Franz Hagn vor dem Energieplushaus in Hallbergmoos. ©Bild: BMW Group

Energiemanagement: So intelligent ist das Haus der Zukunft

(TUM) 18 Monate lang testeten Prof. Franz Hagn und seine Familie das Leben in einem Haus, das nicht nur selbst Energie produziert, sondern sie auch intelligent verwaltet. Zu dem Konzept des Projekts ‚e-Mobilie‘ gehörte ausserdem ein Elektroauto. Die Ergebnisse zeigen: Das Pilotprojekt setzt in kleinem Massstab bereits heute die Funktionalitäten eines zukünftigen Smart Grids um.


Energieaktiv, flexibel und intelligent vernetzt – diese Anforderungen sollte das Energieplushaus der Zukunft erfüllen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben gemeinsam mit den Partnern BMW und SMA Solar Technology AG ein Energiemanagement-System entwickelt, das dies möglich machen soll. In der Gemeinde Hallbergmoos nördlich von München testeten sie das Konzept in einem Energieplushaus von Krieger + Schramm (Dynahaus) mit Elektroauto.

Energiemanagement mit E-Auto
In dem Forschungsprojekt ‚e-Mobilie – energieautarke Elektromobilität im Smart-Micro-Grid‘ soll das Haus selbst zum Energieerzeuger werden und unter anderem ein Elektroauto versorgen. Dazu wurde auf dem Dach des Hauses eine Photovoltaikanlage installiert. Mit dem Strom, der nicht direkt verbraucht wird, wird ein Batteriespeicher aufgeladen. Eine Wärmepumpe erzeugt mit dem Solarstrom ausserdem thermische Energie, die ebenfalls gespeichert oder direkt zur Beheizung genutzt werden kann. Das Besondere: Das Laden eines Elektroautos ist in das Energiemanagement des Gebäudes eingebunden.

Um zu beobachten, wie das Energiemanagement-System im Alltag genutzt wird, hatten die Forscher während einer Demonstrationsphase von Januar 2015 bis Juni 2016 zahlreiche Messwerte erhoben. In dieser Zeit wohnte die vierköpfige Familie Hagn in dem Haus. Franz Hagn, Professor für Strukturelle Membranbiochemie an der TUM erklärt seine Motivation, an dem Projekt teilzunehmen: "Ich denke, die Verbindung aus dezentralisierter Energieproduktion und Elektromobilität könnte sich innerhalb weniger Jahre durchsetzen. Dazu möchten wir unseren kleinen Beitrag leisten."

System plant Stromverbrauch
Die grossen Stromverbraucher wie Waschmaschine, Trockner und Spülmaschine waren während des Praxistests mit dem Energiemanagementsystem verbunden. Die Bewohner hatten die Möglichkeit, dem Energiemanagement-System ein Zeitfenster vorzugeben, in dem bestimmte Geräte gestartet werden sollen. Das intelligente System erkennt, zu welchem Zeitpunkt kostengünstiger Solar- oder gegebenenfalls Nachtstrom genutzt werden kann. Dies entlastet das Stromnetz und reduziert die Kosten. Bei Bedarf lassen sich die Geräte auch jederzeit manuell starten.

Ab Herbst 2015 war auch die Wärmepumpe an das System angeschlossen. Diese konnte vorzeitig eingeschaltet werden und damit den Solarstrom als Heizwärme puffern, wenn der Batteriespeicher voll war. Damit konnte der Eigenverbrauch des Solarstroms maximiert werden.

Verbesserungsvorschläge
Im Prinzip waren die Hagns mit der Bedienerfreundlichkeit des Systems zufrieden. Allerdings gibt es auch Verbesserungswünsche: "Es ist ein bisschen umständlich, die Laufzeiten der jeweiligen Geräte anzupassen", erklärt Franz Hagn. "Wenn man versucht, ein Zeitfenster zu wählen, das bereits angebrochen ist, startet das Gerät erst einen Tag später. Dann muss man auf die Webseite gehen und die Einstellungen verändern."

Wärmepumpe birgt grosses Potenzial
Die Auswertung der Daten ergab, dass mithilfe des Energiemanagements die Deckung des Energiebedarfs mit der selbsterzeugten Solarenergie insbesondere der Elektrofahrzeugladung auf rund 30 Prozent erhöht werden konnte. Dies ist eine deutliche Steigerung. Wäre das Laden ohne integriertes Energiemanagement erfolgt, wäre nur ein Anteil von einem Prozent Solarstrom für die Ladung verbraucht worden.

"Ein grosses Potenzial zeigte auch die Einbindung der Wärmepumpe in das Energiemanagementsystem zum Ende der Projektlaufzeit", erklärt Projektleiterin Claudia Hemmerle vom TUM-Zentrum für nachhaltiges Bauen. So konnten die Laufzeiten der Wärmepumpe weitgehend in die energetisch günstigen Tagesstunden verschoben werden. Weiteres Verbesserungspotenzial sieht die Ingenieurin bei der Trinkwassererwärmung und -speicherung.

Weitere Ergebnisse der Praxisphase
Die Eigenverbrauchsquote des erzeugten Solarstroms betrug 64 Prozent. Die restlichen 36 Prozent wurden ins Stromnetz eingespeist.
Dieser Eigenverbrauch deckte real 42 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs des Gebäudes, der installierten Messtechnik und des Fahrzeugs.
Rechnerisch erreichte die gesamte Stromerzeugung der Photovoltaikanlage in der Jahressumme 81 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Lässt man den Stromverbrauch der Messtechnik und des Elektrofahrzeugs aussen vor, ergab sich für das Gebäude eine Erzeugungs-/Verbrauchsbilanz von 102 Prozent und damit ein Energieplus von 2 Prozent, das heisst die Photovoltaikanlage produzierte 2 Prozent mehr Strom als der Gebäudebetrieb verbrauchte.

Nach dem Auszug der Hagns wird das Energieplushaus von der Krieger + Schramm Bauunternehmung als neue Niederlassung genutzt. Die TUM-Forscher werden weiterhin Messwerte erheben, um weitere Optimierungsmöglichkeiten zu testen. Allerdings sind diese Daten nicht mehr mit denen aus der Demonstrationsphase vergleichbar, da das Gebäude nun nicht mehr als Wohnhaus, sondern als Büro fungiert.

Text: Technische Universität München (TUM)

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