Bas de Leeuw, Managing Director World Resources Forum: «Die Niederlande waren offizielles Partnerland des Ressourcen Forums Schweiz. Beim nächsten Mal sollten auch die Kollegen aus der Romandie und dem Tessin eingebunden werden. ©Bild: T. Rütti

Was kann die Schweiz, die selber auf keine eigenen Rohstoffe zurückgreifen kann, zur weltweiten Rohstoffwende beitragen? Rund 120 Teilnehmende begehrten von den Experten aus allen Sparten Antworten darauf. ©Bild: T. Rütti

Ressourcenschonung auch beim Essen. Die Kampagne «App’etite for Change» bringt das Klimathema auf den Tisch und zeigt die Zusammenhänge zwischen Essen und Klimawandel. Hier am Ressourcen Forum Schweiz. ©Bild: T. Rütti

Dr. Xaver Edelmann ist Gründer und amtierender Präsident des World Resources Forum WRF. Er führt zahlreiche Organisation, unter anderem die Schweizerische Akademie der technischen Wissenschaften SATW. ©Bild: T. Rütti

Auf die nach wie vor hochaktuelle Energiewende rückt jetzt auch die Rohstoffwende immer stärker in den Fokus der Diskussionen. In Workshops wurde Grundsätzliches dazu erörtert. Willkommen waren kreative Inputs. ©Bild: T. Rütti

«Der ökologische Fussabdruck»: Dies die Aufgabe des 10 Nationalen Umwelt-Zeichnungswettbewerbs. 248 Schweizer Schulklassen aller Altersstufen nahmen teil. Die Jury konnte über 3‘100 Zeichnungen bewerten. ©Bild: T. Rütti

Empa: Nebst der Energiewende auch die Rohstoffwende pushen

(©TR) Während die Energiewende in aller Munde ist, können sich unter dem Begriff Rohstoffwende nur wenige etwas vorstellen. Und dies obwohl die Schweiz eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch von Rohstoffen und gleichzeitig ein rohstoffarmes Land ist. Am 1. Dezember 2016 fand an der Empa erstmalig das Ressourcen Forum Schweiz mit dem Thema «Von der Energie- zur Rohstoffwende» statt.


«Die Ressourcenwende beziehungsweise der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen ist weltweit unter dem Titel ‹Ressourceneffizienz› auf der Agenda von UNO, OECD, EU, G7 und G20. Doch auch die Schweiz als eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch von Rohstoffen und gleichzeitig ein rohstoffarmes Land muss sich dringend damit auseinandersetzen. Das Ressourcen Forum Schweiz bietet dazu eine Plattform für Wirtschaft, Forschung, Politik, öffentliche Verwaltung und NGOs», zitieren wir Xaver Edelmann, Präsident des World Resources Forum WRF. Ziel des Forums sei es, die Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik sowie die Akteure aus Forschung, öffentlichen Verwaltungen und NGOs miteinander zu vernetzen. «Die Förderung von Allianzen soll zu innovativen und effektiven Lösungen in Effizienz und Suffizienz der Rohstoffnutzung bei Konsumentinnen und Konsumenten, Produzentinnen und Produzenten und der Abfallwirtschaft führen», so Xaver Edelmann.

Auf den neuesten Stand der Energie- und Rohstoffwende gebracht
Sein WRF-Kollege Bas de Leeuw ergänzt: «Mit Politikern, Geschäftsleuten und Wissenschaftlern aus aller Welt führen wir schon seit Jahren und nachhaltigem Erfolg das World Resources Forum in Davos durch. Jetzt sieht es so aus, dass auch das Schweizer Ressourcen Forum ebenso wichtig wird für Schweizer Partner und die hiesige Rohstoff-Zukunft wie das WRF für die Welt. Die Teilnehmer wurden an der Empa Akademie auf den neuesten Stand der Energie- und Rohstoffwende gebracht. In hochinteressanten Vorträgen bekamen sie Anregungen für ihr eigenes Handeln.» Dass das Mittagessen dank Eaternitiy konsequent umweltbewusst zusammengestellt und zubereitet wurde, war Bas de Leeuw eine spezielle Erwähnung wert. Der Managing Director wünscht sich, dass bei einem nächsten solchen Event auch die Kollegen aus der Romandie und dem Tessin eingebunden werden. Vorläufig noch ohne Westschweizer und Tessiner ging es in Dübendorf um folgende Fragen:  

  • Welche Ziele sind für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz vorstellbar?
  • Die Wirkungsmechanismen für eine ressourceneffiziente Infrastruktur.
  • Ressourceneffizienz und Lebenszyklus der Infrastruktur.
  • Innovationen im Gebäudebereich mit Besichtigung des NEST Projekts an der Empa.
  • Präsentationen jener Netzwerke in der Schweiz, die sich bereits mit dem Thema beschäftigen.


3000 Mio. Tonnen Materialien sind verbaut

Nehmen wir als erstes von zwei Beispiel den Bausektor. Dieser hat einen grossen Einfluss auf die inländischen Treibhausgasemissionen und ist somit für den Klimawandel mitverantwortlich: In der Schweiz werden jährlich rund 500‘000 TJ Endenergie zum Heizen, Kühlen, Lüften, Beleuchten und Betreiben von Prozessen von Gebäuden beansprucht. Dies entspricht 62 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs und 50 Prozent der inländischen Treibhausgasemissionen (23 Mio. Tonnen CO2-eq.). Der Bausektor ist aber nicht nur einer der wichtigsten Treiber des Klimawandels in der Schweiz. Er ist auch der wichtigste Verbraucher von natürlichen Ressourcen: Ca. 3000 Mio. Tonnen Materialien sind aktuell in Schweizer Bauwerken verbaut, vorab Beton und Kies. Dieses «Lager» vergrössert sich jährlich netto um 52 Mio. Tonnen, wobei die 16 Mio. Tonnen bereits abgezogen sind, die in die Entsorgung gehen.

Auch im Bausektor massive Veränderungen realisieren

Klimawandel und Ressourcenverbrauch in der Bauwirtschaft sind auf internationaler, nationaler und städtischer Ebene anerkannte Herausforderungen. Daher wurden Strategien und Massnahmen auf allen denkbaren Ebenen erarbeitet. Noch fehlt heute aber eine Sichtweise, welche die Wechselwirkungen bzw. positive und negative Rückkoppelungen zwischen den unterschiedlichen Teilsystemen berücksichtigt. Solche Wechselwirkungen können zwischen materiellen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Teilsystemen auftreten, zum Beispiel zwischen normativen Anforderungen und der Verfügbarkeit von Technologien. Oder zwischen finanziellen Anreizen und sozialen Normen. Ein Ressourcenwandel setzt daher voraus, dass auch im Bausektor massive Veränderungen angegangen werden.

Erprobte Techniken auch tatsächlich einsetzen!

În Forschung und Entwicklung beschäftigt man sich zumeist damit, Technologien zu entwickeln, die Ressourcen effizienter nutzen. In einem der verschiedenen Workshops forderten die Teilnehmenden, dass die bereits erprobten Techniken auch tatsächlich zum Einsatz gelangen, und zwar möglichst rasch. Diskutiert wurden Modellvorstellungen, wie man mit Steuerungsmassnahmen und Interventionen den Wandel im Bausektor lenken könnte. Gefragt waren Inputs, die sich möglichst in das bestehende «Policy-Modell für Ressourceneffizienz und Klimaneutralität im Bausektor Schweiz» integrieren lassen.

Basis einer funktionierenden Wirtschaft

Nehmen wir als zweites Beispiel den Lebenszyklus und die Ressourceneffizienz bei den Infrastrukturprojekten wie etwa Energieanlagen oder Wasserreinigungs- und Kehrichtverwertungsanlagen, aber auch Strassen und Brücken usw. Ausgehend von der Beschreibung eines realen Infrastrukturprojekts diskutierten die Teilnehmenden in diesem zweiten Workshop über die vielfältigen und komplexen Möglichkeiten zur Verbesserung der Ressourceneffizienz in den verschiedenen Projektphasen. Eines muss man sich bei dieser Problematik stets vor Augen halten: Die Infrastruktur ist die Basis einer funktionierenden Wirtschaft. Eine fortschreitende Urbanisierung, die Intensivierung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen sowie ein starkes Bevölkerungswachstum fördern die Nachfrage in Sachen nachhaltiger Infrastruktur – weltweit.

Unvorstellbar grosser Investitionsbedarf weltweit... 

Noch ist das Potenzial an sogenannten Investitionslücken unvorstellbar gewaltig, wobei die Meinungen über die Höhe allerdings ebenfalls gewaltig auseinanderdriften. Doch enorm hohe Milliardenbeträge für Infrastrukturprojekte sind es weltweit alleweil, die nur darauf warten, gesprochen zu werden. So oder so bietet sich die Chance, die nächste Generation von Infrastrukturprojekten ressourceneffizienter als bislang zu gestalten und damit einen fundamentalen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft zu leisten. Auch dazu wurde ein Workshop abgehalten und auch hier waren vielversprechende Ideen der Teilnehmenden sehr willkommen. Die Vorgabe lautete: Die Ressourceneffizienz in den verschiedenen Phasen – Planung, Bau, Betrieb und Nachbetrieb – vorantreiben. Welche positiven Aspekte der Ressourceneffizient gilt es dringend zu pushen, welche negativen Aspekte gilt es unter allen Umständen zu eliminieren? Zu welchen Zielkonflikten kann es kommen, wenn nichts unversucht gelassen wird, um eine Steigerung der Ressourceneffizienz herbeizuführen? Lauter Fragen, auf die es an diesem ersten Ressourcen Forum Schweiz zwar noch keine abschliessenden Antworten gab, doch die uns alle noch sehr lange und immer intensiver beschäftigen werden.

Initiative einer breit gefächerten Gruppe von Organisationen
Selbstverständlich wurden die rund 120 Teilnehmenden am Nachmittag nicht ins kalte Wasser geworfen bei der Suche nach innovativen Lösungen und Alternativen. Vielmehr konnten sie sich auf die diversen Fachreferate des Vormittags und die Inputs und Erkenntnisse einer ganzen Reihe von Experten stützen. Es waren dies Vertreter aus Wirtschaft, Forschung, Politik, öffentlicher Verwaltung und NGOs, die – neben der laufenden Energiewende – die Rohstoffwende aus ihrer Perspektive beleuchteten: Gunter Stephan (NFP 73 «Nachhaltige Wirtschaft», Uni Bern), Karine Siegwart (BAFU), Bruno Oberle (EPFL), Matthias Bölke (swisscleantech & Schneider Electric), Peter Waeber (bluesign technologies ag), Kurt Lanz (economiesuisse), Annick Lalive d’Epinay (Amt für Hochbauten – Stadt Zürich), Adriaan Slob (TNO, Niederlande), Patrik Geisselhardt (Swiss Recycling), Brigitte Buchmann, Patrick Wäger (beide Empa), Xaver Edelmann, Mathias Schluep (beide WRF). Das Ressourcen Forum Schweiz ist eine Initiative einer breit gefächerten Gruppe von Organisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Gesellschaft vertreten. Namentlich sind dies:

  • WRF, ein unabhängige internationale Non-Profit-Organisation, die als Plattform für den Wissensaustausch über Ressourcenmanagement dient
  • Öbu, das Schweizer Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften und Global Network Partner des World Business Council for Sustainable Development
  • ESM, eine Schweizer Non-Profit-Organisation, die Forschung und Entwicklung im Bereich kritische Metalle und seltene Erden unterstützt
  • BAFU, die Umweltfachstelle des Bundes und zuständig für die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen in der Schweiz
  • Empa, das interdisziplinäre Forschungsinstitut für Materialien- und Technologieforschung. Die Tätigkeiten der Empa richten sich darauf, den Anforderungen von Industrie und Bedürfnisse der Gesellschaft gerecht zu werden.
  • Ecos, ein Beratungsunternehmen, welches Organisationen bei Projekten zur nachhaltigen Entwicklung unterstützt
  • Schweizerische Akademien, die sich gezielt für einen engagierten Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft einsetzen
  • Neros, eine unabhängige Organisation und neutrale Plattform für Entwicklungen im Zusammenhang mit primären und sekundären mineralischen Rohstoffen der Schweiz

Zeichenwettbewerb 2016 «Der ökologische Fussabdruck»
Die Schweizerische Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) koordinierte den Zeichenwettbewerb 2016 «Der ökologische Fussabdruck». Kinder von der 1. bis zur 9. Klasse durften ihre Zeichnung einreichen zu folgender Aufgabenstellung: «Ohne Wald kein Tisch, ohne Acker- und Weidefläche keine Lebensmittel, ohne Land keine Strasse und ohne Wasser keine T-Shirts. Diese Flächen sind Ressourcen, die wir unserem Planeten entnehmen. Wie viel Fläche wir mit unserem Lebensstil verbrauchen, berechnet ‹der ökologische Fussabdruck›. Verbrauchen wir mehr, als uns – allen Bewohnern der Erde – langfristig zur Verfügung steht, betreiben wir Raubbau an unserem Planeten: Die Meere sind überfischt, Wälder werden abgeholzt und das Ackerland wird immer weniger fruchtbar. Wir gefährden die Gesundheit unseres Planeten und aller Lebewesen...» Die besten der 3100 eingegangenen Arbeiten aus 248 Schulklassen, die automatisch auch am entsprechenden internationalen Wettbewerb teilnahmen, wurden am Ressourcen Forum Schweiz ausgestellt.

Infos: www.wrforum.org

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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1 Kommentare

Martin Schmid, Ökozentrum

Ja, die regenerative Wirtschaft kommt - aber nur, wenn wir einen grossen Bilanzfehler korrigieren: Kürzlich hörte ich eine gute Definition vom FiBL: "Hört auf von bestimmten Labeln zu sprechen – sondern sagt: regenerative Landwirtschaft. Wie regenerative Energien oder eben regenerative Ressourcen-Nutzung. Logisch: Nur - ressourcenreiche Länder sind finanziell "mausarm", solange das Öl noch im Boden schlummert. Dies ist ein krasser Bilanzfehler: Wenn ich für eine Million Waren im Lager habe - ist die genau so viel Wert in der Bilanz, wie wenn die Waren verkauft sind und die Million auf dem Konto ist. Bei den Natur-Ressourcen wird diese Bilanz nicht so geführt. Und vermutlich bringt es auch gar nichts, nun jeden fruchtbaren Quadratmeter Ackerland mit einem Wert zu versehen - sondern umgekehrt die Gedanken von Thomas von Aquin (Bischof, ermordet vor etwa 740 Jahren) oder Silvio Gsell (vor etwa 80 Jahren gestorben und später verteufelt von den Geldgierigen) nochmals ernsthaft zu studieren - ich zitiere jetzt den Älteren in unserer heutigen Sprache: "Alles, was nicht von Menschenhand vermehrt werden kann, ist nicht marktfähig - darf nicht gehandelt werden, weil das quasi immer zur Monopolisierung und Knappheit führt". Wir sollen die Ressourcen nur ausleihen dürfen. Im keltischen Bodenrecht, waren alle nicht vermehrbaren Ressourcen (vor allem der Boden) Allmende und gehörten der gesamten Gemeinde. Dies ist auch der Grund für den Vorschlag der Wiedereinführung der Baurechtspacht durch die Befürworter der Freiwirtschaft. Wie auch der von der Nationalbank erhobene Negativ-Zins eigentlich eine tolle Sache sein könnte für die Gesundung der Wirtschaft - ABER EBEN NUR, wenn die Geldgierigen dann nur noch mit der Realwirtschaft Geld verdienen könnten und endlich mal in erneuerbare Energien oder so investieren würden - und eben nicht wie jetzt ausweichen können auf Landgrabbing und sonstige Formen der Plünderung und Raubdiebstahls!

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