Grossbaustelle bei Vojens: Jährlich 21 Millionen Kubikmeter Methan soll hier in Zukunft eingespeist werden ©Bild: Dierk Jensen

Blick vom Dach der Biogasanlage von Ribe auf die jütländische Ebene. ©Bild: Dierk Jensen

Claus Mikkelsen, Geschäftsführer der Ribe BioGas A/S im Gespräch. ©Bild: Dierk Jensen

Biogas in Dänemark: The bigger the better - Verdoppelung bis 2020 angestrebt

(©DJ) Die Dänen setzen auf die Vergärung von landwirtschaftlichen Reststoffen (vor allem Gülle), Abfällen aus der Lebensmittelindustrie und organischem Anteil im Hausabfall. Die energiepolitischen Rahmenbedingungen sind dafür aktuell günstig, so dass die Branche mit einer Verdoppelung der Erzeugungskapazitäten bis 2020 rechnet.


„Die Biogasbranche Biogas wird in Dänemark derzeit auf den Kopf gestellt“, sagt Claus Mikkelsen von der Ribe BioGas A/S. Einst war sie die grösste Biogasanlage der Welt, feierte im Juni dieses Jahres ihr 25-jähriges Bestehen. „Es gibt ein Systemwechsel. Während wir früher einen Angebotsmarkt hatten, wandelt es sich jetzt in einen Nachfragemarkt um“, erklärt der Geschäftsführer. „Die vier grossen Akteure auf dem dänischen Gasmarkt, darunter NGF Nature Energy und E.on Dänemark, drängen ins Biogasgeschäft und wollen im grossen Stil Biogas ins Gasnetz einspeisen“, erklärt er. „Sie planen Methaneinspeisungs-Projekte in einer Grössenordnung von über 10 Megawatt pro Standort. Da ist es doch vollkommen klar, dass die Preise im Bereich der Abfälle enorm steigen.“

Grosszügige Förderung
Der Impuls für das plötzliche Engagement grosser Investoren hat einen triftigen Grund: Die Biogasproduktion auf der Basis von hauptsächlich Gülle wird vom dänischen Staat ausdrücklich gefördert, soll noch weiter ausgebaut werden und verspricht augenblicklich gute Renditen. Neben einer festgelegten Vergütung von 1.15 dänischen Kronen pro Kilowattstunde winkt beim Bau einer Biogasanlage ein Zuschuss von 30 Prozent für beinahe die gesamte Bausumme. Sofern noch Mittel zur Verfügung stehen, was momentan allerdings nicht der Fall ist. Unabhängig davon ist Biogas ein wichtiger Baustein der ambitionierten dänischen Klima- und Energiepolitik, die darauf abzielt, das Land bis 2050 in eine CO2-freie Gesellschaft umzubauen. Im Zuge dessen wird beabsichtigt, dass bis 2020 schon die Hälfte der in Dänemark anfallenden Gülle in Biogasanlagen vergoren sein soll. Dass die Dänen dabei konsequent auf die landwirtschaftliche Abfallstoffe setzen, zeigt auch deren Umgang mit dem Energiepflanzenanbau. Zwar ist jedem Anlagenbetreiber freigestellt, so viel Mais wie er möchte einzusetzen. Doch erhält nur derjenige Betreiber die im Jahre 2012 vom dänischen Parlament verabschiedete Biogasvergütung, wenn er nicht mehr als 25 Prozent der Substrate aus Energiepflanzen einsetzt. Diese Obergrenze wird 2018 sogar noch auf zwölf Prozent abgesenkt. Dies kratzt allerdings kaum einen dänischen Biogaserzeuger, weil die wenigsten im grossen Stil Energiepflanzen einsetzen. „Ich schätze, dass in Dänemark nur ein bis zwei Prozent der vergorenen Substrate aus Energiepflanzen stammen. Zwar wird in Dänemark auf bis zu 20‘000 Hektar Energie-Mais angebaut, doch wird die Ernte wird weitestgehend nach Deutschland exportiert“, weiss Bruno Sander Nielsen, Geschäftsführer des dänischen Biogasverbandes Brancheforeningen for Biogas. „Wir haben auch nicht vor, diese Fläche auszuweiten, wir halten am dänischen Biogas-Modell mit Gülle und Abfällen weiter fest.“

So viel Gas wie irgend möglich aus der Gülle gewinnen
Diese Vorgaben bewirken einen – in Deutschland aktuell undenkbar - bemerkenswerten Run auf die Biomasse Gülle. Für die Akteure der Ribe BioGas A/S ist das allerdings nichts Neues. „Der CO2-Abdruck der dänischen Landwirtschaft ist strukturell hoch. Wir haben eine viehintensive Produktion mit einer starken Fleischindustrie, die sehr exportorientiert ist. Daher standen die Vergärung der Schlachtabfälle und die energetische Nutzung der landwirtschaftlichen Reststoffe auch schon für unsere Gründungsgesellschafter im Jahr 1990 im Fokus.“ Gegenwärtig verfügt die Anlage über eine Leistung von insgesamt 2.6 Megawatt, davon stehen zwei Jenbacher Aggregate als Satelliten-BHKW am Rand der historischen Altstadt, wo die erzeugte Wärme ins Nahwärmenetz gespeist wird. Im Jahr 2014 ist noch ein weiteres BHKW mit einer Leistung von 500 kW direkt auf dem Werksgelände installiert worden. Dieses Aggregat ist das Ergebnis einer erhöhten Gaserzeugung, die durch einen Umbau des Anlagen-Designs ermöglicht wurde. Die Verweilzeit der Gülle ist von elf Tagen auf 22 Tage verdoppelt worden. „Meine Mission ist es, soviel Gas wie irgend möglich aus der Gülle herauszuholen“, steckt Mikkelsen seinen Ehrgeiz für die thermophil gefahrene Fermentation ab.

Grosse Methanisierungsanlagen in Bau und Planung
Noch eine Nummer grösser wird gegenwärtig in der Nähe südlich des Ortes Vojens gebaut. In unmittelbarer Nähe eines Militärflughafens entsteht auf einer Fläche von 20 Hektar eine Biomethan-Einspeiseanlage mit einem jährlichen Erzeugungsvolumen von 21 Millionen Kubikmeter Biomethan. Das entspricht der Gasmenge, die für den Betrieb eines elf Megawatt grossen BHKWs reichen würde. Die Gesamtinvestitionssumme liegt bei stolzen 33.5 Millionen Euro. Während die schwedische Firma Purac Puregas AB das Auftragslos für den Bau der Methanisierungsanlage erhielt, ist die Farmatic Anlagenbau GmbH aus Nortorf für Planung und Bau der Biogasanlage mit einem Auftragsvolumen von 16 Millionen Euro verantwortlich.

50%-Beteiligung von Landwirten
Seit Mai wird auf der Grossbaustelle unter Hochdruck gearbeitet. Mehrere Ladrader bewegen grosse Erdmassen, zugleich errichten Farmatic-Teams schon die Behälter der insgesamt sechs Hauptfermenter. „Die im Aufbau befindliche Anlage gehört zu jeweils 50 Prozent der E.on Dänemark und der Sonderjysk Biogas Invest (SBI) A/S, die wiederum zu 100 Prozent einer Liefergenossenschaft von 60 Landwirten gehört. Die Anlagenbetreiber nehmen für den Bau rund zwölf Millionen Euro Eigenkapital in die Hand. Man kalkuliert mit einer Rendite von rund zehn Prozent“, so Hans Hendrik Hansen, Farmatic Vertriebsleiter International. „Die Landwirte werden insgesamt Substrat in Höhe von 540‘000 Tonnen liefern. Der weitaus grösste Teil ist Gülle, die im Umkreis von 15 bis 20 Kilometer herangefahren wird. Hinzu kommen Anteile von 50‘000 Tonnen Zuckerrüben, 50‘000 Tonnen Stroh und 15‘000 Maissilage“, fügt der Däne in Diensten von Farmatic hinzu.

Im August 2016 soll die Produktion beginnen. Das aufbereitete Biogas wird dann in eine in unmittelbarer Nähe liegende Gasleitung des Versorgers Energinet dk mit 80 bar Druck eingespeist. Nach Einschätzung von Hansen wird das Grossprojekt in Vojens kein Einzelfall bleiben. „Ich gehe davon aus, dass in Dänemark schon bald rund zehn Methanisierungsanlagen in etwa der gleichen Grössenordnung dazukommen werden“, blickt Hansen nach vorne. Hansen geht wie andere Marktinsider davon aus, dass sich die dänische Anlagenkapazität in den nächsten Jahren verdoppeln werde.

Dänische Energiewirtschaft investiert– auch Einsatz im Mobilitätsektor ist geplant
„The bigger the better“ ist auch die Auffassung von Bruno Sander Nielsen vom dänischen Biogas-Verband. Er ist sehr zufrieden mit der aktuellen Entwicklung. Lag im Jahr 2014 der Anteil der vergorenen Gülle bei rund sieben Prozent, so wird sich diese Quote bis zum Beginn des nächsten Jahres auf 15 Prozent erhöhen. Dennoch: Bei 35 Millionen Tonnen Gülle, die in Dänemark jährlich anfallen, gibt es noch viel zu tun. Das noch nicht ausgeschöpfte Potential lockt. Biogas spiele in der Tat eine wichtige Rolle im Portfolio, hebt beispielsweise Susanne Tolstrup, Kommunikationschefin von E.on Dänemark, hervor. „Da wir hierzulande über ein sehr enges Gasnetz verfügen, gibt es für eine Einspeisung fast überall gute Optionen“. Förderlich für die Investitionsbereitschaft von E.on und den übrigen grossen Energieakteuren ist, dass die Biogasproduktion wirtschaftlich eine langfristige Perspektive zu bieten scheint. Die Biogas-Vergütung ist mit den Marktpreisen für Erdgas verzahnt. Wenn die Erdgas-Preise fallen, dann steigt analog die Vergütung an - umgekehrt genauso. Überdies gibt es Bedarf im Verkehrsbereich, weil auch die Dänen noch enormen Nachholbedarf haben, um das EU-Ziel, zehn Prozent des Kraftstoffbedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken, tatsächlich erfüllen zu können.

©Text: Dierk Jensen

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