Udo Möhrstedt: „Unsere Speicher sind in der Schweiz sehr gefragt. Wir werden diesbezüglich nächstens auch noch ein neues Service-Produkt in der Schweiz lancieren.“

IBC Solar: „Das Ziel sind 5.1 Cent für die Solar-Kilowattstunde“

(©AN) „Wir haben gerade ein Projekt im deutschen Freiflächenausschreibungsverfahren für 5.9 Cent die Kilowattstunde eingereicht. Mein Ziel sind 5.1 Eurocent, damit würden wir die Kohlekraft definitiv hinter uns lassen!“ Ein Messegespräch mit Udo Möhrstedt, Vorstandsvorsitzender der IBC Solar AG am 1.6.17 anlässlich der Intersolar in München.


Anita Niederhäusern: Gemäss Ihrer Pressemeldung vo
m Dezember 2016 arbeiten Sie in der Schweiz neu mit dem Gebäudetechnik-Unternehmen Engie zusammen. Warum gerade Engie?
Udo Möhrstedt: Wir bieten Energieversorgern und Anbietern für Energielösungen, wie Engie, massgeschneiderte Solarstrom-Geschäftsmodelle an, um diesen Unternehmen den Einstieg in den Solarmarkt zu ermöglichen. Für Engie stellen wir sämtliche Photovoltaik-Komponenten und korrespondierende Services zur Verfügung. Die Kooperation mit einem der grössten Schweizer Unternehmen in diesem Bereich zeigt auch die wachsende Bedeutung der Photovoltaik für die Schweizer Energiebranche.

Aber Ernst Schweizer hat mit dem Aufdachsystem Solrif in Frankreich jahrelang gutes Geld gemacht
Genau, wir waren auch mit Montagesystemen in Frankreich tätig. Vor ein paar Jahren haben wir dann unser französisches Büro in Frankreich geschlossen, weil der Markt sehr volatil war und sich die politischen Bedingungen häufig änderten. Beispielsweise hatten wir damals eine Partnerschaft mit einem Modulhersteller auf Zypern. Dann mussten diese Module aber für die Dachintegration auf dem französischen Markt ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen, damit sie in die Förderung in Frankreich aufgenommen werden konnten. Die Rahmendbedingungen haben sich zu häufig geändert, sodass wir damals entschieden haben, uns vorerst aus dem Markt zurückzuziehen.

Und wie funktioniert die Partnerschaft?
Wir unterstützen Engie bei der Bereitstellung von Energielösungen in Kombination mit Photovoltaik und dafür liefern wir unter anderem Solarkomponenten unserer Eigenmarke. Wir garantieren die kontinuierliche Qualitätssicherung und übernehmen für Engie neben der kompletten Logistik auch Schulungen, Anlagenauslegungen sowie bei Bedarf die Unterstützung bei der Montage durch Fachpersonal aus dem eigenen Partnernetzwerk. So helfen wir Engie auf dem Markt für Solarstrom und Speicher erfolgreich zu agieren, ohne dass sie gleich eigene Strukturen aufbauen müssen.

Welche Fachpartner haben Sie denn in der Schweiz?
Wir arbeiten mit einem breiten Netz von Installateurs-Unternehmen zusammen, unter anderem mit BE Netz , aber auch mit Energieversorgungsunternehmen, wie den EKZ.

Wenn man die Pressemeldungen anschaut, die IBC Solar versendet: 22 Megawattprojekt in Indien, 5.9 Megawattprojekt in der Türkei, mehrere Megawattfreiflächenanlagen in Deutschland, wir installieren in der Schweiz Photovoltaik fast ausschliesslich auf Dächern!
In Deutschland werden wir in diesem Jahr circa 60 Megawatt an Freiflächenanlagen installieren. Der Schweizer Markt entwickelt sich langsam, aber das war mal anders. Wir hatten früher in den 1990er Jahren einen regen Austausch über die Landesgrenzen hinweg. Damals war die Schweiz ja führend in der Photovoltaik. Mit dem 100‘000 Dächer-Programm und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz haben wir dann die Schweiz überholt. Ich habe Thomas Nordmann nach Bad Staffelstein geholt, als ich 1986 das Otti-Seminar gegründet habe. Urs Muntwyler war auch dabei. Und die ersten 100 Kilowatt Kyocera-Module an der Lärmschutzwand an der Autobahn in Chur, die stammen auch von IBC Solar.

Es gibt sogar Schweizer, die sagen, wir hätten das Erneuerbare-Energien-Gesetz erfunden
An der Geschichte ist etwas Wahres dran: Denn die kostendeckende Vergütung wurde sozusagen gleichzeitig in der Schweiz in Burgdorf und in Aachen vom Solarförderverein eingeführt. Diese Vergütung bildete die Basis für das Erneuerbare-Energien-Gesetz.

Was läuft denn besonders gut in der Schweiz?
Unsere Speicher sind in der Schweiz sehr gefragt. Wir werden diesbezüglich nächstens auch noch ein neues Service-Produkt in der Schweiz lancieren. Wir waren auch schon an vielen Projekten in der Schweiz beteiligt, auch schon vor der Zusammenarbeit mit Engie: Die Komponenten der Photovoltaikanlage für die Power-to-Methane-Anlage der HSR Hochschule für Technik Rapperswil stammen von uns, wie auch die der Anlage auf der IKEA-Filiale in Rothenburg. Installiert wurden die Anlagen von unseren Partnerunternehmen in der Schweiz.

In der Schweiz werden Sie ausschliesslich Dachanlagen bauen, passt das zu Ihrem Unternehmen?
Eigentlich wäre es ohnehin sinnvoll, Anlagen auf Dächern zu bauen, weil dann der Strom gleich vor Ort verbraucht werden könnte. Die Freiflächenanlagen sind gewissermassen ein Kompromiss. Die sind in Deutschland nun auch auf 10 Megawatt pro Anlage begrenzt. Das finde ich auch richtig, denn früher wurden Anlagen mit 50 Megawatt gebaut, das ist nicht sinnvoll. Dezentral 1 Megawatt, 10 Megawatt, dann kann der Strom vor Ort verteilt werden und es müssen keine neuen Stromleitungen gebaut werden, das ist viel besser!

Die Branche ist ja in den letzten 7 Jahren um durchschnittlich 28 % gewachsen. Setzt sich dieser Trend fort? Also in den letzten Jahren waren das rund 10 %. Die richtig starken Jahre waren 2010 bis 2013. Letztes Jahr hatten wir 76 Gigawatt, in diesem Jahr rechnet man mit rund 80 Gigawatt Zuwachs weltweit. Das Wachstum ist weiter da. Inzwischen verstehen immer mehr Menschen, wie einfach Photovoltaikanlagen funktionieren und wieviel Geld sie durch Eigenverbrauch bei den Stromkosten sparen können. Vor ein paar Jahren sagte man, Photovoltaik lohnt sich nicht, unsere Gegner haben das immer stark verbreitet. Doch diese Vorurteile sind definitiv begraben.

Seit 1982 gibt es die IBC Solar, sie haben ja sehr viele Hochs und Tiefs der Branche erlebt. Geht der Trend zur Konsolidierung der Branche, wie er in der Schweiz jetzt grad im Gange ist, noch weiter? In der Schweiz kaufen die Energieversorger kleine Unternehmen wie warme Brötchen.
Ich glaube, dass die Konsolidierung ziemlich abgeschlossen ist. In Deutschland hat zum Beispiel RWE auch ein Elektroinstallationsunternehmen gekauft. Warum nicht! Viele Firmen sind auch gekauft worden, weil sie praktisch drohten, insolvent zu werden, dann haben sie lieber verkauft. Wir als IBC Solar stehen heute solide da. Wir mussten 2014 mal 83 Mitarbeiter entlassen und seitdem geht es langsam wieder bergauf.

Auf Ihrer Homepage steht, dass Sie weltweit 360 Mitarbeitende beschäftigen.
Das mögen heute schon wieder rund 20 Personen mehr sein, weil wir gerade wieder Jobs schaffen. Es muss einfach noch stärker in die Köpfe rein, dass die Photovoltaik eine der billigsten Stromerzeugungsarten ist.

Die letzte Ausschreibung in Deutschland wurde ja gemäss dem deutschen Bundesverband Solarwirtschaft für 6-7 Eurocent die Kilowattstunde vergeben. Eben hat mir ein Solarfachmann gesagt, es handle sich dabei um sehr tiefe Eingaben, weil man die Projekte unbedingt gewinnen wollte. Stimmen Sie dem zu?
Nein überhaupt nicht. Wir haben gerade an einer Ausschreibung teilgenommen, bei der wir einen 1.2 Megawattpark zu 5.9 Eurocent pro Kilowattstunde offeriert haben. Bei der vorherigen Ausschreibung der Bundesnetzagentur vom 1.2.2017 lag der durchschnittliche Zuschlagswert bei 6.58 Cent/kWh, bei der ersten Ausschreibung im April 2015 noch bei 9.17 Eurocent. Die Preise sinken rapide. Ich gehe davon aus, dass sie im 3. und 4. Quartal dieses Jahres noch einmal um 10 % sinken werden, auch, weil möglicherweise die Strafzölle auf chinesische Module weiter gesenkt werden. Mein Ziel sind 5.1 Eurocent. Damit sind wir dann definitiv günstiger als die Kohlekraft!

Viele träumen von einem vom Stromversorger unabhängigen Heim. Ist dies mit Solarstrom möglich?
Das wird kommen, und daran arbeiten wir. Wir sind noch nicht an diesem Punkt. Das Problem sind die sonnenarmen Wintermonate. Aber wenn Sie im Keller ein Blockheizkraftwerk stehen haben, dann können Sie ohne Stromversorger auskommen. Weil Sie die Winterlücke mit Strom und Wärme abdecken können. Von April bis Mitte Oktober ist es heute schon möglich, mit Photovoltaik, kombiniert mit einer Wärmepumpe und einem elektrischen Speicher das Warmwasser und die Wärme zu produzieren. Aber es bleiben eben die sonnenarmen Monate. Es wäre allerdings national möglich, das Land bis auf wenige Tage mit eigener Energie zu versorgen. Dazu müssten wir unser Energiesystem mit Wind- und Solarkraft ausbauen. An einigen wenigen Tagen müssten wir dann im Winter zum Beispiel Gaskraftwerke dazu schalten, um die sogenannte „Dunkelflaute“ zu überbrücken. Machbar wäre das.

In der Schweiz wurde letztes Jahr ein Mehrfamilienhaus erstellt, das ohne Gas- und Stromanschluss auskommt. Dank Photovoltaikanlage, Batterien, thermischen Speichern und Wasserstoffproduktion versorgt es sich das ganze Jahr über selbst mit genügend Energie (siehe ee-news.ch vom 6.6.16 >>)
Ja, das würde ich mir gern einmal ansehen. Einige unserer Schweizer Kunden waren an der Planung beteiligt.

Weitere Intersolar Messegespräche

©Interview: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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