Der vakuumisolierte Kaltwasserspeicher erhöht dabei die Effizienz der Kaltwasserversorgung für die Kühlung von Prozessanlagen und Laboren am IISB. ©Bild: Photo Kurt Fuchs / Fraunhofer IISB

Kühlen: Fraunhofer IISB integriert Vakuum-Kaltwasserspeicher in Kälteinfrastruktur

(IISB) Am Fraunhofer IISB in Erlangen wurde ein in seiner Grössenklasse weltweit einmaliger Kaltwasserspeicher mit Vakuumisolation installiert. Mit einem Ladevolumen von 80 Kubikmetern ist die Spezialanfertigung der Firma Sirch aus Kaufbeuren besonders für industrielle Anwendungen interessant.


Der vakuumisolierte Kaltwasserspeicher wird im Rahmen des Energieforschungsprojektes SEEDs eingesetzt, um die Effizienz der Kaltwasserversorgung für die Kühlung der umfangreichen Prozessanlagen und Labore am Fraunhofer IISB zu erhöhen. Mit der Einbindung des Speichers in die Versorgungsinfrastruktur entsteht zugleich eine wichtige Schnittstelle zwischen Forschungsaktivitäten und Praxisbetrieb. Die Modifikation des Kältekreislaufes und dessen intelligente Verknüpfung mit dem energetischen Gesamtsystem ist ein weiterer Schritt beim Ausbau des Instituts als Demonstrationsplattform für umfassende Energieeffizienz. Dabei wird am Fraunhofer IISB die gesamte Kette der Energienutzung in einem industriell vergleichbaren Massstab betrachtet und im praktischen Selbstversuch optimiert.

Energieforschung im Selbstversuch
Ein wesentlicher Aspekt im Energieforschungsprojekt SEEDs ist die Integration innovativer Energietechnik in die Versorgungsinfrastruktur des Fraunhofer IISB auf Systemebene. Alle Komponenten müssen sich unter realen Betriebsbedingungen bewähren und werden beispielsweise sehr genau auf ihre Zuverlässigkeit und die tatsächlich realisierbaren Effizienzgewinne untersucht. Die direkte Verbindung mit der vorhandenen und im laufenden Betrieb genutzten Infrastruktur unterscheidet die Entwicklungen des Projekts SEEDs deutlich von klassischen Labordemonstratoren. Der neue Kaltwasserspeicher ist ein gutes Beispiel für dieses visionäre experimentelle Konzept, da er grossen Einfluss auf die zentrale Kälteversorgung des Instituts und damit auf sensible Kühlsysteme, wie z. B. das des institutseigenen Reinraums, nimmt und gleichzeitig als Forschungsobjekt dient.

Effizienzgewinne durch flexiblen Betrieb
Mit einem Kaltwassertank lässt sich die energieintensive Kältebereitstellung prinzipiell in die Nachtstunden verlagern. Die geringeren Aussentemperaturen bedingen dann eine grössere Temperaturspreizung zwischen der über die Rückkühlwerke abzuführenden Abwärme der Kältemaschinen und der Aussenluft, was günstigere Arbeitspunkte für den Betrieb der Kälteanlagen ermöglicht. Das in der Nacht heruntergekühlte Wasser wird im Pufferspeicher vorgehalten und zu den Spitzenlastzeiten am Tag bereitgestellt. Im Ergebnis steigt die Gesamteffizienz, so dass für die Kälteversorgung am Fraunhofer IISB eine Einsparung von jährlich 15 % – bezogen auf den elektrischen Energieeinsatz – prognostiziert werden kann.

Gut – besser – Vakuum
Im Gegensatz zu Wärmespeichern gibt es bislang so gut wie keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu grossen Kaltwasserspeichern mit Vakuumisolation. Gerade für Kälteanwendungen sind höchste Isolationsgüte und geringe thermische Verluste entscheidend. Bereits eine geringe Erwärmung des Wassers führt zu einer deutlichen Verringerung der Speicherkapazität. Für einen effizienten Betrieb des Kältesystems sind jedoch möglichst hohe Pufferkapazitäten anzustreben und Verluste im Speicher unbedingt zu vermeiden. Durch die hier verwendete Vakuumisolation lassen sich auch vergleichsweise einfach zu installierende oberirdische Tankspeicher ohne aufwändige bauliche Massnahmen verlustarm im Freien betreiben.

Speicher vorausschauend nutzen
Neben einer möglichst guten thermischen Isolation des Speichers bedarf es jedoch ausgeklügelter Betriebsstrategien, um die angepeilten Effizienzgewinne auch praktisch umsetzen zu können. Dafür wird eine am Fraunhofer IISB entwickelte intelligente Steuerung für das Speichersystem sorgen. Für einen möglichst wirtschaftlichen Einsatz des Speichervolumens lassen sich beispielsweise Kälte-Lastprofile aus Energiemonitoringdaten erstellen und Lastspitzen identifizieren. Daraus abgeleitete Prognosen für die Kältelast am nächsten Tag, die auch Wetterdaten berücksichtigen, ermöglichen den Betrieb der Kältemaschinen und das Beladen des Kältespeichers zum jeweils günstigsten Zeitpunkt. Ein dynamischer Abgleich mit den tatsächlichen, in der Praxis gemessenen Verbrauchsdaten erlaubt wiederum eine stetige Verbesserung der Betriebsstrategien.

Spitzen ausgleichen und Kosten senken
Vor allem mittlere und grosse Industriebetriebe bezahlen ihren Bedarf an elektrischer Energie auf der Grundlage von Spitzenlasttarifen. Für Grossverbraucher ist ein Ausgleich elektrischer Lastspitzen in vielen Fällen gleichbedeutend mit einer unmittelbaren Kostenersparnis. Am Fraunhofer IISB wird deshalb in weiteren Experimenten untersucht, wie sich der Kältespeicher zur Reduktion der elektrischen Spitzenlasten des gesamten Instituts einsetzen lässt. In den Sommermonaten werden z. B. die elektrischen Lastspitzen vor allem von den Kälteanlagen hervorgerufen. Das grosse Puffervolumen von 80 Kubikmetern könnte die Kälteversorgung des Instituts über mehrere Stunden gewährleisten, ohne dass eine Kältemaschine in Betrieb geht. Somit liesse sich die Kältebereitstellung flexibilisieren und ein Teil der Kälteerzeugung aus der verbrauchsintensiven Mittagszeit in die Nachtstunden verschieben, wenn der Bedarf an elektrischer Energie ohnehin gering ist.

Auf die Spitze getrieben: Kopplung mit Batteriespeichern
In der Praxis wird das Tagesprofil des elektrischen Energiebedarfs von schwer vorhersagbaren, kurzeitigen elektrischen Bezugsspitzen überlagert. Das Fraunhofer IISB verfügt über leistungsfähige, selbst entwickelte stationäre elektrische Energiespeicher. Durch eine intelligente Verknüpfung der thermischen und elektrischen Speicher lassen sich – zusätzlich zum Tageslastgang – auch diese elektrischen Bezugsspitzen effektiv ausgleichen. In der Summe wird hierdurch gewährleistet, dass die angestrebte Lastreduktion auch sicher erreicht und in einem insgesamt grösseren Umfang umgesetzt werden kann.

Vom Leuchtturmprojekt zur Keimzelle
Die Integration des vakuumisolierten Kaltwasserspeichers in die Versorgungsinfrastruktur des Fraunhofer IISB soll die Praxistauglichkeit des Konzepts unter industriellen Randbedingungen beweisen. Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn wird eine deutliche Verringerung des Einsatzes an elektrischer Energie für die Kälteerzeugung und damit mittel- und langfristig eine spürbare Kostenersparnis erwartet. Durch die Möglichkeit zum Ausgleich elektrischer Spitzenlasten ist das Speicherprinzip speziell auch für Gewerbebetriebe interessant. Mit dem vakuumisolierten Kaltwasserspeicher gewinnt das Fraunhofer IISB einen weiteren „Leuchtturm“ hinzu, der das ambitionierte Ziel des Energieforschungsprojektes SEEDs verdeutlicht: Den Aufbau technologischer Keimzellen für eine industrielle Energiewende.

Über das Projekt SEEDs
In SEEDs wird die gesamte Kette der Energietechnik betrachtet und genutzt. Besonderes Augenmerk legen die Forscher auf die effiziente Verknüpfung der einzelnen Komponenten und Demonstratoren durch elektronische Schnittstellen zu einem optimierten und stabilen Gesamtsystem.

Das Institutsgebäude des IISB dient dabei als Forschungs- und Demonstrationsplattform. Die Leistungsklasse des Gebäudes ist vergleichbar mit einem mittleren Industriebetrieb mit stark schwankenden Lasten, Spitzenlasten und erheblichem Sekundärenergiebedarf aufgrund der umfangreichen Labor- und Anlagentechnik sowie speziell eines kontinuierlichen Reinraumbetriebs. Das IISB bildet sowohl den Büro- als auch den Industrie/-Laboraspekt und damit fast alle Facetten unserer Energiewirtschaft ab.

An SEEDs sind neben dem Fraunhofer IISB auch noch die Fraunhofer-Institute IIS und ISC beteiligt in Kooperation mit zahlreichen bayerischen Industriepartnern. Das Projekt wird gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie.

Text: Fraunhofer IISB

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert