Energieversorger sollen die grossen Speicher der energieautakren Wohngebäude nutzen können, um überschüssigen Wind- und Solarstrom in Form von Wärme oder Strom zu speichern und bei Bedarf wieder zu entnehmen. ©Bild: Sonnenhaus-Institut

Prinzipschaltbild der energieautarken Mehrfamilienhäuser in Cottbus. ©Bild: Sonnenhaus-Institut

Cottbusser Wohngenossenschaft: Baut energieautarke Mehrfamilienhäuser

(SHI) In Cottbus bahnt sich eine Revolution im Wohnungsmarkt an. Die Wohnungsgenossenschaft eG Wohnen baut zwei energieautarke Mehrfamilienhäuser. Den Mietern dieser Gebäude wird die grösste Wohnungsgenossenschaft Brandenburgs eine auf zehn Jahre garantierte Pauschalmiete inklusive Energie-Flatrate anbieten. Möglich machen dies grosse Solarwärme- und Solarstromanlagen.


Sie werden 60 beziehungsweise 70 Prozent des Stroms und der Wärme erzeugen, so dass die verbleibenden Energiekosten niedrig und kalkulierbar sind.

Weiterentwickeltes Sonnenhaus-Konzept
Das energetische Grundkonzept der Gebäude mit jeweils sieben Wohnungen geht auf das Sonnenhaus-Konzept zurück. Bei Sonnenhäusern werden mindestens 50 Prozent des Wärmebedarfs mit Solarenergie gedeckt. Der Freiberger Honorarprofessor und Experte für Solartechnik Timo Leukefeld hat den bewährten Ansatz des Sonnenhaus-Instituts zum Konzept der „vernetzten energieautarken Gebäude“ weiterentwickelt. Er hat bereits mehrere solcher Häuser geplant und lebt und arbeitet selbst in zweien. Im thüringischen Schmölln baut die VR-Bank Altenburger Land mit seiner Unterstützung gerade ein energieautarkes Einfamilienhaus, das demnächst bezugsfertig sein wird. Die Gebäude der eG Wohnen sind die ersten vernetzten energieautarken Mehrfamilienhäuser nach dem Konzept von Timo Leukefeld.

Mit Solarenergie zur Autarkie
Im Mittelpunkt des Bau- und Energiekonzeptes stehen die grossen Solarwärme- und Solarstromanlagen, mit denen hohe Autarkiegrade in der Energieversorgung erreicht werden. Strom und Wärme, die gerade nicht benötigt werden, kann in Langzeitenergiespeichern für den späteren Verbrauch zwischengespeichert werden. In Cottbus werden die Energiekosten etwa 60 Prozent unter den Kosten liegen, die bei Gebäuden mit Passivhaus-Standard für Wärme und Strom anfallen würden.

Die Kosten für die Restenergiemenge sind gut planbar, deshalb kann der Vermieter eine Pauschalmiete anbieten. „Das ist das Prinzip der Nahe-Null-Grenzkosten“, erklärt Leukefeld. „Zu Anfang ist die Investition höher, dafür sind die Energiekosten in der Zukunft aber gleich abgedeckt.“ Zur Motivation der Wohnungsgenossenschaft sagt Uwe Emmerling, Vorsitzender der eG Wohnen: „Wir wollen Mehrwert für unsere Bewohner schaffen und eine hohe Lebensqualität erzeugen, die nicht auf einer extremen Technisierung und Regeln für das Verbrauchsverhalten im Haus beruht.“ Die Genossenschaft sei innovativen Projekten gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen und habe auch schon Passivhäuser und Holzhäuser gebaut.

Intelligent verschwenden
„Die Leute können sich bewegen, wie sie wollen und brauchen sich nicht an die Technik anzupassen“, benennt Leukefeld einen wesentlichen Vorteil von vernetzten energieautarken Gebäude. „Sie können die Solarenergie intelligent verschwenden, ohne horrende Nebenkostenrechnungen befürchten zu müssen.“ Emmerling beschäftigt sich derzeit noch mit der Pauschalmiete. Sie soll um die 10.50 Euro betragen. „Es ist unser Ziel, über eine Pauschalmiete zu arbeiten und die Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten“, sagt er. Dafür sind diverse rechtliche Vorgaben zu erfüllen, zum Beispiel aus dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz, dem Energiewirtschaftsgesetz und dem Mietrecht. Er freut sich darauf, bundesweit ein Zeichen für zukunftsfähige, energieeffiziente und mieterfreundliche Baukonzepte zu setzen. „Es soll ein Mehrfachprojekt werden“, weiss er schon jetzt. Wenn das Pilotprojekt ein Erfolg wird, wovon er überzeugt ist, will die Genossenschaft mehr solcher Mietshäuser bauen.

Vernetzung mit Energieversorger
Auch einen Energieversorger will Emmerling noch mit ins Boot holen. Das ist ein weiteres Prinzip der vernetzten energieautarken Gebäude, wie Leukefeld sie konzipiert. Energieversorger sollen die großen Speicher nutzen können, um überschüssigen Wind- und Solarstrom in Form von Wärme oder Strom zu speichern und bei Bedarf wieder zu entnehmen. „Auf die Weise profitieren nicht nur die Bewohner und die Vermieter von dem Energiekonzept, sondern auch die Allgemeinheit. Wenn lokale Speicherkapazitäten genutzt werden, sinkt der Bedarf für den Ausbau des öffentlichen Stromnetzes.“

Text: Sonnenhaus-Institut e. V.

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1 Kommentare

Renato Nüesch

Ein sehr guter Ansatz! Solche Projekte braucht es. Allerdings ist die Bezeichnung "energieautark" irreführend. Energieautark heisst, dass das Haus keine Energie von aussen bekommt, d.h. keinen Anschluss ans öffentliche Strom- oder Gasnetz, kein Verbrauch von Öl oder Holz. Alle Energie die das Haus und seine Bewohner verbrauchen, müsste das Haus selber erzeugen und jederzeit bereitstellen. Das ist hier offensichtlich nicht der Fall. Trotzdem ein vorbildliches Projekt.

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