Experten von Siemens gelang es gemeinsam mit Partnern aus der Industrie und der Wissenschaft, am Beispiel Wildpoldsried die Inselnetzfähigkeit des örtlichen Stromnetzes zu demonstrieren. ©Bilder: Siemens

In Wildpoldsried wird über das ganze Jahr sie sieben Mal mehr Energie produziert, als verbraucht wird. Und das nur aus erneuerbaren Energiequellen. Der Inselnetzversuch hat gezeigt, dass sich das örtliche Netz auf autarken Betrieb schalten lässt.

Siemens: „Schwarzstart“ im Inselnetz mit Erneuerbare unter realen Bedingungen erfolgreich getestet

(ee-news.ch) Erstmals ist ein Teil des Niederspannungsnetzes vom öffentlichen Stromnetz erfolgreich abgekoppelt worden. Das Inselnetz in Wildpoldsried in Deutschland liess sich unterbrechungsfrei und stabil betreiben. Siemens und seine Projektpartner realisierten dort ein regionales, in sich geschlossenes intelligentes Stromverteilnetz, ein Microgrid.


Der Testversuch im deutschen Wildpoldsried im Rahmen des Forschungsprojekts IREN2 war der erste Microgrid-Test ausserhalb einer Laborumgebung, d.h. im Echtbetrieb der AllgäuNetz GmbH und mit realen Hausanschlüssen von Kunden. Von den Konsortialpartnern wurde ein Teil des Niederspannungsnetzes erfolgreich vom öffentlichen Stromnetz abgetrennt und bewusst stromlos gelegt. Das was bei einer Störung oder noch schlimmer bei einem „Black-out“ passieren kann. In dem Versuch wurde der so genannte „Schwarzstart“ dieses Inselnetzes getestet. Das bedeutet, dass dieses abkoppelte Stromnetz mit eigenen Erzeugungsanlagen in den Regelbetrieb übergehen kann und sich selbstständig stabilisiert. Siehe ee-news.ch über Schwarzstart in Mecklenburg-Vorpommern vom 17.8.17 >>

Unter realen Bedingungen
"Der wachsender Anteil dezentraler Energieerzeuger wie Photovoltaik-Anlagen und Windturbinen in lokalen Netzen erfordern eine intelligentere Steuerung, um die Stabilität und den optimalen Betrieb des Netzes aufrechtzuerhalten", sagte Constantin Ginet, Leiter Globale Microgrid Lösungen bei der Siemens-Division Energy Management. "Wir haben nun erfolgreich die Fähigkeiten eines Microgrids in Wildpoldsried unter realen Bedingungen demonstriert. Dies ist ein wichtiger Meilenstein, um zu zeigen, dass Mircogrids künftig helfen werden, zum Gelingen der Energiewende in Deutschland und weltweit beizutragen."

Forschungsprojektes IREN2
Der Inselnetzversuch fand im Rahmen des Forschungsprojektes IREN2 statt. Hier haben Siemens, die Allgäuer Überlandwerk, AllgäuNetz, ID.KOM, RWTH Aachen und die Hochschule Kempten seit 2011 gemeinsam ein Smart Grid, also ein intelligentes Stromversorgungsnetz, im Allgäu aufgebaut und erprobt. Ziel des Projektes ist es, ein Energiesystem mit dezentraler Stromerzeugung technisch und wirtschaftlich zu optimieren. Im Fokus der Forschungskooperation von IREN2 stehen Microgrids als Inselnetze sowie der Einsatz und der Betrieb von Microgrids als topologische Kraftwerke. Inselnetze sind autarke Versorgungsgebiete, die nicht mit dem öffentlichen Netz verbunden sind und deshalb besondere Anforderungen an die Betriebsführung stellen. Topologische Kraftwerke sind Netzabschnitte, deren Lasten und Erzeuger gemeinsam wie ein konventionelles Kraftwerk gesteuert werden können. Die Gemeinde Wildpoldsried mit rund 2500 Einwohnern versorgt sich energetisch vollständig aus erneuerbaren Energien und erzeugt über das ganze Jahr gesehen sieben Mal so viel Strom wie sie verbraucht.

Versuchsablauf Inselnetzbetrieb

Der Nachweis der Inselnetzfähigkeit des Niederspannungsnetzes erfolgte in den folgenden Schritten:

  1. Zunächst wurde bewusst ein Stromausfall initiiert.

  2. Die Stromversorgung in diesem Netzabschnitt, an dem 32 Anschlüsse, in mehreren Strassenzügen einschliesslich einer Schule, eines Kindergartens, eines Gewerbegebäudes sowie mehreren Privathaushalten beteiligt waren, wurde dann lokal als Inselnetz wieder hergestellt, abgekoppelt vom öffentlichen Stromnetz nur mit Hilfe einer intelligenten Steuerung der lokalen Komponenten wie Batteriespeicher und Photovoltaik-Anlagen.

  3. Das Inselnetz wurde wieder unterbrechungsfrei mit dem öffentlichen Netz synchronisiert.

  4. Die Konsortialpartner demonstrieren, wie sich „per Knopfdruck“ der betroffene Abschnitt des Netzes auf Inselbetrieb und wieder zurück schalten lässt, ohne dabei die Stromversorgung zu unterbrechen.

"Die gewonnen Ergebnisse des Inselnetzversuches im Rahmen von IREN2 werden wir und die Projektpartner weiter verwenden und vertiefen", sagte Andreas Armstorfer von der Hochschule Kempten.

"Wie wir es vorab vermutet haben, haben die betroffenen Anschlüsse unserer Kunden den Wechsel von Normalbetrieb auf das Inselnetz nicht mitbekommen", sagt Guido Zeller, Projektleiter IREN2 und Mitarbeiter bei der AllgäuNetz GmbH & Co. KG. "Wir haben hier heute mit unserer Teilnahme an dem Forschungsprojekt erneut die Energiewende einen Schritt weitervorangetrieben", ergänzt Michael Lucke, Geschäftsführer Allgäuer Überlandwerk GmbH.

Wildpoldsried Vorbild für andere Niederspannungsnetze
Der Inselnetzversuch in Wildpoldsried wird künftig auch Vorbild für andere Niederspannungsnetze sein. Denn Inselnetze haben in einer sich grundlegend wandelnden Energiewelt eine immer grössere Bedeutung. Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird immer wichtiger. Noch zu Beginn der 1990er gab es in Deutschland nur rund hundert grosse Kraftwerke, die Strom erzeugten. Mittlerweile ist die Zahl kleiner, dezentraler Stromerzeugungsanlagen auf mehrere Millionen angestiegen. Ihre Anzahl wird auch künftig weiter wachsen. Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energiequellen wachsen auch die Schwankungen in der Stromerzeugung. Smart Grids sind eine Lösung. Sie können dank intelligenter Steuerung und Energiespeicherung die volatile Erzeugung und den Verbrauch ausbalancieren und somit einen stabilen Netzbetrieb ermöglichen.

Siehe ee-news.ch über Schwarzstart in Mecklenburg-Vorpommern vom 17.8.17 >>

Text: ee-news.ch, Quellen: Siemens und Allgäuer Überlandwerk GmbH, Bilder: ©Bilder: Siemens

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