Bei Projekten, welche noch nicht der Swissgrid gemeldet wurden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese je von der KEV profitieren, sehr gering – unabhängig vom Entscheid bei der Energiestrategie 2050.

Unsicherheit Energiestrategie 2050: Wie weiter mit der Kleinwasserkraft?

(Smal Hydro) Auf den 1.10.15 erhielten 76 Kleinwasserkraftprojekte einen positiven KEV Bescheid und können nun mit der detaillierten Planung beginnen. Die verfügbaren KEV-Mittel sind damit jedoch praktisch ausgeschöpft. Was bedeutet dies für neue Kleinwasserkraftprojekte? Lohnt es sich weiter, zu investieren? Und mit welchen zukünftigen Tarifen kann gerechnet werden?


Mit der Botschaft des Bundesrates vom September 2013 zur Energiestrategie 2050 hat ein Prozess begonnen, welcher mittelfristig den Ausstieg aus der Atomenergie ermöglichen soll. In den etwas mehr als zwei Jahren haben sich verschiedene Gruppen zur Strategie äussern können. Aktuell wird die Strategie im Parlament behandelt, und diverse Differenzen zwischen National- und Ständerat müssen bereinigt werden. Das Bundesamt für Energie BFE geht mittlerweile davon aus, dass die Abstimmung erst in der Frühlings- oder gar Sommersession 2016 stattfindet. Zudem muss damit gerechnet werden, dass das Referendum ergriffen wird und das Volk endgültig zu entscheiden hat. Eine solche Abstimmung würde frühestens 2017 stattfinden.

Damit verbunden ist eine grosse Unsicherheit, wie die zukünftigen Rahmenbedingungen der Kleinwasserkraft effektiv aussehen könnten. Für die Kleinwasserkraft mit ihren sehr langen Projektlaufzeiten ist diese Unsicherheit alles andere als förderlich. Dieser Artikel versucht, die wichtigsten Fragen so gut als möglich zu beantworten.

Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass 2016 weitere positive KEV-Bescheide versandt werden?
Die Swissgrid wird in den nächsten Wochen ihre Berechnungen der verpflichteten KEV-Mittel aktualisieren. Im ersten Quartal 2016 wird dann das BFE entscheiden, ob Mittel für weitere Projekte verfügbar sind. Dies ist im Moment noch keineswegs sicher! Die grössten Chancen auf eine KEV Zusage 2016 haben Projekte, welche sich weit oben auf der Warteliste befinden und welche bis Ende Oktober 2015 nachweisen konnten, dass sie baureif sind (Konzession und Baubewilligung vorhanden). Bei allen anderen Projekten ist generell fraglich, ob sie je in das System der KEV aufgenommen werden, wenn nicht Anpassungen an der KEV-Finanzierung vorgenommen werden.

Was passiert, wenn die Energiestrategie 2050 scheitert?
Bis auf weiteres würden die gleichen Rahmenbedingungen wie heute gelten. Problematisch dabei wäre, dass kaum mehr finanzielle Mittel (KEV-Fonds) vorhanden sind. Damit können auch kaum mehr neue Projekte in die KEV aufgenommen werden. Faktisch bedeutet dies, dass Projekte ohne positiven KEV-Bescheid – also auch solche auf der Warteliste - ihre Energie bis auf weiteres zu Marktpreisen (aktuell 4 bis 6 Rp./kWh) verkaufen müssten. Für Projekte, welche noch nicht bei der Swissgrid angemeldet sind, wäre es praktisch ausgeschlossen, dass sie je von der KEV profitieren könnten – selbst wenn die Baureife bereits nachgewiesen werden kann.

Was passiert, wenn die Energiestrategie 2050 angenommen wird?
Die Details der Energiestrategie 2050 werden im Moment im National- und Ständerat geregelt. Welche Entscheidungen im Bereich Kleinwasserkraft getroffen werden, ist im Moment kaum vorhersehbar. Es darf aber angenommen werden, dass die Mittel für die KEV aufgestockt werden und damit deutlich mehr Projekte einen positiven KEV Bescheid erhalten. Aber auch mit der Erhöhung der KEV-Mittel werden neue Projekte, welche bisher noch nicht bei Swissgrid angemeldet wurden, kaum mehr in die KEV aufgenommen. Die neuen Mittel würden zumindest dafür reichen, einen deutlich grösseren Teil der Warteliste abzubauen – aber nicht mehr.

Auf einen Blick
Unabhängig von den Entscheidungen bei der Energiestrategie können also folgende Aussagen gemacht werden:

  • Projekte mit positivem KEV Bescheid erhalten garantiert die KEV, solange sie die Bedingungen einhalten und innerhalb der erwähnten Fristen in Betrieb genommen werden. Ist dies nicht der Fall, verlieren Sie den Anspruch auf die KEV und kommen nur in Anspruch des Marktpreises (4 bis 6 Rp./kWh). Eine erneute Aufnahme in die KEV ist praktisch aussichtlos.
  • Bei Projekten weit oben auf der Warteliste besteht eine gewisse Hoffnung auf die KEV, wenn sie bis zum 31. Oktober 2016 die Baureife nachweisen können und das BFE weitere Mittel freigeben kann. Für Projekte, welche die in der Energiestrategie formulierten Anforderungen erfüllen, erhöhen sich die Chancen auf die KEV bei einer Annahme der Energiestrategie. Die Details dieser Anforderungen werden aktuell im Parlament diskutiert. Gemäss aktueller Einschätzung dürfte es aber für Projekte mit geringer Leistung und in natürlichen Fliessgewässern eher schwierig werden, dass sie je in das KEV-System aufgenommen werden.
  • Bei Projekten, welche noch nicht der Swissgrid gemeldet wurden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese je von der KEV profitieren, sehr gering – unabhängig vom Entscheid bei der Energiestrategie 2050. Die letzte Chance besteht in einer möglichst baldigen KEV-Anmeldung und dem Erhalt und Mitteilung der Baureife bis zum 31. Oktober 2016. Solche Projekte sollten aber auch darauf vorbereitet sein, dass sie die produzierte Elektrizität zu Marktpreisen verkaufen müssen, evtl. mit einem Ökostrom-Zuschlag (bspw. Naturemade oder TüV, in der Regel ein bis zwei Rp./kWh).

Text: Programm Kleinwasserkraft des Bundesamt für Energie

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