Dominique de Baumann: „Das neue Energiegesetz kommt einem Stromgesetz gleich, das den Trümpfen der Biogasanlagen zu wenig gerecht wird!“ ©Bild: Biomasse Schweiz

Daniela Decurtins: „Die Gasnetzinfrastruktur der Schweiz, die einen Wert von rund 25 Milliarden Schweizer Franken hat, ist auch ein Schlüsselelement für die erneuerbaren Energien.“

Ulrich Giezendanner: “Wenn wir mit Biogas fahren, sind wir ökologischer als die Bahn.“

Jean-Pierre Grin: „Der Klimawandel ist auch für die Landwirtschaft eine große Herausforderung.“

Die Waadtländer Gemeinde Renes wurde für ihr Die Waadtländer Gemeinde Renens betreibt ein ausgezeichnetes Grüngut-Management und erhält dafür den mit 3000 Franken dotierten Schweizer Green Award von Biomasse Suisse. ©Bild: Biomasse Suisse

Für Biomasse bleibt in der KEV nur 0.1 Rp. pro Kilowattstunde aus dem KEV-Fonds. ©Grafik: BFE

Ansatzpunkte des Klimaschutzes in der Landwirtschaft. ©Grafik: Bundesamt für Landwirtschaft

Biomasse in der Energiestrategie 2050, die Entwicklung der einzelnen Biomassesektoren im Stromsektor bis 2050. ©Grafik: BFE

Der Hauptgrund für den CO2-Ausstoss in der Landwirtschaft ist die Rindviehhaltung. ©Grafik: Bundesamt für Landwirtschaft

Biomasseforum: Schulterschluss zwischen Gasnetz und Biogasproduktion

(©AN) „Die Biomasse ist der Alleskönner der Erneuerbaren“, erklärte Dominique de Buman, Präsident von Biomasse Suisse. „Sie ist sozusagen das Sackmesser der Erneuerbaren, das neben Strom auch Wärme, Treibstoff sowie Regelenergie und Kompost liefert.“ Ohne die richtigen Rahmenbedingungen könnten jedoch diese Trümpfe nicht ausgespielt werden.


Wie beim Sackmesser, das für jede Situation ein Werkzeug zur Verfügung stelle, sei auch die Biomasse ein echtes Multitalent unter den erneuerbaren Technologien: „In den Anlagen kann je nach den Bedürfnissen gewählt werden: Strom, Wärme oder Treibstoff. Zudem haben wir einen geschlossenen Zyklus, der am Ende die Erde als wertvollen Dünger wieder in den Boden zurückführt!“ Als organischer Dünger ersetzt Biomasse Düngemittel auf fossiler Basis und verhindert damit auch CO2-Emissionen. „Zudem können wir, wie Ökostrom Schweiz schon lange zeigt, Regelenergie liefern.“ Ökostrom Schweiz ist ein Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Biogasanlagen, die im Pooling auch Regelenergie liefern. „Diese Komplementarität ist einzigartig!“, unterstrich Nationalrat Dominique de Buman.

Problemzone CO2-Gesetz
Er bemängelte jedoch, dass das neue Energiegesetz einem Stromgesetz gleichkomme, das den Vorzügen der Biogasanlagen zu wenig gerecht werde. Auch beim CO2-Gesetz gibt es Probleme: „Mit dem faktischen Verbot von fossilen Heizungen wird auch Biogas abgestraft. Einerseits sind Gasheizungen zu begrüssen, da sie weniger CO2-Emissionen verursachten, andererseits wird dem ins Gasnetz eingespiesenen oder mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerken zu Heizzwecken zu wenig Rechnung getragen“, führte Dominique de Buman aus. Das Gasnetz werde für die Einspeisung von Biogas aber auch von E-Gas immer wichtiger.

Schwierigkeiten bei MuKEn und Mineralölgesetz
Schwierigkeiten drohten auch von Seiten der „Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich“ (MuKEn): „Biogas wird hier nicht als erneuerbare Energie akzeptiert, was diese erheblich behindert. Zudem ist die Steuerbefreiung von Biotreibstoffen im Mineralölgesetz nur bis 2020 festgeschrieben.“ Auch hier gelte es folglich, politisch weiter am Ball zu bleiben.

„Da das Fördermodell Kostendeckende Einspeisevergütung nur noch bis 2023 weitergeführt wird, ist damit zu rechnen, dass nicht alle Biogasprojekte umgesetzt werden“, mahnte der quirlige Präsident. Trotzdem gelte es, der Energiestrategie 2050 zuzustimmen, um den Anteil der Biomasseverwertung weiter zu steigern.

Wertvolles Gasnetz
„Die Gasnetzinfrastruktur der Schweiz, die einen Wert von rund 25 Milliarden Schweizer Franken hat, ist auch ein Schlüsselelement für die erneuerbaren Energien“, führte Daniela Decurtins, Geschäftsführerin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie aus. „Sie ist ein bereits bestehender Speicher, in dem neben Biogas auch mittels Power-to-Gas-Verfahren überschüssiger Ökostrom gespeichert werden kann.“ Hier besteche auch die Flexibilität des Produkts: Gas könne als Treibstoff, zur Wärmeversorgung oder auch wieder als Strom verwendet werden.

30% Biogas im Erdgasnetz
Der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) spricht zudem von einer Ökologisierung des Schweizer Gasmarkts und will zusätzliche Quellen für erneuerbare Gase erschliessen: „Das jährliche Potenzial von Biomasse beträgt rund 23 TWh; dies entsprich etwa drei Viertel des heutigen Erdgasabsatzes in der Schweiz“, erklärte Daniela Decurtins. Neben Power-to-Tag soll dies mit vermehrten Importen von Biogas, das die strengen Schweizer Richtlinien erfüllt, bewerkstelligt werden: „Die Gaswirtschaft ist bereit, die Gasversorgung immer stärker erneuerbar zu gestalten. Dazu braucht sie aber die Unterstützung der Politik.“ Der VSG leistet übrigens bereits seit 2012 Investitionsbeiträge für erneuerbares Gas. Dafür gibt es einen Fördertopf, der über die Mitgliederbeiträge mit jährlich CHF 3 Mio. gefüllt wird. Damit konnte die Biogaseinspeisung zwischen 2010 und 2016 versechsfacht werden. Die Geschäftsführerin des VSG erklärte abschliessend: „Wir kämpfen zudem gegen den Rückbau von Gasnetzen. Wer das ins Auge fasst, der hat den Wert des Gasnetzes für die Erneuerbaren noch nicht erkannt!“

Mit Biogas ökologischer als die Bahn!
„Wir verbrauchen in unserem Betrieb bereits 2% Biogas als Treibstoff“, erklärte Ulrich Giezendanner, der sein Unternehmen Ulrich Giezendanner seinen Söhnen übergeben hat. „Doch 2% sind viel zu wenig habe ich meinen Söhnen gesagt: 2017 sollen es 4% sein und für 2022 planen wir einen Biogasanteil von mindestens 17%.“ Die Erdgasgesellschaften müssten sich folglich vor Biogas fürchten! Von der Konkurrenz Trog-Teller-Tank hält der Nationalrat wenig: „Wir haben genügend Biomasse! Stellen Sie sich vor, wir fahren jährlich 80‘000 Tonnen Bioabfälle aus Italien in Schweizer Vergäranlagen. Ist das etwa ökologisch?“ Für die Transportbranche fordert er für Fahrzeuge, die mit Biogas betrieben werden, eine deutliche Reduktion der LSVA.

Landwirtschaft leidet unter Klimawandel
„Der Klimawandel ist auch für die Landwirtschaft eine Herausforderung“, legte Jean-Pierre Grin, Landwirt und Nationalrat dar. Starke Regenfälle, lange Hitzeperioden, milde Winter, all das mache den Landwirten zu schaffen: „In milden Wintern gedeihen Schädlinge wunderbar. Einzelne Kulturen, wie zum Beispiel Kartoffeln, wachsen bei Temperaturen von 28 Grad nicht mehr“, erklärte er. Durch den Einsatz von Dünger auf fossiler Basis, von Traktoren und Maschinen sowie den Methanausstoss der Rinder trage die Landwirtschaft aber auch zum Klimawandel bei. Die Landwirte hätten ihren CO2-Ausstoss jedoch seit 1990 bereits um 12.5% reduziert. Er sieht in landwirtschaftlichen Biogasanlagen die Chance, den Kreislauf der Natur zu schliessen: „Mit dem Biogas produzieren wir nicht nur Wärme, Strom und Treibstoff, sondern auch Dünger, der den Kunstdünger ersetzt!“

CO2-Gesetz ist nicht neu!
„Das CO2-Gesetz ist kein neues Gesetz.“ Darauf wies Reto Burkard des Bundesamts für Umwelt BAFU in seinem Vortrag hin. Es bestehe seit 2000, sei 2013 revidiert worden und unterliege im Rahmen der Energiestrategie 2050 einer Teilrevision. Gegen den wiederholt geäusserten Vorwurf, die MuKEn würden Biogas benachteiligen, verwies er darauf, dass man dagegen im BAFU gar nichts unternehmen könne, da dies ein Instrument der Kantone sei. Auf die Frage, ob die Teilrevision des CO2-Gesetzes Aufwind für Biogas bringe, antwortete er: „Biogene Treib- und Brennstoffe sind ein Substitut von fossilen Energieträgern. Folglich bieten sie auch ein gewisses Potenzial zur Reduktion von Treibhausgasen. Die Klimawirksamkeit von biogenen Treib- und Brennstoffen ist jedoch nur positiv, wenn diese nicht zu Carbon Leakage führen und die Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln ausgeschlossen wird!“

Untätigkeit trotz Bewusstsein
„Wer von Ihnen ist sich der Tatsache bewusst, dass unser Energieverbrauch nicht nachhaltig ist?“ Daniel Büchel, Vizedirektor des BFE, stellte diese Frage in den Raum. Wir seien uns durchaus bewusst, dass dieser nicht nachhaltig sei: „Und warum tun wir nichts? Die Auswirkungen des Klimawandels werden uns erst so richtig treffen, wenn ich nicht mehr lebe. Ich stelle fest, dass wir langfristige Dinge ausblenden.“ Dies gelte auch für die endlichen fossilen Energien. „Wie viel Zeit bleibt uns noch, bis sie aufgebraucht sind?“

News aus dem Bundesamt für Energie
Und wie sehen die Bundesziele der Energiestrategie im Biomassebereich aus? „Die Bedeutung der Produktion von biogenen Treibstoffen hat in den vergangenen Jahren weltweit im Rahmen von Überlegungen zum Klimaschutz stark zugenommen“, führte Daniel Büchel, Vizedirektor des Bundesamts für Energie, aus. Das Prinzip Teller-Trog-Tank, nach dem es keine Nahrungs- oder Futtermittelkonflikte geben darf, werde in der Schweiz weiter hochgehalten. „Der Bundesrat hat jedoch kein Ausbauziel für Biotreibstoffe festgelegt.“ Dieser habe auf die Motion Borgeois mit folgenden Worten geantwortet: „Eine verstärke Förderung von biogenen Treibstoffen ist aufgrund der aus heutiger Sicht bestehenden energetischen, klimabedingten, ökologischen und sozialen Vorbehalten kein Ziel des Bundesrates“. Aus Umweltsicht sei nur die Gewinnung aus Abfällen und Rückständen unproblematisch. Zudem wies Büchel darauf hin, dass die Mineralölsteuerbefreiung für biogene Treibstoffe (u.a. Bioethanol, Biodiesel und Biogas), sofern sie ökologische und soziale Mindestanforderungen erfüllen, zur Zeit existiere, aber im Jahr 2020 auslaufe, falls sie nicht verlängert werde. Zum angestrebten Biogasanteil im schweizerischen Gasnetz, notabene aufgrund von Importen, sagte der Vizepräsiden des BFE: „Der Import von zertifiziertem Biogas mit staatenübergreifendem Herkunftsnachweis ist noch nicht möglich, aber die Branche arbeitet daran…“ Auch Büchel erklärte, dass die Warteliste der KEV Folgen für Projektanten von Biogasanlagen in Landwirtschaft und Industrie haben werde. Für die Stromproduktion in ARA und KVA sowie für Holzkraftwerke von regionaler Bedeutung werde es noch bis 2030 Investitionsbeiträge geben. (Siehe auch Grafiken links.)

Landwirtschaft verfehlt eigene Klimaziele
„Die Landwirtschaft ist sowohl Betroffene als auch Mitverursacherin des Klimawandels“, stellte Eva Reinhard, stellvertretende Direktorin des Bundesamts für Landwirtschaft, fest. Gemäss ihren Berechnungen gehen 14% des CO2-Ausstosses der Schweiz auf die Landwirtschaft zurück: „Einerseits aufgrund der Tierhaltung und andererseits aufgrund des Einsatzes von Stickstoffdünger.“ Die Branche hat sich nun zum Ziel gesetzt, diesen Ausstoss bis 2025 um 20% zu reduzieren und bis 2030 um 23%. „Die Ziellücke bis 2030 beträgt jedoch noch 1 Mio. Tonnen CO2. Am Anfang waren wir gut unterwegs, weil sich die ‚early fruits‘ einfach ernten lassen.“ Bei der Tierhaltung werde nun geforscht, welche Rassen weniger Methan produzierten, denn nicht alle produzierten gleich viel Methan (siehe Grafiken links).

©Text: Anita Niederhäusern


Green Award 2017: Renens für bestes Grüngut-Management

Die Waadtländer Gemeinde Renens betreibt ein ausgezeichnetes Grüngut-Management und erhält dafür den mit 3000 Franken dotierten Schweizer Green Award von Biomasse Suisse. Mit der Auszeichnung werden ihre hervorragende Informationsarbeit, ihr vorbildliches Sammelsystem und die hochwertige Grüngutverwertung gewürdigt. Eine gute Aufklärung und breite Information sind das A und O des preisgekrönten Grüngut-Managements von Renens. Humorvoll illustrierte Flyer, mehrsprachige Abfallkalender und leicht auffindbare Merkblätter im Internet informieren umfassend über das separate Sammeln von Grünabfällen. Zusätzlich werden Arbeitslose und Freiwillige zu Botschaftern dieses Anliegens. Beides bewirkt eine hohe Motivation bei der Bevölkerung.

Unkompliziertes Sammelsystem
Die Gemeinde Renens unterstützt den Sammelwillen der Bevölkerung mit ihrem unkomplizierten Abfallsystem. Ein-bis zweimal wöchentlich leert sie die braunen Container, die direkt bei der Gemeinde bezogen werden können. Entgegen genommen werden praktisch alle biogenen Abfälle — auch gekochte Speiseabfälle und verholzte Gartenabfälle. Die Entsorgung der Grünabfälle wird mit einer Pauschalgebühr finanziert. Damit schafft Renens zusätzlich einen finanziellen Anreiz. Der Restmüll wird über eine Sackgebühr finanziert. Das Sammelgut lässt Renens in der nahegelegenen Anlage des Unternehmens Ecorecyclage SA in Lavigny verarbeiten. Dort entstehen aus der Biomasse klimafreundliches Biogas, Kompost und Dünger. Das Biogas wird ins regionale Erdgasnetz eingespeist. Den lokal produzierten Kompost stellt Renens gratis oder zu günstigen Preisen den Bewohnerinnen und Bewohnern der Gemeinde zur Verfügung.

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Text: Biomasse Schweiz


 

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