Über sechzig Gemeinden hatten sich diesmal um die Auszeichnung «Bestes Grüngutmanagement der Schweiz» beworben. «Morges ist Gewinnerin des diesjährigen GREEN AWARD. Eine vorbildliche Dienstleistung beim Sammeln und Weiterverwerten von Grüngut, eine hervorragende Information der Bevölkerung und die enge Zusammenarbeit mit dem Verarbeitungsbetrieb führten zur Auszeichnung ‹Schweizer Gemeinde mit dem besten Grüngut-Management›.» Mit diesen Worten lüftete der Präsident von Biomasse Suisse, Nationalrat Dominique de Buman (CVP, FR) das Geheimnis, welche Gemeinde von der Fachjury zuoberst aufs Podest gesetzt wurde.
Verarbeitung der Gartenabfälle zu Kompost und Gärgut
Die Gewinnsumme von insgesamt 8‘000 Franken teilen sich die drei Gemeinden in 5‘000 Franken für die Siegerin, 2‘000 Franken für die zweitplatzierte Stadt Frauenfeld TG und 1‘000 Franken für die drittplatzierte Gemeinde Crissier VD. Mit einer Anerkennungsurkunde ausgezeichnet wurden die beiden Städte Winterthur auf dem vierten und Zürich auf dem fünften Rang. «Ihnen allen gemeinsam sind relativ hohe Recyclingquoten und die Verarbeitung des Grünguts zu klimaschonendem Biogas und hochwertigem Kompost in einer effizienten Verwertungsanlage, welche das gewonnene Gas ins Leitungsnetz einspeist. Noch mehr als bei der ersten Durchführung vor drei Jahren legte die GREEN AWARD-Jury von Biomasse Suisse diesmal Wert auf eine hochwertige Verarbeitung der Garten- und Küchenabfälle zu Kompost und Gärgut bei gleichzeitiger Produktion des umweltgerechten Biogas. Die gesammelten Mengen bleiben aber ein zentrales Kriterium, umso mehr, als dass immer noch zu viel Grüngut mit dem Hauskehricht verbrannt wird» so Jury-Präsident Arthur Wellinger.
Eine Breitseite gegen die Atomkraft abgefeuert
Ein weiteres Highlight des Award-Verleihungs-Anlasses war das Referat von Ökonom Dr. Rudolf Rechsteiner zum Thema «Energiemärkte im Umbruch». Dabei übte der alt Nationalrat unverhohlen Kritik an der Energiestrategie 2050: «Ein Grundproblem bleibt das blinde Vertrauen in den Markt und das Fehlen von Kapazitätsmechanismen. Die Preise bewegen sich auf dem Niveau der variablen Kosten der billigsten Technik. Bei 3 bis 4 Rp/kWh fehlen Anreize für neue Kraftwerke», so Dr. Rechsteiner. Wenn die Schweiz auf klare Grundlagen verzichte, verschwinde die Erzeugungsbasis, die Kontrolle über die Stromqualität und die Versorgungssicherheit nach und nach: «Auch die Einmalvergütung und die Investitionsbeiträge bringen keine Resultate, wenn für die Einspeisung nur die Börsen-Marktpreise gelten. Strom von Solardachanlagen könnte auf reinen Eigenbedarf schrumpfen. Wärmekraft-Kopplungsanlagen von Abwasserreinigungsanlagen, Kehrichtverbrennungsanlagen und Heizkraftwerke könnten still stehen oder höchstens noch für den Eigenverbrauch produzieren, weil der Strompreis unter den variablen Kosten liegt.» Dr. Rechsteiner feuerte zudem eine Breitseite gegen die Atomkraft ab: Die Atomkraftwerke würden munter weiter betrieben, weil man ihre Kostenrechnung systematisch verfälsche. Laufzeiten würden kalkulatorisch nach hinten ausgedehnt. Und am Ende überbürde man 20 Milliarden Franken an ungedeckten Entsorgungskosten dem Bund. Dasselbe gelte für Importe von Kohlestrom, denn sie zahlten nichts für die erzeugten CO2-Emissionen: «Ein kohärentes Modell einer funktionierenden, WTO-kompatiblen Dreckstromabgabe liegt auch nicht vor», so Rudolf Rechsteiner. Appelle an den Idealismus der Investoren seien nicht zielführend; niemand investiere, wenn die Kosten nicht gedeckt würden.
Grossanlagen mit kombinierter Nutzung Wärme/Strom
Selbstverständlich sprach Ökonom Dr. Rechsteiner auch explizit über Biomasse und Biogas. Bei steigenden CO2-Kosten seien Holzpellets finanziell sehr attraktiv. Und ökologisch unbedenklich. Abgesehen davon eigneten sie sich vorzüglich als Ersatz von Gas- und Ölheizungen. «Bei der Stromerzeugung werden Biogas und Biomasse immer stärker von billigerem Strom aus anderen Quellen konkurrenziert, die viel tiefere variable Kosten aufweisen als Biogas- und Biomasse-Kraftwerke… Bei Grossanlagen mit kombinierter Nutzung Wärme/Strom darf das beste ökologische und wirtschaftliche Profil erwartet werden. Aber: Genau diese Anlagen sind durch den Rausschmiss aus der KEV hoch gefährdet», so Rudolf Rechsteiner. Zudem: Investitionen in Fernwärmenetze verursachten wiederum bedeutende Kosten. «Ohne gesetzliche Abgeltung stirbt die Verstromung von Biomasse/Biogas; die Grenzkosten liegen zumeist höher als die Börsenpreise», erklärte der Referent. Um Biomasse langfristig im Markt zu halten, sollte die Branche neue Wege beschreiten. Die Stromerzeugung sollte sich auf optimalste Anlagengrössen konzentrieren, immer in Kombination mit Wärmenutzung. Rudolf Rechsteiner plädierte dafür, die KEV auch für Grossanlagen beizubehalten, weil hier zu tiefsten Kosten erzeugt werden könne. Bei der Abgeltung zu Börsenpreisen verschwinde der Anreiz zur Stromgewinnung, schlussfolgerte der Referent. Wörtlich: «Biogas müsste als Gasersatz eine grössere Rolle spielen als bisher; höhere CO2-Abgaben wären dienlich, desgleichen die Einspeisevergütung für Biogas.» Kleinanlagen zur Stromerzeugung seien im Umfeld sinkender Strompreise immer weniger sinnvoll.
Wie Biomasse Suisse seit der Fusionierung vorankommt
Mit Rechsteiners Ausführungen wurden Aspekte angesprochen, die nicht nur bei den Gemeindeverantwortlichen aus dem Grüngutbereich auf offene Ohren stiessen, sondern auch bei den Mitgliedern des im letzten November fusionierten und neu aufgestellten Branchenverbandes Biomasse Suisse; wie diese Organisation seit dem Zusammenschluss vorankommt, ist auf der neu gestalteten Homepage ersichtlich, wie Geschäftsführer Daniel Trachsel verkündete. Gefeiert wurde nach dem offiziellen Teil beim «Apéro riche» mit Saft, Wein und Kaffee, genau genommen «Natura Caffe»: «Die Ethical Coffee Company verwendet bei der Kapselherstellung ausschliesslich nachwachsende und biologisch abbaubare Rohstoffe. Auf industrielle Produktionsmethoden wird verzichtet», hiess es an der Theke von natura-caffe.ch.
Im Rahmen der Fachmesse «Suisse Public»
Nach der erstmaligen Verleihung vor drei Jahren wurde der GREEN AWARD am 19. Juni 2015 im Rahmen der «Suisse Public» zum nunmehr zweiten Mal vergeben; die Schweizer Fachmesse für öffentliche Betriebe und Verwaltungen richtet sich an Fachleute und Beschaffungsverantwortliche von Gemeinden, Kantonen und Bund. Sie stiessen in Bern auf dem Areal der Bernexpo auf die Hersteller aus sämtlichen Bereichen der öffentlichen Beschaffung.
©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch
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