Gut und gern 200'000 Reisende nutzen die Rolltreppen im Bahnhof Bern täglich, hier auf der «Welle». Bild: T. Rütti

SBB: Hinunter fahrende Rolltreppen werden zu kleinen Kraftwerken


(©TR) Hunderttausende Reisende benutzen die Rolltreppen der SBB jahrein, jahraus. Ein Komfort, bei dem bisher zu viel Strom vergeudet wurde. Bis 2025 möchte die SBB vollständig auf Strom aus erneuerbarer Energie umsteigen. Keine Frage, Stromsparen kann hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Dass (auch) das Stromsparen im Kleinen beginnt, zeigt das Beispiel der Rolltreppen in den grossen Bahnhöfen: Warum nicht aus hinunter fahrenden Rolltreppen kleine Kraftwerk machen?

Landesweit betreibt die SBB in ihren grossen Bahnhöfen 272 Rolltreppen. Diese verbrauchen über 5 Gigawattstunden Strom pro Jahr. Damit könnte man rund 1‘300 Haushalte mit Strom versorgen. Entsprechend hoch ist im Umkehrschluss aber auch Sparpotenzial. Eine einzige Rolltreppe verbraucht so viel wie vier durchschnittliche Schweizer Haushalte, wie am 29. Juni 2016 Philip Meyer in seiner Radiosendung «Echo der Zeit» berichtete. «Über diesen Stromverbrauch hat sich offenbar lange niemand Gedanken gemacht», so SBB-Energiemanager Matthias Rücker. «Bei Rolltreppen schaute man in der Vergangenheit vor allem darauf, dass sie stets funktionieren und in Betrieb sind. Die Energiekosten haben bisher weniger eine Rolle gespielt.»

Wärme, die bisher verloren ging
Technisch ist es eigentlich gar kein Problem, aus eine Rolltreppe ein kleines Kraftwerk zu machen, sagt Matthias Rücker: «Personen, die auf einer Rolltreppe fahren, erzeugen eine Gewichtskraft, die nach unten wirkt. Bei einer konventionellen Rolltreppe muss diese Energie in Form von Bremsenergie abgeführt werden. Dabei entsteht Wärme, die verloren geht.» Diese Bremsenergie lässt sich indessen in Strom umwandeln, indem das Gewicht der Reisenden eine Art Dynamo antreibt. So produzieren abwärts fahrende Passagiere Strom, der sich wiederum für den Transport der aufwärts fahrenden Reisenden nutzen lässt. Eine ähnliche Technik wird bekanntlich in Elektro- und Hybrid-Autos sowie Lokomotiven angewendet. Auch viele Liftanlagen gewinnen beim Bremsen auf der Abwärtsfahrt einen Teil des verbrauchten Stroms zurück. Wieso also sollte dieses Prinzip nicht auch bei Rolltreppen funktionieren? «Bei einer hohen Auslastung kann es so weit gehen, dass sämtliche Energie, die erzeugt wird, den eigentlichen Bedarf übers Jahr verteilt deckt», erklärt Rücker.

8 Personen generieren genug Strom
Nehmen wir den Hauptbahnhof Wien. Hier sind bereits seit zwei Jahren solche Dynamo-Rolltreppen installiert. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben allerdings noch keine genauen Ergebnisse über den so gewonnenen Strom. Sie rechnen jedoch damit, langfristig rund ein Drittel des Stromverbrauchs der Rolltreppen sparen zu können. Doch weder in Österreich noch in der Schweiz wird das System in allen Bahnhöfen zum Einsatz kommen. Denn es braucht ein bestimmtes Mindestgewicht, damit der Antrieb des Dynamos überhaupt funktioniert. Je nachdem wie hoch die Förderhöhe und der Neigungswinkel der Rolltreppe ist, sollten sich mindestens 8 Personen darauf befinden, damit die Gewichtskraft ausreicht, um damit Energie rekuperieren zu können. Laut «Echo der Zeit» vom 29. Juni 2016 müssen jetzt die Angaben der Hersteller übergeprüft werden. Die SBB testet die Stromrückgewinnung erst einmal um danach zu entscheiden, ob das System nach und nach an allen grösseren Bahnhöfen installiert werden soll.

Audio: «Die Rolltreppe als Kraftwerk» >>

Energiestrategie SBB >>

ee-news-Bericht vom 29. Juni 2016 >>

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch, Quelle SRF/Philip Meyer

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