Auf dem Erlenhof der Blumer-Lehmann AG wird gesägt, geplant und gebaut, pelletiert und auch Holz und Wärme aus Holz produziert. ©Blumer-Lehmann AG

Das «Zündholz», das mit seinen 1‘000 kW elektrischer Leistung hierzulande zu den grössten Kraftwerken seiner Art zählt, wäre ohne die KEV gar nicht erst gebaut worden. Bild: ©Blumer-Lehmann AG

Erlenhof: Vom Sägewerk über den Holz- und Silobau bis zu Pellets

(Holzenergie Schweiz) Im St.Gallischen Gossau liegt der Erlenhof der Familie Lehmann. Umgeben von Ackerland wirkt das rund sechs Hektar grosse Areal wie ein kleines Dorf, das sämtliche Bereiche in der Holzverarbeitungskette selbst bewirtschaftet– vom Sägewerk über den Holz- und Silobau bis hin zur Produktion von Pellets und Energie (siehe auch ee-news.ch vom 11.5.11 >>).


Die Familie Lehmann will soweit wie möglich klimaneutral arbeiten und produzieren. Dieser Vision ist sie im Oktober 2010 mit der Inbetriebnahme ihres eignen Holzkraftwerks, das auf den Kosenamen «Zündholz» hört, einen grossen Schritte näher gekommen – denn mit der abschliessenden Nutzung des Restholzes als Energieträger wird eine maximale Wertschöpfung innerhalb der eigenen Prozesskette ermöglicht.

Das Holzkraftwerk wurde als Gemeinschaftsprojekt der Lehmann Energie AG, eine Schwesterfirma der Lehmann Holzwerk AG, und der St.Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK) realisiert, die beim Bau der Anlage in die Naturstromerzeugung investierte. Die beiden Partner ergänzen sich hervorragend: Während das Gossauer Unternehmen für die Brennstoffaufbereitung und die Feuerung verantwortlich ist, betreibt die SAK das ORC-Modul und sorgt für die Erzeugung der elektrischen Energie. Seither produziert das «Zündholz» jährlich 20‘000 bis 24‘000 MWh thermische Energie für die ansässigen Betriebe sowie ca. 5‘000 MWh Ökostrom, der in das Netz der Stadtwerke Gossau eingespeist wird.

Die zündende Technik
Die Stromproduktion im «Zündholz» basiert auf der Kraft-Wärme-Kopplung mittels des sogenannten ORC-Verfahrens (Organic Ranking Cycle). Diese Technik ist mit dem thermodynamischen Kreislauf einer normalen Dampfturbine zu vergleichen. Der Hauptunterschied besteht in der Verwendung eines organischen Mediums anstelle von Wasser, da es im Vergleich einen niedrigeren Siedepunkt aufweist – in diesem Fall Silikonöl. Im «Zündholz» transportiert Thermoöl die Wärme, welche durch die Verbrennung von natürlichem Restholz erzeugt wird, vom Heizkessel zum ORC-Modul. Dort wird sie über ein Wärmetauschsystem (Vorwärmer und Verdunster) auf das Silikonöl übertragen, welches im sogenannten Verdampfer in einen gasförmigen Zustand überführt wird. Es entsteht ein Druck von bis zu 11 Bar, der über die Entspannung die Turbine antreibt. Die dabei erzeugte mechanische Energie wird durch einen Generator in elektrische Energie umgewandelt und über einen Zähler ins Stromnetz eingespeist. Anschliessend wird der Dampf über Wärmetauscher und Kondensator wieder abgekühlt und verflüssigt. Die abgegebene Energie des heissen Silikonöls erwärmt den Heizkreislauf auf 95ºC und wird auf dem Erlenhof für die Holz- und Sägemehltrocknung sowie für die Raumwärme genutzt.

Ganzheitliche Rohstoffnutzung

Die ORC-Technologie ist momentan noch relativ aufwändig und teuer. So stehen heute schweizweit 14 solcher Anlagen, die allerdings ohne die Kostendeckende Einspeisevergütung des Bundes (KEV) zurzeit kaum rentabel betrieben werden könnten. Dies gilt auch für die Anlage auf dem Erlenhof. Das «Zündholz», das mit seinen 1‘000 kW elektrischer Leistung hierzulande zu den grössten Kraftwerken seiner Art zählt, wäre ohne die KEV gar nicht erst gebaut worden: „Wir könnten den Strom nicht so günstig produzieren, wie er heute auf dem Markt ist. Denn momentan wird Strom aus Deutschland für 5-6 Rappen importiert – die Produzenten müssen aufgrund hoher Fördermengen teilweise sogar zu Minuspreisen verkaufen. Das ist brutal!“, meint Urban Jung, Geschäftsführer der Lehmann Holzwerk AG. Im Vordergrund stand aber eine ganz andere Überlegung: „Dank der Anlage ist es uns möglich, auch mal einen schlechteren Schnitzel zu verwerten, den man auf dem Markt nicht verkaufen kann. Auf diese Weise holen wir aus dem Rohstoff das Bestmögliche raus.“

Empfindlicher Kreislauf

Wie abhängig die Wertschöpfungskette von den einzelnen Prozessschritten ist, zeigt sich in Zeiten der Eurokrise und einer strapazierten Waldwirtschaft besonders stark: Wenn der Betrieb nicht genügend Holz einschneiden und verkaufen kann, fallen in der Folge weniger Reststoffe für die Energieholzproduktion an. Dadurch können wiederum weniger Pellets produziert und Schnittholz getrocknet werden. Es hängt also alles zusammen. Handkehrum können durch die Bewirtschaftung des gesamten Kreislaufes etwa Transportkosten für die Herbeibeschaffung von Sägemehl gespart werden: „Wenn der Transport 500-600 Franken kostet, verteuert sich der Warenwert gleich um 30-40%. Das tut dem Produkt nicht gut!“, sagt Urban Jung. Gleichzeitig bleibt das Geld hier und kann wieder investiert werden. Das ist nicht nur gut für den Erlenhof, sondern für die ganze die Region.

Lesen Sie auch den Bericht über den Erlenhof auf ee-news.ch vom 11.5.11 >>

©Text: Michael Tibisch, Holzenergie Schweiz, Erschienen im Holzbulletin No 57

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