Christian Rakos: „Wir können heute nicht sagen, wie hoch die Produktion 2014 sein wird, dafür ist es zu früh. Fakt ist aber, dass der europäische Pelletmarkt in den letzten 10 Jahren jährlich um 25 % gewachsen ist.“ Bild: proPellets Austria

Pelletsmarkt: Entspannung auf dem europäischen Markt?

(©AN) Die nächste Heizsaison beginnt spätestens im Oktober. „Wir erwarten für das heurige Jahr eine moderate Preisentwicklung “, erklärt Christian Rakos, Präsident des European Pellet Council (EPC) und Geschäftsführer des österreichischen Branchenverbands proPellets Austria, im Gespräch über die Marktentwicklungen.


Anita Niederhäusern: Bald ist September und die nächste Heizsaison ist im Alpenbogen nicht mehr allzu fern. Letzten Winter waren die Pelletpreise in der Schweiz so hoch wie noch nie. Aber Pellets waren immer noch deutlich günstiger als Heizöl und Gas. Wie war die Preissituation in Österreich und in Deutschland?
Christian Rakos: Auch in Österreich und in Deutschland wurde im letzten Jahr ein deutlicher Preisanstieg verzeichnet. Im heurigen Frühling gab es dann einen starken Preisverfall. In Österreich haben sich die Preise inzwischen stabilisiert, in Deutschland sind sie im Juli noch einmal um acht Prozent gefallen.

Sind die Lager der Produzenten jetzt leer?
Ich denke nicht. Die Nachfrage nach Pellets ist im Moment eher niedrig. Die Pelletpreise steigen normalerweise in den Sommermonaten wieder leicht an, was dieses Jahr nicht der Fall ist. Das sind die Folgen des warmen Winters, die die Branche erst jetzt so richtig spürt. Der Winter war ja in ganz Europa warm, das widerspiegelt sich auch in den Pelletexporten von Österreich nach Italien, die waren im ersten Quartal deutlich niedriger, haben sich aber jetzt wieder erholt. Pellets sind in Österreich mit einem Preisvorteil von 46 % gegenüber Heizöl sehr attraktiv.

Was erwartet der European Pellet Council für die Heizsaison 2014-2015?
Wir erwarten eine moderate Preisentwicklung. Die Ausgangslage ist ja nicht dieselbe: 2012-2013 herrschte ein sehr langer und strenger Winter, so dass im Frühjahr die Sorge bestand, dass die Pelletlager der Produzenten für den darauffolgenden Winter nicht gefüllt werden könnten.

22.5 Mio. Tonnen Pellets wurden 2013 produziert. Wie sehen die Zahlen 2014 aus? Und wo werden sie produziert?
Der Bedarf wird sicher weiter ansteigen. Es werden ja laufend neue Heizkessel und Pelletöfen installiert. Nehmen wir das Beispiel Italien, dort werden jährlich rund 150‘000 bis 200‘000 Pelletöfen verkauft, bei einem durchschnittlichen Verbrauch von rund 1 bis 1.5 Tonnen ergibt sich ein zusätzlicher Bedarf von 150‘000 bis 300‘000 Tonnen Pellets. In Frankreich wurden letztes Jahr fast 100‘000 Pelletöfen verkauft. Dort liegt der Verbrauch pro Ofen mit 1.5 bis 2 Tonnen etwas höher, Sie können also selber ausrechnen, wie hoch der zusätzliche Verbrauch ist. In Frankreich sind die Produzenten eher klein strukturiert und der Selbstversorgungsgrad ist recht hoch. Ganz im Gegenteil zu Italien: Da ist der Anteil an Inlandpellets eher niedrig und ein zunehmender Teil der Ware kommt bereits aus dem Südosten der USA und aus Kanada.

Werden sich mit der steigenden Nachfrage die Produktionsstrukturen in Frankreich ändern?
Davon gehen wir aus. In Frankreich gibt es ja auch sehr viel ungenutzten Wald. Die Branche ist daran, sich Gedanken über neue, grössere Pelletwerke zu machen, in denen kostengünstiges Rundholz, sprich niederwertiges Hartholz, pelletiert werden könnte. Es ist also damit zu rechnen, dass irgendwann neue, grössere Produktionsanlagen gebaut werden.

Wir haben in der Schweiz viele kleine Pelletproduzenten, die ein paar Tausend Tonnen Pellets pro Jahr produzieren. Tschopp Pellets, der grösste Produzent, könnte im Moment jährlich rund 60‘000 Tonnen produzieren. Wie sieht die Struktur der Produzenten in Österreich und Deutschland aus?
In Österreich gibt es grossindustrielle Sägewerke, die jährlich bis zu einer Million Festmeter Holz verarbeiten. Daher haben bei uns einige Pelletierwerke Leistungen von 50‘000-90‘000 Tonnen pro Jahr, Das grösste Werk der Firma Pfeifer hat eine Kapazität von 130‘000 Tonnen. Deutschland hat tendenziell noch etwas grössere Werke mit Kapazitäten von 100‘000 Tonnen und mehr.

Die österreichischen Pellethändler haben sich letzten Winter durch Lieferverträge mit Produzenten aus den USA gegen Preissteigerungen, die durch eine Pelletverknappung hätte verursacht werden können, abgesichert. Weiss man, wie viele Pellets dann schlussendlich aus den USA importiert wurden?
Es wird geschätzt dass etwa 30‘000 Tonnen aus Übersee importiert wurden. Aber das hat sich als sehr schlechtes Geschäft erwiesen, da aufgrund der milden Witterung der Bedarf so niedrig war. Wir gehen davon aus, dass dieses Jahr keine Pellets mehr aus Übersee importiert werden, zumal in Österreich eine Reihe von neuen Pelletwerken in Betrieb gingen oder bestehende Werke erweitert wurden. Die Produktion wird markant steigen, wir werden sicher über eine Million Pellets produzieren.

An der European Pellet Conference im Februar in Wels wurden die Möglichkeiten der Pelletproduktion in den ehemaligen Ostblockländern erwähnt. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Wir importieren in Österreich bereits seit einigen Jahren Pellets aus Rumänien, aber auch aus den Balkanstaaten, zum Beispiel aus Serbien oder Kroatien. Immer mehr der Werke dort lassen sich auch ENplus zertifizieren. Es ist folglich davon auszugehen, dass noch mehr Pellets aus dem Balkan und den ehemaligen Ostblockländern ihren Weg nach Zentral- und Westeuropa finden.

Gemäss ABIOM wurden 2013 erstmals mehr Pellets zur Wärmeproduktion hergestellt als zur Stromproduktion, hält dieser Trend an?
Ich glaube ja, denn der Einsatz von Pellets im Strommarkt stagniert und ist in manchen Ländern sogar rückläufig. Sowohl in Belgien wie auch in Holland gab es gesetzliche Änderungen, so dass das Verstromen von Pellets dort derzeit nicht machbar ist.

Wie viele Tonnen Pellets werden da frei?
In Belgien waren es jährlich rund 1 Mio. Tonnen und in Holland eine halbe Million.

Finden diese Pellets nun den Weg in den Wärmemarkt?
Zum Teil wird die steigende Verstromung in England diese Mengen aufnehmen können, zum Teil wird aber sicherlich auch an den Wärmemarkt geliefert, denn die Pellets stammen teilweise aus Werken in den USA, die ENplus zertifiziert sind. In den USA ist übrigens inzwischen eine Produktion von zwei Mio. Tonnen ENplus zertifiziert. Es ist auch zu beobachten, dass Kraftwerksbetreiber aufgrund ihrer Langfristverträge mit den Pelletwerken in Übersee versuchen, Pellets auf dem Wärmemarkt abzusetzen.

Eigentlich scheint es unsinnig, Pellets zur Stromproduktion zu verheizen, oder nicht?
Unsinn oder nicht, das ist eine Frage der Perspektive: Natürlich wird die Energie, die in den Pellets steckt, im Wärmebereich viel effizienter genutzt als in den Kraftwerken. Dank dem Strommarkt haben wir aber heute im Wärmebereich eine hohe Versorgungssicherheit, die wir ohne die leistungsfähigen Versorgungsketten für Kraftwerke nicht erreicht hätten. Auch aus der Perspektive der Konsumenten ist das positiv: Zwar haben die Pelletproduzenten in Europa keine Freude an der Konkurrenz aus Amerika und Kanada, aber die sind gleichzeitig Garant stabiler Konsumentenpreise.


2 Mio. Tonnen Pellets wurden 2002 weltweit produziert, 2013 waren es 22.5 Mio. Tonnen. Wie sehen die langfristigen Prognosen aus?
Wir können heute nicht sagen, wie hoch die Produktion 2014 sein wird, dafür ist es zu früh. Fakt ist aber, dass der europäische Pelletmarkt in den letzten 10 Jahren jährlich um 25 % gewachsen ist. Wir wissen jedoch nicht, ob er weiter so schnell wächst. Eine Verlangsamung ist möglich, doch es gibt auch andere Signale: In England ist 2014 zum Beispiel der zweite Block des Kraftwerks Drax auf Pelletbetrieb umgestellt worden der jährlich zwei Mio. Tonnen Pellets verfeuert.

2010 wurde der Standard ENplus in Deutschland lanciert, 2011 in Österreich, wie viele der 22 Mio. Pellets sind jetzt ENplus zertifiziert und wie wichtig ist das Label?
Der Qualitätsstandard ENplus wird immer wichtiger, in nur vier Jahren sind weltweit bereits sechs Mio. Tonnen der Produktion ENplus zertifiziert. Der Standard hat sich sehr, sehr rasch durchgesetzt. In der EU ist mehr als die Hälfte der am Wärmemarkt abgesetzten Pellets ENplus zertifiziert, in Kanada ist ENplus so gut wie Standard. In den USA ist noch offen, ob sich ENplus gegen die lokale Zertifizierung des Pellet Fuels Institutes – kurz PFI – durchsetzt. Das hängt letztlich vom Gesetzgeber ab, ob dieser ENplus akzeptiert. Das ist noch nicht sicher, obwohl viel mehr US Produzenten ENplus zertifiziert sind, als PFI zertifiziert. Wenn der Standard von den US-Behörden anerkannt würde, dann nehme ich an, dass sich ENplus weltweit durchsetzt.

Vom 14.-15. Oktober 2014 findet in Berlin das Industrieforum Pellets statt. Wie wichtig ist dieser Anlass und welche weiteren Anlässe gibt es für Fachleute zum Thema?
Das Industrieforum Pellets ist neben der European Pellet Conference in Wels die wichtigste Pelletkonferenz für den Wärmemarkt . Leider wurde sie letztes Jahr ausgesetzt, aber wir sind überzeugt, dass sie sich heuer wieder als Leitveranstaltung durchsetzen wird. Sehr viele Marktteilnehmer aus der Branche werden wieder anwesend sein. Die Veranstaltung ist sicher auch für die Schweizer Unternehmen wichtig.

©Interview: Anita Niederhäusern, Herausgeberin pelletpreis.ch

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