Verfahrenstest im Technikum der HAWK Göttingen. ©Bild: HAWK Göttingen

Testzentrum HBFZ. ©Bild: Fraunhofer IWES | Beushausen

In dem neuen System wird die Biogasproduktion nun auf drei Fermenter verteilt. ©Bild: Fraunhofer IWES

IWES: Biogas flexibler und schneller produzieren

(IWES) Biogasanlagen werden als regelbare Erzeuger für die fluktuierende Energieerzeugung aus Erneuerbaren zunehmend wichtiger. Zugleich steigen die Anforderungen an ihre Flexibilität. Im Rahmen des Projektes „ReBi 2.0“ entwickeln das Fraunhofer IWES und die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) ein Anlagenkonzept für eine gezielte und bedarfsorientierte Verstromung von Biogas.


„Wir müssen mit Blick auf den zunehmenden Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung auch unsere Biogasanlagen zukunftsfähig machen und intelligent mit anderen Energieerzeugern verknüpfen“, betont Dr.-Ing. Bernd Krautkremer, am Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) Abteilungsleiter für Bioenergie-Systemtechnik. Schon jetzt haben die Bestandsanlagen den Vorteil, dass sie sowohl Biomasse als auch bereits produziertes Biogas für eine begrenzte Zeit zwischenspeichern können, um es bei Bedarf zu verstromen, wenn die Energieproduktion aus Sonne und Wind Schwankungen unterliegt. Allerdings stossen dabei die Biogasspeicher schnell an ihre Kapazitätsgrenze. „Deswegen versuchen wir die zeitliche Flexibilität der Gasbildung zu erhöhen“, erklärt Krautkremer.

Intelligente Entkoppelung
Im Rahmen des Projektes „ReBi 2.0“ (Regelung der Gasproduktion von Biogasanlagen für eine am Bedarf orientierte, gesteuerte Biogasverstromung) erproben die Experten des Fraunhofer IWES und der HAWK in Göttingen ein Anlagenkonzept im Demonstrationsmassstab, das die für die Biogasproduktion zuständigen Prozessschritte intelligent entkoppelt. In herkömmlichen Biogasanlagen finden diese Prozessschritte alle in einem oder maximal zwei Behältern, sogenannten Fermentern, statt. Dadurch ist es nicht möglich, optimale Bedingungen für alle am Prozess beteiligten Mikroorganismen zu schaffen. Das organische Material muss zudem für mehr als 100 Tage in den Fermentern verbleiben. „Hierdurch arbeiten zum einen die verschiedenen für die Biogasbildung nötigen Mikroorganismen unter nicht optimalen Bedingungen. Zum anderen dauert der Prozess sehr lange. Dies macht es deutlich schwieriger, flexibel und bedarfsorientiert Biogas zu produzieren“, erläutert Dr. Henning Hahn, Projektleiter des Forschungsvorhabens „ReBi 2.0“.

Produktion auf drei Fermenter verteilen
In dem neuen System wird die Biogasproduktion nun auf drei Fermenter verteilt. Im ersten wird die zugeführte Organik durch Hydrolyse für die an den nachfolgenden Prozessschritten beteiligten Mikroorganismen leichter zugänglich gemacht, verbleibt dort aber nur wenige Tage. Danach erfolgt eine Trennung in festes und flüssiges Material. Das feste Material kommt in einen konventionellen Fermenter und wird dort kontinuierlich zu Biogas vergoren. Das flüssige Material wird in einem Pufferspeicher zwischengespeichert, bis es zur gezielten Gasproduktion einem Hochleistungs-Fermenter zugeführt wird. Dort kann es innerhalb von Stunden zu Biogas umgesetzt werden. Dabei können rund zwei Drittel durch die flexible Vergärung der Flüssigphase bereitgestellt werden. Das neue Anlagenkonzept bietet zudem den Vorteil, dass nun auch schwerer abbaubare Substrate wie ligninhaltiges Stroh und - aufgrund der kurzen Verweilzeiten im ersten Prozessschritt - auch schnell wechselnde Substrattypen verarbeitet werden können. Dies bietet die Möglichkeit, das Substratspektrum für die Biogasproduktion zu erhöhen.

Pilotanlage geht im Herbst in Betrieb
Das Verfahren wurde im Fachgebiet Nachhaltige Energie- und Umwelttechnik an der HAWK in Göttingen unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Achim Loewen erprobt: „In unserem Technikum haben wir mit dem neuen ReBi-System bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt. Ab Dezember 2015 wollen wir nun zusammen mit Fraunhofer in den grosstechnischen Massstab gehen und eine Demonstrationsanlage am Hessischen Biogasforschungszentrum (HBFZ) in Bad Hersfeld aufbauen.“ Hierbei begleiten die Ingenieure der Flexibo Technologie UG, die sich auf die Vergärung von Prozessabwässern in Hochleistungsfermentern spezialisiert haben, den Aufbau der Pilotanlage. Ihre Inbetriebnahme ist für Herbst 2016 vorgesehen. „Mit einem Konzept wie diesem werden wir die zweite Generation von Biogasanlagen auf den Weg bringen“, sind sich die Projektpartner sicher.

Das HBFZ, welches gemeinsam vom IWES und  dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) betrieben wird, bietet mit seiner in den landwirtschaftlichen Betrieb eingebundenen Forschungsbiogasanlage und seiner Nähe zu den Biogaslaboren des Landesbetriebs hessischer Landeslabore (LHL) ideale Voraussetzungen für den Feldtest. Erste Ergebnisse erwarten die Wissenschaftler für den Winter 2016. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und wird über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. als Projektträger des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Informationen zum Testzentrum HBFZ


Text: Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES)

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