Projektleiter Xavier Breitenmoser prüft die Umsetzung auf der Baustelle. Bild: Ernst Schweizer AG

Die Module werden an die Fassade gehängt. Die Montage unterscheidet sich nicht von derjenigen bei gängiger Glasfassadentechnologie. Bild: Ernst Schweizer AG

Dunkelgrau die Photovoltaikelemente, grau die Holzbänder. Bild: Ernst Schweizer AG

Schema der Westfassade, die mit Photovoltaikmodulen bestückt ist. Bild: Ernst Schweizer AG

Die fertigen Module wurden von der Firma Ertex Solartechnik nach Hedingen zu Schweizer geliefert. Bild: Ernst Schweizer AG

In der Werkstatt der Ernst Schweizer AG verklebt ein Mitarbeiter die Schienen, die zur Befestigung der Module an der Fassade dienen, hinten auf der Modulrückseite. Bild: Ernst Schweizer AG

Ernst Schweizer: Symbiose von Holz- und Photovoltaikfassade

(AN) Mittels Siebdruck wurde auf den Modulgläsern, zwischen die Hochleistungszellen von Sunpower „eingebacken“ wurden, die Holz-Lattenstruktur nachgeahmt. Dadurch ist die mit Modulen bestückte Westfassade des Mehrfamilienhauses in Aesch am Hallwilersee kaum von der übrigen Holzfassade zu unterscheiden. „Die 11 kW-Photovoltaikfassade ist ästhetisch hochstehend“, freut sich Xavier Breitenmoser, Produktmanager Solar-Fassaden der Ernst Schweizer.


Die Schweiz ist sehr dicht besiedelt, folglich ist klar, dass das Solarstrompotenzial nicht auf der grünen Wiese, sondern auf unseren Gebäuden genutzt werden sollte. Pro Kopf bräuchten wir 10 m2 Solarzellen auf einer nach Süden ausgerichteten Dachfläche, um 20 % unseres heutigen Strombedarfs mit Solarstrom zu decken. Da pro Kopf rund 25m2 Dachfläche zur Verfügung stehen, steht der Solarstromnutzung also nichts im Weg. Zudem bietet die Ernst Schweizer AG, Metallbau, mit dem Montagesystem Solrif schon seit Jahren die perfekte Lösung für die Dachintegration. Nun erobern die Solarstrommodule die Fassaden: „Neben den Dächern haben auch die Fassaden eine wichtige Funktion: Denn wenn die Sonne im Winter tief steht, liefern sie wichtigen Winterstrom“, erklärt Photovoltaikfachmann Xavier Breitenmoser. Gemäss Swissolar liefern Fassadenmodule doch beachtliche 70 % der installierten Leistung. In den Alpenregionen sind es deutlich mehr.

Ästhetik oder Unwissen?
Zwischen 2009 und 2013 ist der durchschnittliche Preis pro installiertes Kilowatt Photovoltaikleistung in der Schweiz gemäss einer Umfrage vom PhotovoltaikZentrum um 68 % gesunken. Gleichzeitig steigt die Modulleistung stetig an. „Photovoltaikmodule in die Fassade zu integrieren macht daher immer mehr Sinn“, weiss Xavier Breitenmoser, „je nach Lösung sind die Solarfassaden erst noch günstiger als herkömmliche Lösungen. Im Vergleich zu Glasfassaden sind sie schon heute konkurrenzfähig“. Doch bis anhin wehren sich viele Architekten noch gegen die Fassadenintegration mit dem Argument, dass die Module den hohen ästhetischen Anforderungen nicht genügten. Fassaden wie zum Beispiel die Hochhäuser Sihlweid in Leimbach zeigen jedoch schon länger, dass vielmehr Unkenntnis als ästhetische Aspekte einer Nutzung der Solarenergie im Weg stehen. Oder wie der Volksmund sagen würde: „Was der Bauer nicht kennt, …“

Holzstruktur aufnehmen
Mit dem Projekt einer Photovoltaikfassade für einen Mehrfamilienhaus-Neubau in Aesch am Hallwilersee ist Architekt Mark Röösli, Architekt aus Luzern, an die Ernst Schweizer AG herangetreten. Neben der Westfassade war auch eine Photovoltaikanlage auf dem Süd und Norddach geplant. Xavier Breitenmoser erinnert sich: „Mark Röösli wollte explizit eine Photovoltaikfassade, die die Struktur der Holzfassade aufnimmt.“ Mit dieser Aufgabe machte sich der Photovoltaikexperte auf die Suche nach der besten Lösung und unterbreitete dem Architekten eine Liste von möglichen Herstellern: „Je früher wir ins Projekt einbezogen werden, desto besser“, rät Breitenmoser. Denn je früher die Integration der Anlage in die Fassade geplant werden könne, umso günstiger werde es auch. Die Ernst Schweizer AG übernahm für das Projekt die Vorauswahl der geeigneten Module für Dach und Fassade, deren Montage, die Elektroplanung sowie die gesamte Fassadenplanung ab Tragkonstruktion.

2.04 x 2.32 Meter grosse Glas-Glas-Module
„Die Suche nach den geeigneten Fassadengläsern war für uns eine Knacknuss“, erinnert sich Xavier Breitenmoser. Bei der Firma Ertex Solar GmbH im österreichischen Amstetten wurde Mark Röösli fündig. „Als Glasunternehmen haben wir verschiedenste Glasprodukte im Programm“, erklärt Dieter Moor von Ertex Solar. „Wir kaufen Zellen von verschiedenen Herstellern ein und löten diese dann im gewünschten Format.“ Für das Projekt Aesch haben die Glasspezialisten die Modulgläser mittels Siebdruck so behandelt, dass auf diesen die Holzstruktur der Lattung wieder zu finden ist. So dass die Westfassade eine Symbiose mit den Nord-, Ost- und Südfassaden bildet. Zwischen den Glas-Glas-Modulen, die 2.04 x 2.31 Meter gross sind, wurden Sunpower-Zellen laminier.

20 % Eigenversorgung mit Strom
„Dank der Gesetzgebungen in einzelnen Schweizer Kantonen, die 20 % Eigenversorgung mit Strom vorschreiben, nehmen unsere Aufträge aus der Schweiz zu“, freut sich Dieter Moor. Das Glasunternehmen, das neben der Ernst Schweizer AG unter anderem auch mit Schweizer Firmen wie der Glas Trösch zusammenarbeitet, setzt in erster Linie Siliziumzellen ein. „Wir würden auch gerne wieder mehr Dünnschichtzellen verarbeiten, aber leider gibt es in Europa keine Hersteller mehr und Dünnschichtzellen einzig für Fassaden zu importieren, ist nicht wirtschaftlich.“ Dünnschichtzellen böten gute Lösungen, zum Beispiel mit semi-transparenten Modulen, die Licht, Schatten und Stromproduktion kombinieren. Die Ertex SolarGmbH produziert in Spitzenjahren rund 10‘000 m2 Fassadenmodule.

Glas-Glas-Module von Österreich in die Schweiz
Doch zurück zu den in Österreich produzierten Modulen für das Mehrfamilienhaus Aesch: Die Ertex Solar lieferte die Module direkt in die Werkstatt von Schweizer in Hedingen. „Dort haben wir sie mit Schienen für die Fassadenmontage versehen“, erklärt Xavier Breitenmoser. Als Fassadenspezialist kennt sich Schweizer auf diesem Gebiet aus: „Für die Montage brauchen wir keine besonderen Lösungen, hier können wir direkt auf unser Know-how aus dem Glasfassadenbau zurückgreifen“. Die Schienen, mit denen die Glas-Glas-Module an die Fassade gehängt werden, wurden direkt auf die Hinterseite der Module aufgeklebt. Schweizer war für die Fassadenplanung ab Tragkonstruktion zuständig und bildete die Schnittstelle zur Photovoltaikplanung. Breitenmoser zur Elektroplanung: „Zu unserer Aufgabe gehörte auch der Einbezug der Photovoltaikanlagen in die Elektroplanung. So dass die Kabelrohre und Kanäle auch am richtigen Ort verlegt wurden, damit der Solarertrag geerntet werden kann!“ Auch das 51 kW-Photovoltaikdach stammt vom Traditionssolarunternehmen Schweizer. Die vier Dachfenster der Firma Wenger Fenster lassen sich perfekt mit dem Sol-System integrieren. Selbstsprechend, dass die Module mit dessen patentiertem PV-Montagesystem Indach Solrif gerahmt sind. Die Dachfenster, die sich perfekt in die Anlage integrieren lassen, sind von Wenger Fenster.

Solarstrom auch fürs angrenzende Restaurant
Die Bauherrschaft KMS Management AG ging aber weiter, als es der Bau des Gebäudes Chrüzmatt “, das vier 2 ½-Zimmer-Wohnungen, vier 4 ½-Zimmer-Wohnungen und zwei 5 ½-Zimmer-Wohnungen aufweist, nach dem Standard Minergie-A-Eco erforderte: Im Keller des Mehrfamilienhauses befinden sich drei Solarspeicher der Marke E3/DC mit einer Speicherkapazität von insgesamt 41 kWh. Das angrenzende Restaurant Kreuz wurde vom öffentlichen Stromnetz getrennt und mit dem Netzanschluss des Gebäudes Chrüzmatt 1 verbunden. So bilden die beiden Gebäude nun eine Einheit. Das Restaurant Kreuz kocht mit dem Solarstromüberschuss vom Dach und der Fassade der Chrüzmatt 1. Das passt am Mittag perfekt. Der Eigenverbrauch ist seit der anfangs 2015 in Zusammenhang mit der Einmalvergütung in Kraft getretenen Eigenverbrauchslösung endlich schweizweit gesetzlich verankert. Und dank den Solarbatterien wird dafür gesorgt, dass ein Maximum des am Gebäude produzierten Stroms dezentral vor Ort gebraucht wird: Rund 50 % der Gesamtproduktion werden es gemäss den Berechnungen sein. Eine Ladestation für Elektroautos gibt es übrigens auch, zudem ist ein Mobility-Parkplatz vorgesehen. Neben dem Netzanschluss haben die Besitzer des Restaurants und der Chrüzmatt 1 auch bei der Heizung zusammengespannt: Fortan heizt eine Pelletheizung im Keller der Chrüzmatt 1 beide Gebäude.

Nächstes Projekt
„Das Projekt Aesch ist eine sehr gute, sowohl ästhetisch wie auch energetisch hochwertige Lösung, die das Solarstrompotenzial nutzt und das öffentliche Stromnetz dank dem hohen Eigenverbrauch entlastet“, unterstreicht Xavier Breitenmoser. Architekt Mark Röösli erklärt nachdenklich: „Es hat 20 Jahre gebraucht, dass sich der Minergie-Standard durchsetzt. Jetzt braucht es wohl wieder 20 Jahre, bis sich solche futuristischen Projekte wie die Chrüzmatt 1 durchsetzen, obwohl sie schon heute technisch möglich sind!“ Für Röösli ist es klar, dass Photovoltaikfassaden eines der ganz grossen Themen sein werden. „Doch sie müssen sich rechnen, wie auch bei der Chrüzmatt 1. Dafür muss neben der Ästhetik auch die Stromproduktion stimmen.“ Die Ernst Schweizer AG arbeitet bereits am nächsten, noch futuristischeren Projekt: Das energieautarke Mehrfamilienhaus in Brütten, das ganz ohne Netzanschluss auskommen wird. Auch hier spielen Photovoltaikfassaden mit einer Leistung von 35 kW eine zentrale Rolle.


Technische Daten Photovoltaik

  • Installierte Leistung Dach: 51 kW
  • Modulhersteller: Sunpower
  • Montagesystem Indach: Solrif®
  • Installierte Leistung Fassade: 11 kW
  • Zellenhersteller: Sunpower
  • Modulhersteller: Ertex Solartechnik GmbH

3 Solarspeicher

  • Speicherhersteller: E3/DC
  • Speicherkapazität insgesamt: 41 kWh
  • Eigenverbrauch Solarstrom vor Ort: 50 %

Text: Anita Niederhäusern, im Auftrag von Ernst Schweizer, Metallbau



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