommer 14 marktgängige Modelle mit Alarmfunktion getestet, wobei einige in der Disziplin Überwachung patzten. Mal merkten die Systeme nicht, dass der Solargenerator für längere Zeit zu wenig Leistung brachte, mal fiel ihnen nicht auf, dass der Wechselrichter die Verbindung zum Stromnetz verloren hatte. Bei einem anderen Gerät liess ein abgedeckter Einstrahlungssensor sämtliche Systeme kalt. Das klingt nicht gerade vertrauenserweckend, zumal Sensoren etwa durch Vogelexkremente allzu leicht verdrecken.

Für jede Anlage lohnend
„Überwachung lohnt sich selbst bei kleinen Anlagen“, hält Karl Kuhlmann, Chef der Solarfirma SAG Solarstrom in Freiburg im Breisgau entgegen. Die Firma betreibt selbst 75 Anlagen, die allesamt mit Datenloggern von Meteocontrol ausgestattet sind. Die Überwachung koste im Jahr im Durchschnitt fünf bis zehn Euro pro kW. Dafür sorge sie für einen 15 bis 20 Prozent höheren Ertrag durch weniger Ausfälle. „Damit werden die Ausgaben für die Überwachung über die Laufzeit überkompensiert“, sagt Kuhlmann. Die Elektronikhersteller haben weitere Argumente für ihre Technik: „Manuell kontrollieren Betreiber ihre Anlage vor allem in den ersten Monaten, wenn sie neu ist. Über 20 Jahre ist dies allerdings kein tragfähiges Konzept“, sagt Kaco-Projektmanager Daniel Kachel. Neben der Bequemlichkeit der Besitzer argumentieren die Firmen mit dem technischen Fortschritt: Bei steigender Verlässlichkeit würden die Datenlogger stetig billiger und damit für Kunden zunehmend interessant.

Nur ist es mit einer Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses nicht getan. Mit der Erhöhung des Eigenverbrauchbonus in Deutschland dürften sich hierzulande immer mehr Anlagenbesitzer dazu entscheiden, ihren Solarstrom direkt selbst zu nutzen statt ihn ins Netz einzuspeisen. Datenlogger haben somit weitere Funktionen zu übernehmen: Sie werden mithilfe von Webportalen intelligente Einspeiseprognosen stellen und Lasten automatisch steuern müssen. Den Energieverbrauch transparent zu machen und Alarm zu schlagen, erscheint dagegen vergleichsweise simpel.

©Text: Sascha Rentzing

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