„Von der Photovoltaikanlage über den Speicher, die Wärmepumpe und das Elektroauto: Man kann diese Lösungen einzeln oder als ganzes System bei uns mieten oder kaufen.“ Roland Hofmann, Geschäftsführer Tritec AG

Tritec: Kaufen oder mieten - von der PV-Anlage über die Wärmepumpe bis zum Elektroauto

(©AN) Tritec Schweiz AG gehört seit Juni 2015 zu 60 % zur Energiedienst Holding. Wie geht es dem Unternehmen mit seinem neuen Haupteigentümer? Ein Gespräch mit Geschäftsführer Roland Hofmann über den Photovoltaikmarkt, neue Produkte und Zukunftsaussichten.


Letzten Herbst haben Sie die neue Produktereihe angekündigt, vom Strom über die Wärme
bis hin zur Kälte und Mobilität smart gemanagt. Wie läuft die neue Produktereihe? Welche Elemente daraus haben am meisten Erfolg?
Wir haben anfangs Oktober mit dem Verkauf der neuen Produkte begonnen und wir haben bereits jetzt die ersten Anlagen realisiert. Darunter auch die ersten Komplettenergielösungen mit Photovoltaikanlagen, mit Wärmeenergielösungen. Wenn man den Strom selber produziert, möchte man ihn auch selber verbrauchen, daher kommt in diesen Fällen oft eine Wärmepumpe zum Einsatz. Eine Luft- oder eine Erdsondenpumpe. Dann gehen wir einen Schritt weiter mit Speicherlösungen. Auch hier haben wir sehr viele Anlagen, die bereits mit einem Speicher ausgerüstet werden. Die Nachfrage der Kunden ist da, was die Speicherung der elektrischen Energie betrifft. Gerade der Privatkunde wünscht sich oft eine möglichst hohe Unabhängigkeit vom Energieversorger, daher will er seinen Strom selber brauchen. Die Nachfrage steigt insbesondere im Einfamilienhausbereich, nimmt jetzt aber auch im Mehrfamilienhausbereich Fahrt auf bis hin zu den kleinen KMU. Weil es mit der Einmalvergütung vom Bund in diesem Bereich noch Förderung gibt, ist auch die Nachfrage da.

Bauen Sie insbesondere Anlagen, die den ganzen Energiebedarf abdecken?
Wir bieten natürlich die Lösung, für die sich unsere Kundinnen und Kunden entscheiden. Es gibt zum Beispiel Kunden, die schon eine Wärmepumpe besitzen und nun eine Photovoltaikanlage mit unserem intelligenten Energiemanagementsystem kombinieren wollen. Das ist unser Herzstück, das alles vernetzt und intelligent miteinander kommunizieren lässt. Also die Wärmepumpe, die Photovoltaikanlage, und wenn es einen gibt, wird natürlich auch der Energiespeicher einbezogen. Auch die Elektromobilität kann einbezogen werden, also der Speicher auf vier Rädern. Auch dieses Produkt bieten wir an und binden es intelligent ins System ein.

Sie integrieren die Autobatterie bereits als Speicher ins Gesamtsystem?
Im Moment gibt es nur ein paar wenige Hersteller von Elektrofahrzeugen, die das zulassen. Bei den meisten Modellen lassen die Schnittstellen der Batterie eine Integration jedoch noch nicht zu.

Sprich
, Sie müssen im Haus eine Batterie einbauen
Genau, das ist zurzeit die gängigste Lösung. Direkt auf die Batterie des Autos zurückzugreifen, funktioniert in den meisten Fällen nicht. Die Entwicklung geht aber ganz klar in diese Richtung. Mitsubishi ist einer der wenigen Hersteller, die Lösungen anbieten, die den Zugriff erlauben. Andere Hersteller könnten dies zwar theoretisch auch schon anbieten, gewähren den Zugriff auf die Autobatterie aber noch nicht.

Gemäss dem Bundesverband Solarwirtschaft wird in Deutschland inzwischen fast jede Photovoltaikanlage mit einem Speicher gebaut. Können Sie das bestätigen?
Wir arbeiten als Tochter von Energiedienst bei unseren Energielösungen mit unserem Mutterkonzern EnBW Energie Baden-Württemberg zusammen und sind so auch in Deutschland tätig. Dort bauen wir im Moment mehrere Hundert Anlagen, und alle mit Speicher. Kaum eine Anlage wird noch ohne Batterie gebaut.

Liegt das in erster Linie an der Förderung?
Es liegt aus meiner Sicht insbesondere daran, dass die Strompreise in Deutschland für Endverbraucher noch einmal teurer sind als in der Schweiz: Hier in Bern bezahlt der Endverbraucher 21 bis 22 Rappen pro Kilowattstunde inkl. Netzgebühren, in Deutschland sind es gegen 30 Eurocents. Genau diese Differenz macht es aus. Bei uns ist der Speicher gerade an der Grenze der Wirtschaftlichkeit, hierzulande geht es eher um die Unabhängigkeit. In Deutschland ist jedoch die Wirtschaftlichkeit gegeben. Bei einem Preis von 30 Eurocents pro Kilowattstunde lohnt es sich, die Kilowattstunde selber zu produzieren und zu speichern und zu verbrauchen.

Kommen wir zurück auf Ihr Energiemanagementsystem: Was kann es mehr als die Produkte, die bereits auf dem Markt sind?
Neu bei uns ist, dass man nicht nur mit dem Wechselrichter intelligent kommunizieren kann, sondern dass wir über Mod-Bus die Wärmepumpe intelligent ansteuern können. Wir können sie nicht nur ein- und ausschalten, sondern können alle 150 bis 200 Parameter lesen und schreiben. Dasselbe gilt auch für die Ladestationen der Autos oder den Stromspeicher. Das können zurzeit nur ganz wenige Systeme und oft nur begrenzt auf wenige Hersteller. Tritec hat jetzt bereits 200 Hersteller in sein Energiemanagementsystem integriert und wir können auch auf Bestandsanlagen zugreifen. So können wir zum Beispiel auch Gebäude als Energiespeicher nutzen, indem wir das Wetter der nächsten Tage einbeziehen und dann zum Beispiel 1-2 Grad höher fahren. Hier ergeben sich noch ganz neue Möglichkeiten, den Eigenverbrauch zu erhöhen. So können wir alles heute miteinander vernetzen und intelligent steuern. Viele Wärmepumpen werden heute einfach über Ein/Aus angesteuert. Hier gibt es noch ein grosses ungenutztes Potenzial für den Eigenverbrauch.

Zudem bieten wir auch Service on Demand für Wärmepumpen an. Mit den neuen Lösungen können wir die Wärmepumpen fernüberwachen, ohne dass ein Servicemitarbeiter vorbeikommen muss. Wir können mehrere Geräte miteinander vergleichen und viel früher intervenieren.

In Ihren Pressemeldungen schreiben Sie, dass Sie für Ihre Kunden eine möglichst hohe Unabhängigkeit vom Energieversorger erzielen möchten. Ist dies als Tochter des Energieversorgers Energiedienst nicht ein Widerspruch, den der ist doch daran interessiert, so viel Energie wie möglich zu verkaufen? Einige sprechen ja bereits von Leistungstarifen
An und für sich ist das schon ein gewisser Widerspruch. Aber es kommt auf die Strategie des Energieversorgers an. Einige versuchen, die Photovoltaik etwas einzugrenzen, weil sie sehen, dass sie ihre Marktanteile verlieren. Diese Versorger bieten irgendwelche pauschalisierten Zählertarife oder tiefe Rückspeisetarife an. Andere jedoch sagen, das ist die Zukunft, die Entwicklung der Photovoltaik ist nicht mehr aufzuhalten und wenn wir jetzt nicht an diesem Markt teilnehmen, dann machen es andere. Diese Energieversorger bieten selber Lösungen am Markt an, um gewisse Verluste zu kompensieren, die aufgrund der dezentralen Stromproduktion sonst eingefahren würden.

Ganz viele Energieversorger wie Energiedienst schauen über den Zähler hinaus, sie begrenzen sich nicht auf die Lieferung von Strom bis zum Stromzähler, sondern bieten Dienstleistungen und Produkte hinter dem Zähler an. Damit erschliessen sie sich ein neues Geschäftsfeld. Energieversorger, die nur Strom liefern, die werden es in Zukunft ganz schwer haben. Für uns ist Energiedienst ein sehr wichtiger und der richtige Partner, weil das Unternehmen schon seit eh und je auf Wasserkraft ausgerichtet war und bleibt. Wir mussten folglich nicht firmenintern noch gegen alte Strukturen ankämpfen. Die Strategie war und ist klar erneuerbar.

Seit Juni 2015 sind Sie ein Tochterunternehmen von Energiedienst, dabei hält Energiedienst eine Beteiligung von 60 % und Giogio Heft von 40 % . Sind die Strukturen gleich geblieben?
Ja, die sind gleich geblieben.

Der Anfang war 2015 ja sicher nicht einfach, weil der Markt 2015 und 2016 nicht viel hergab. In Deutschland wartete man seit einigen Jahren bereits auf die Talsohle
Ich bin seit 2005 bereits bei Tritec und kenne somit den Markt und das Geschäft. Letztes Jahr war das erste Jahr in den vergangenen 10 Jahren, das in der Schweiz eher wieder rückläufig war. Wir mussten konkret einen Marktrückgang von 20 bis 25 % feststellen. Die Unsicherheit ist heute gross, auch politisch, weil man nicht weiss, in welche Richtung es weiter geht. Deshalb haben gewisse Investoren oder Bauherren nicht mehr in Grossanlagen investiert. Bei den Kleinanlagen, gerade da, wo unsere neuen Produkte zu Hause sind, im Einfamilienhausbereich, da stellen wir keinen Rückgang fest. Da ist der Markt eher gestiegen, doch damit konnten die fehlenden Mengen der Grossanlagen nicht kompensiert werden. Wir konnten jedoch die Zeit seit Juni 2015 nutzen, um mit Energiedienst zusammen die neue Strategie und die neuen Produkte zu entwickeln, auch für die Zukunft ohne Förderung, ohne KEV und Einmalvergütung. Denn die Entwicklung geht eindeutig in Richtung Eigenverbrauch.

Fenaco ist in den Photovoltaikmarkt eingestiegen, Alpiq bei Helion Solar, Otto Fischer bei Fankhauser Solar und Solarmarkt gehört zu BayWa. Sie sind somit ein grosser Anbieter unter anderen grossen. Konnten Sie den Marktanteil von 10 %, in der Schweiz halten, den Sie vor dem Einstieg von Energiedienst hatten?
Doch, den konnten wir halten. Wir haben mehrere Marktsegmente: auf der einen Seite das Projektgeschäft, bei dem wir mit unseren Installateuren Grosskraftwerke bauen und auf der anderen Seite den Grosshandel. Beide Bereiche machen je 50 % aus und wir konnten trotz dem schrumpfenden Markt unsere Anteile verteidigen. Beim Handel arbeiten wir immer noch mit der TRI-Energy, der „alten“ Tritec zusammen, so nutzen wir Synergien. Herr Hefti sitzt bei uns auch noch im Verwaltungsrat.

Und Sie haben Deutschland mit einem stabilen Markt
Dort bauen wir neu auf, da haben wir gerade sechs neue Mitarbeitende eingestellt. Da tut sich dieses Jahr sehr viel.

Mehrere Quellen sprechen von 2017 als erstem Wachstumsjahr seit 2012. 2 Gigawatt Leistung Zubau soll wieder überschritten werden. Können Sie den Trend bestätigen?
Gerade jetzt sind unsere deutschen Partner sehr wichtig: In Deutschland wächst auch der Kleinbereich bis 10 Kilowatt stark. Diese Anlagen sind zudem noch von der EEG-Umlage befreit. Das ist ein sehr interessanter Markt. In der Schweiz liegen die grossen Anlagen noch auf Eis, bis die Abstimmung über das Referendum gegen die Energiestrategie 2050 im Mai über die Bühne ist.

Auf Ihrer Homepage steht noch ein Film von 2013 über die 5.2 Megawatt-Anlage der Migros Neuendorf. Diese Anlagengrösse ist verschwunden, sowohl in Deutschland wie in der Schweiz? Solche Anlagen sind sehr schwer zu akquirieren. Doch die, die es schon gibt, werden auch mal erweitert. Wir durften 2016 gerade die Anlage in Neuendorf im Rahmen der KEV um ein Megawatt erweitern. Für ähnlich grosse Anlagen haben wir von den Investoren allerdings auch Absagen erhalten.

Aber dafür erweitern wir jetzt unser Angebot mit der Wärme, sprich Wärmepumpen, den Speichern und der Mobilität, alles gemanagt über unsere Energiemanagementlösung. Damit erschliessen wir uns einen neuen Markt.

Sie bauen folglich auch eine Wärmepumpenheizung ohne Photovoltaik?
Genau, oder wir ergänzen eine bestehende Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage.

Wie sieht das Package bei der Mobilität aus, mal abgesehen vom Energiemanagement?
Hier haben wir einen Vertag mit Renault, wir verkaufen oder vermieten den Renault Zoe, jetzt den Renault Zoe 400 mit einer Reichweite von 400 Kilometern.

Der Hauseigentümer kann das Auto auch mieten und muss es nicht kaufen?
Richtig, das gilt aber für alle unsere Produkte, von der Photovoltaikanlage über den Speicher, die Wärmepumpe und das Elektroauto: Man kann diese Lösungen einzeln oder als System bei uns mieten oder kaufen. Gerade beim Speicher macht das Sinn, weil gewisse Kunden noch Bedenken haben, ob der auch wirklich funktioniert, ob die Technik so weit ist. Wir haben bereits erste Anlagen realisiert, bei denen wir das ganze System vermieten. Für eine 10-12 kW Anlage bezahlt ein Hauseigentümer pro Monat 190 Franken Miete und hat dadurch seinen Strom, den er selber produziert und verbraucht. Die Vermarktung des überschüssigen Stroms liegt beim Hausbesitzer.

Sie bieten auch das Label Swiss PV Checked von Electrosuisse an. Braucht es dieses überhaupt?
Wir haben mehrere Kleinanlagen damit gebaut. Das ist ein Label, das bei den Endkunden Gehör findet. Es ist ja nicht so, dass wir unsere Module vorher nicht selber kontrolliert hätten. Das tun wir seit eh und je. Für alles, was wir ab China einkaufen, haben wir eine Qualitätssicherung vor Ort. Neu gibt es dieses Label von Electrosuisse, das ist ein Zusatzprodukt, das ca. 20 Franken pro Kilowatt kostet. Unsere internen Tests führen wir jedoch weiterhin durch. Das Label wird allerdings nicht im grossen Stil nachgefragt.

Das Label hilft ja auch nicht im Falle einer Produktehaftung bei einem Konkurs eines Herstellers
Genau, da nützt das Label nichts. Für den Fall einer Insolvenz haben wir jetzt alle unsere Produkte über fünf Jahre rückversichert.

Habe ich richtig gehört, dass gerade ein weiteres Tool online geht?
Wir bieten neu all unsere Produkte auch unseren Installationspartnern als White-Label-Package an. Wir haben einen Konfigurator für den Endkunden entwickelt, mit dem er sich online sein komplettes Energiesystem mit unseren Produkten zusammenstellen kann, inklusive Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit. Von der Photovoltaikanlage über die Wärmepumpe und den Speicher bis hin zur Elektromobilität. Wir stellen dieses Tool auch unseren Partnern zur Verfügung, es erleichtert ihnen die Büroarbeit. Wir werden das White-Label-Paket am 17. Februar in der Umweltarena in Spreitenbach den B2B-Kunden vorstellen. Es haben sich innert kürzester Zeit über 100 bestehende Kunden und Interessenten angemeldet. Sowohl der potenzielle Kunde wie auch der Installateur können damit die Dimensionierung, die Ausstattung, die einzelnen Komponenten auswählen und erhalten einen Referenzpreis, auch hier für den Kauf oder die Miete. Mit einbezogen wird der gewünschte Selbstversorgungsgrad. Unsere White-Label-Partner erhalten einen erweiterten Zugang zum Tool, so dass sie zum Beispiel auch bauliche Massnahmen einbeziehen können, wie Gerüste oder Wanddurchbrüche und so die Offerten für die Kunden direkt online generieren können. Dazu profitieren sie auch von Werbeunterlagen, die sie den Kunden zur Verfügung stellen können.

©Interview: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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1 Kommentare

Stephan Superior

Ganzheitlich denkende Unternehmen werden sich gegen reine Händler durchsetzen. Der Hauseigentümer wie auch Planer setzt mehr auf durchdachte Konzepte aus einer Hand als auf "günstig, günstiger, am günstigsten". Die Kinderkrankheiten solcher Konzepte scheinen überwunden zu sein.

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