Johannes Müller (links) und Martin Brandenberger an der Anlage zur Untersuchung der hydrothermalenVergasung. (Bild: PSI)

Das Prinzip der hydrothermalen Vergasung nasser Biomasse
(Bild: PSI)

Auch wässerige Biomasse bietet Potenzial

(JW) Nach intensiven Forschungsarbeiten steht der Prozess der hydrothermalen Vergasung und Methan-Erzeugung vor dem Schritt in die Demoanlage. Auch nasse biogene Stoffe haben ein Potenzial, das mit Druck und Temperatur vollständig ausgeschöpft werden kann.


Für die Energieexperten des Paul Scherrer Instituts (PSI) in Villigen sind die Herausforderungen klar erkennbar: Beschränkte Verfügbarkeit der verschiedenen Ressourcen und offene Stoffkreisläufe, welche die Umwelt belasten, sind zwei wesentliche Problembereiche der heutigen Energieversorgung. In unterschiedlichen Projekten befassen sich hier Forscher mit solchen Stoffkreisläufen. Dazu gehört auch die Verwertung von Biomasse in spezifischen Prozessen, beispielsweise die hydrothermale Vergasung zur Erzeugung von Methan.

Nasse Stoffe haben ein beachtliches energetisches Potenzial
Dieses Verfahren stellt eine Alternative zur Nutzung trockener Substanzen dar, wie Holz, Gras, Stroh und holzähnliche Abfallstoffe. Die Trocknung nasser Biomasse, wie Gülle, Klärschlamm, braucht in der Regel zu viel Energie, so dass die Effizienz einer thermischen Verwertung nicht mehr gegeben ist. Die am PSI entwickelte Technologie der hydrothermalen Vergasung, mit welcher nasse Biomasse ohne Trocknung, aber unter hohem Druck und Temperatur sowie durch den Einsatz eines Katalysators in Methan überführt werden kann, bietet eine zusätzliche Chance für einen nachhaltigen Energieträger, einen dezentral erzeugbaren Brenn- oder Treibstoff.

Seit Anfang an dabei ist Dr. Frédéric Vogel, Leiter der Gruppe Katalytische Verfahrenstechnik, der heute mit seinem Team die diversen technologischen Fragen zur Realisierung eines Scale-up der hydrothermalen Vergasung, also zum Bau einer Demoanlage für diesen Prozess behandelt.

Vorzug dieses Prozesses
Holz kann sowohl durch konventionelle Verbrennung als auch durch die bekannten Vergasungsarten energetisch genutzt werden. Hofdünger, Gülle, Klärschlamm, aber auch Algen steht dieser Weg nicht offen, deren Energiepotenziale sind aber trotzdem sehr interessant. Mit der bekannten Biogastechnologie können nur die gut vergärbaren Anteile genutzt werden. Holzartige Stoffe ergeben dabei kein Methan. Bei der hydrothermalen Vergasung hingegen dient der Wassergehalt gleich als Reaktionsmedium, welches unter einem Druck von 221 bar und bei hoher Temperatur zum überkritischen Fluid wird.

Die flüssige Biomasse wird mit Hochdruckpumpen bei ca. 300 bar in einen Erhitzer mit einer Temperatur von 350 - 380 °C gefördert. Danach folgen ein Überhitzer und die Abtrennung der Nährsalze bei ca. 450 °C, ebenfalls unter hohem Druck. Bei diesen Bedingungen kann der organische Anteil mit dem überkritischen Wasser im anschliessenden katalytischen Reaktor vollständig zu Methan umgewandelt werden, das nach dem Abkühlen und der Phasentrennung separiert als flüssiges Wasser und Methangas erscheint. Unterstützt wurden diese Untersuchungen durch das Bundesamt für Energie (BFE), den Axpo Naturstrom-Fonds, den Schweizerischen Nationalfonds und das Kompetenzzentrum Energie und Mobilität des ETH-Bereichs (CCEM-CH).

In der kompakten und zugleich modularen Laboranlage am PSI wurden seit 2008 zahlreiche Versuche durchgeführt. Neben dem Erfassen der Temperaturprofile von Erhitzer, Salzabscheider und katalytischem Reaktor konnten das Team bei unterschiedlichen Bedingungen Vergasungs- und Salzabscheidungsversuche mit wässerigen Glyzerin- und Glyzerin/Kaliumphosphat-Lösungen sowie mit Abfallglyzerin aus der Biodieselherstellung realisieren.

Der Schritt zur Demoanlage
Der nächste Schritt ist nun der Bau einer Demoanlage mit einem Durchsatz von ca. 1000 kg pro Stunde; die entsprechende Trockensubstanz umfasst 200 kg pro Stunde. Diese Werte entsprechen einem Biomasse-Heizwert von ca. 900 kW, bzw. einem Methan-Heizwert von ca. 600 kW. Es braucht dazu die biogenen Stoffe von einigen grossen Landwirtschaftsbetrieben. Während im Labor mit einem Durchsatz von 1 kg pro Stunde gearbeitet wird, ist dieses geplante Scale-up der Demoanlage ein mutiger Schritt. Die Forschenden stehen hier vor der bekannten Frage: Soll der grosse Schritt zwischen Labor- und Demoanlage erfolgen, oder zwischen Pilot- und kommerzieller Installation? Geplant und realisiert soll die Demoanlage durch das im Juni 2010 gegründete Spin-off-Unternehmen Hydromethan AG werden, bei welcher auch die renommierte Apparatebau-Firma Kasag in Langnau involviert ist.

Aufgrund der Tatsache, dass es im unteren Leistungsbereich keine geeigneten Hochdruckpumpen für nasse Biomasse gibt, hat hier die Entwicklung einer neuartigen Kolbenpumpe eingesetzt, mit welcher man ab 2011 den hydrothermalen Prozess in der bestehenden Laboranlage am PSI auch mit schwieriger, feststoffhaltiger Biomasse untersuchen will.

Geeignete Stoffe für die hydrothermale Vergasung
Neben den genannten landwirtschaftlichen Abfallstoffen sind bereits erste Erfahrungen mit den flüssigen Resten der Vergärung aus einer Kompogas-Anlage gemacht worden. Im Hinblick auf das Ziel geschlossener Stoffkreisläufe konnte man auch mit der Konzeption eines Mikroalgen-Prozesses beginnen.

Ausgehend von einem Photo-Bioreaktor, in welchem durch Sonne, Wasser und Kohlendioxid das Algenwachstum erfolgen kann, entsteht nasse Biomasse für den Prozess. Mit dieser wird einerseits Methan erzeugt, anderseits werden Nährstoffe, Wasser und Kohlendioxid produziert, welche zurück in den Bioreaktor geleitet werden. Resultat: ein geschlossener Stoffkreislauf. Durch die grosse Bedeutung der Sonnenenergie wäre das Algen-zu-Methan-Verfahren eine weitere interessante Option für den Einsatz im Sonnengürtel der Erde.


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Text: Jürg Wellstein

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