Infrastrukturskizze zur Ausbaustufe 1. ©Grafik: EnergieAgentur.NRW, Marc Stania

Das Neubaugebiet Sohnius-Weide wird über zentral in der Ortschaft installierte Hocheffizienz-Luft/Wasser-Wärmepumpen mit regenerativer Wärme versorgt. ©Foto: Gemeindewerke Nümbrecht

Neubaugebiet Sohnius-Weide bezieht Strom von eigenen Solarstromanlagen oder aus zertifizierten Wasserkraftanlagen. Im Vordergrund die 43 qm Kollektorfläche mit Vakuum-Kollektoren, die Wärme für das Nahwärmenetz produzieren. ©Foto: Gemeindewerke Nümbrecht

Energie Agentur Nordrhein Westfalen : »Kaltes« Nahwärmenetz im Bundesland Nordrhein Westfallen

(EnergieAgentur.NRW) In Nümbrecht im deutschen Bundesland Nordrhein Westfallen, wird seit 2012 ein „kaltes“ Nahwärmenetz betrieben. Das Leitungsnetz der Kalten Nahwärme ist mit Sole gefüllt. Die Sole bewegt sich in einem Temperaturbereich von im Regelfall -5 bis +20 Grad Celsius, deshalb die im Vergleich zur klassischen Nahwärme gewählte Bezeichnung „Kalte Nahwärme“. Bei der klassischen Nah- oder Fernwärme zirkuliert heisses Wasser mit Temperaturen von 50 bis teilweise über 100 °C im Netz.


13 Häuser im Nümbrechter Neubaugebiet Sohnius-Weide in Deutschland sind mittlerweile an das kalte Nahwärmenetz angeschlossen. Für zwei weitere im Bau befindliche Häuser haben die Bauherren einen Anschluss an das Wärmenetz beantragt. Insgesamt entschieden sich mehr als zwei Drittel der Bauherren im Zuge der Planung ihres Gebäudes für den Anschluss am Netz entschlossen, zu Konditionen, die mit denen einer alternativen Eigeninvestition vergleichbar oder günstiger sind.

Die Energie der klassischen Nah- und Fernwärme wird üblicherweise zentral in einem Heizwerk durch BHKW und/oder Heizkessel erzeugt. Der Nachteil dieser Technologie, die Wärmeverluste der Rohrleitung. Die Wärmeverluste resultieren letztlich aus der vergleichsweise hohen Temperaturdifferenz zwischen dem heissen Heizungswasser in den Rohren und dem kalten umgebenden Erdreich.

Energiegewinne von 50 Watt je laufendem Meter
Im Kalten Nahwärmenetz ist das umgebende Erdreich während der Heizperiode meistens wärmer als die Sole selbst. Im Verlauf der hier nicht gedämmten Netzleitungen entstehen somit Energiegewinne, nicht selten bis zu 50 Watt je laufendem Meter Leitungslänge. Diese so gewonnene Energie (oberflächennahe Geothermie) wird von Wärmepumpen in den zu beheizenden Gebäuden entzogen und die im Anschluss abgekühlte Sole wieder an das Netz abgegeben. Diese Sole erwärmt sich wieder im Laufe ihrer Zirkulation im Netz aufgrund der umgebenden Erdwärme und der Prozess beginnt wieder von neuem. Bei einer grösseren Zahl von Gebäuden an einem Kalten Nahwärmenetz kann es sein, dass die Erdwärme (Umweltwärme) im Umfeld der Netzleitungen nicht ausreicht, um alle zu beheizenden Gebäude zu versorgen. In diesem Fall können andere regenerative Wärmequellen, wie beispielsweise auf der Sohnius-Weide eine solarthermische Anlage oder gesammeltes Regenwasser oder Abwasser, ihre enthaltene Energie in die Sole einspeisen. Die Effizienz der so gewonnenen Wärme ist unerreicht, in Verbindung von mit Ökostrom betriebenen Wärmepumpen zudem vollständig regenerativ.

Jahresarbeitszahl von 4.23
Die Jahresarbeitszahl (JAZ) der installierten 13 Hocheffizienz-Wärmepumpen ergab im mehrjährigen Mittel durchschnittlich 4.23. Die Leistung der installierten Wärmepumpen wurde entsprechen der Erforderlichen Heizleistung gewählt. Dabei kamen Wärmepumpen mit 6, 8, 11 und 18 kW zum Einsatz. Die Geräte werden monovalent betrieben, der Einsatz des Elektroheizstabs als zweiter Wärmeerzeuger ist auf den Notbetrieb bei Betriebsstörungen und den erhöhten Wärmebedarf der Estrichtrocknung während der Bauphase beschränkt.

Die Temperaturen im Netz betragen jahreszeitabhängig im Netzvorlauf zwischen +4 und +21 Grad Celsius. Den Frostschutz im Netz stellt ein umweltverträgliches, nicht toxisches Frostschutzmittel sicher, ausgelegt auf eine Frostschutztemperatur von -15 Grad Celsius.

Oberflächennahe Geothermie gekoppelt mit Vakuum-Kollektoren
Die Trasse erstreckt sich derzeit über rund 450 Meter, ausgeführt über insgesamt etwa 1200 Meter PE-Rohr (Nenngrösse  DN65). Die Wärmegewinnung erfolgt primär über die Rohrleitung die im Trassenverlauf in rund 1.5 bis 2 Meter Tiefe, im (Erd-)Flächenkollektor (ca. 2 Meter Tiefe) verlegt wurden. Zusätzlich erfolgt ein Wärmeeintrag über die Regenwasser-Zisternen (ca. 1.5 bis 4 Meter Tiefe). Neben den Gewinnen über die oberflächennahe Geothermie trägt die solarthermische Anlage (ca. 43 qm Kollektorfläche mit Vakuum-Kollektoren) relevant zum Wärmeeintrag in das Nahwärmenetz bei.

Die Gesamtinvestitionskosten (ohne Abzug der Förderung) für Infrastruktur zuzüglich aller Nebenkosten (Vermessung etc.) und inclusive der Wärmepumpen betragen 320‘000 Euro. Gefördert wurde diese Massnahme mit 49‘000 Euro für die Wärmepumpen (Förderung je einzelner Hocheffizienz-Wärmepumpe) aus BAFA-Mitteln. Für die solarthermische Anlage sind ca. 17‘500 Euro aus KfW-Mitteln bewilligt.

Hohe CO2-Einsparungen und Vorbild-Funktion für Nachahmer
Da es sich beim Wohngebiet Sohnius-Weide um ein Neubaugebiet handelt, kann die CO2-Einsparung nur anhand fiktiver Vergleichsszenarien angegeben werden. Würde das Neubaugebiet mit Erdgas-Brennwert-Heizungen statt über die installierte Nahwärmelösung beheizt, beträgt die erreichte Einsparung ca. 40‘000 kg CO2 im Jahr. Mit den noch anstehenden Neubauten steigt die Einsparung auf jährlich 50‘00 bis 60‘000 kg.

Für die Konzeption von Nahwärmekonzepten liefert das Kalte-Nahwärmenetz zur regenerativen Wärmeversorgung wertvolle Erfahrungen. Seit fünf Jahren ist das Projekt nun ein Erfolg und jetzt geht es weiter: Homburg-Bröl und Benroth, gelegen am Rand von Nümbrecht, sollen als potenzielle Versorgungsgebiete für Kalte Nahwärme erschlossen werden. Hier soll versucht werden weitere Wärmequellen z.B. der Ablauf eines Klärwerkes in das Konzept Kalte Nahwärme einzubinden.

Keine Umweltbelastung beim Heizen – selbst bei klirrender Kälte
Derzeit sorgt die Umweltenergie in Sohnius-Weide in 13 Gebäuden auch in strengen Wintern für wohlige Wärme ohne Klimabelastung. „Es hat schon was, wenn man an extrem kalten Wintertagen am Rande eines mit regenerativen Umweltenergien versorgten Wohngebietes steht und von diesen Gebäuden heute und in Zukunft bei hohem Wohnkomfort keine Umweltbelastung (mehr) ausgeht“, freut sich die Geschäftsführerin der GWN, Marion Wallérus. Zwischen 110 und 290 qm beträgt die Wohnfläche der Häuser, diese werden zuverlässig mit insgesamt 200‘000 kWh im Jahr versorgt. Für zwei weitere im Bau befindliche Häuser beantragten die Bauherren einen Anschluss an das Wärmenetz.

Text: EnergieAgentur.NRW GmbH

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