Der neue Sunny Boy Smart Energy: Die Kombination aus Wechselrichter und dem Speicher mit einer Leistung von 2 kW ermöglicht nicht nur eine optimale Eigenverbrauchserhöhung, sondern auch die einfache Nutzung von selbst produziertem Solarstrom. Bild: SMA

Das „Fronius Energy Package“ besteht unter anderem aus dem Wechselrichter „Fronius Symo Hybrid“, dem „Fronius Smart Meter“ und der „Fronius Solar Battery“ mit einer Speichkapazität von bis zu zwölf Kilowattstunden. ©Grafik: Fronius

Wechselrichter: Wechsel auf den Wachstumspfad

(PM) Die europäischen Wechselrichterhersteller trimmen ihr Produktportfolio auf den solaren Eigenverbrauch mit Speichern. Das hilft ihnen, sich im härter werden Wettbewerb besser zu behaupten, denn aus blossen Stromwandlern sind intelligente Energiemanager geworden.


Die europäischen Wechselrichterherstellern müssten sich eigentlich sorgen. Laut Marktforschungsinstitut Globaldata schätzen wird der Wechselrichter-Weltmarkt bis zum Jahr 2020 um knapp zehn Prozent auf einen Jahresumsatz von 5.2 Milliarden Dollar schrumpfen. Zwar boomt die Photovoltaik in vielen Ländern, doch haben starke Förderkürzungen einen erheblichen Preisverfall der Geräte in Gang gesetzt. Mittlerweile kostet das Watt Leistung nur noch knapp 0.20 Dollar, 60 Prozent weniger als 2010. Und ein Ende des Abwärtstrends ist nicht absehbar. Für 2020 sagt Globaldata einen Preis von 0.13 Dollar voraus.

Asiatische Unternehmen holen auf
Die Entwicklung spielt den asiatischen Unternehmen in die Karten, die ihre Wechselrichter dank günstiger Produktionsbedingungen zu vergleichsweise geringen Kosten fertigen können. Ihre Bedeutung ist in den vergangenen Jahres deutlich gewachsen. Der chinesische Hersteller Sungrow etwa hat es im Ranking der umsatzstärksten Wechselrichterproduzenten mittlerweile auf den zweiten Platz geschafft und könnte bald auch den bisherigen Weltmarktführer SMA aus Niestetal bei Kassel als Nummer eins ablösen. Ereilt die europäischen Anbietern nun dasselbe Schicksal wie den Modulproduzenten, die von der chinesischer Konkurrenz regelrecht aus dem Markt gedrängt wurden?

SMA bald schwarze Zahlen
Entgegen dieser Sorge verkündete der SMA-Vorstandschef Pierre-Pascal Urbon Anfang Juli eine Art Trendwende für sein Unternehmen: Der Vorstand habe die Umsatz- und Ergebnisprognose für das laufende Jahr angehoben. Statt 730 bis 770 Millionen Euro würden nun 800 bis 850 Millionen Euro Umsatz erwartet. Beim operativen Ergebnis (Ebit) könne dieses Jahr die Null stehen, nachdem die Verantwortlichen vor einigen Monaten noch von einem deutlichen Verlust von 30 bis 60 Millionen Euro ausgegangen waren. „Die weltweite Nachfrage nach Photovoltaik-Wechselrichtern hat sich 2015 besser entwickelt als von uns zunächst erwartet“, sagt Urbon.

Kooperation mit Siemens
Dass SMA weltweit offensichtlich wieder besser ins Spiel kommt, hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen schmiedet das Unternehmen strategische Allianzen, um sich leichter Zutritt zu den Märkten zu verschaffen. So zielt die jüngste Kooperation mit dem Elektrokonzern Siemens darauf ab, gemeinsam Systeme für grosse Solarkraftwerke anzubieten – ein aussichtsreiches Geschäft, denn fast die Hälfte der weltweiten Wechselrichtenproduktion wird in Solarparks verbaut. „Unsere Erfahrungen und Technologien ergänzen sich hervorragend“, sagt Urbon.

Intelligente Energiemanager
Zum zweiten hat SMA seine Wechselrichter erheblich weiterentwickelt: Aus blossen Stromwandlern sind intelligente Energiemanager geworden, die zum Beispiel auch Stromspeicher in die Versorgung einbinden. In Ländern wie Deutschland, Japan oder den USA steht mittlerweile die Frage im Vordergrund, wie sich Hausbesitzer von steigenden Strompreisen abkoppeln können. Damit gerät der Eigenverbrauch von Solarstrom in den Fokus und mithin die Frage, wie bei schwankendem Sonnenangebot möglichst viel Sonnenenergie vom Dach direkt im Haushalt genutzt werden kann. Ausserdem werden Solaranlagen immer stärker auch zur Stabilisierung der Stromnetze herangezogen. Hierfür bedarf es Wechselrichter, die Erzeugung, Einspeisung und Eigenverbrauch koordinieren. „Unsere Produkte sind auf die Anforderungen im Residential-Bereich zugeschnitten“, sagt SMA-Produktmanager Frank Blessing.

Abregeln, überwachen, steuern
Ein Beispiel hierfür liefere der neue Wechselrichter „Sunny Boy 1.5/2.5“. Das Gerät kann im Gegensatz zu Vorgängermodellen die Wirkleistung auf null abregeln. Damit erfüllt es die Anforderungen einiger Länder und Regionen, dass nur für den Eigenverbrauch genutzt und nicht in öffentliche Netz eingespeist werden darf. Zudem können Betreiber dank einer speziellen Kommunikations-Schnittstelle Daten der Solaranlage über die Monitoring-Portale Sunny Places und Sunny Portal überwachen und steuern.

Solarer Eigenverbrauch steigern
Andere europäische Wechselrichterhersteller haben ihre Inverter ebenfalls auf Intelligenz getrimmt, um in Eigenverbrauchs- und Hightech-Märkten besser zum Zuge zu kommen. Auch die Wechselrichter des österreichischen Unternehmens Fronius etwa, darunter der neuartige, speziell für private Solaranlagen konzipierte „Fronius Primo“, koordinieren Erzeugung und Verbrauch, können über das Internet überwacht und leicht mit Drittanbieter-Komponenten kombiniert werden. Und das Angebot der Österreicher geht noch weiter. „Wir verfolgen den Weg in Richtung 24 Stunden Sonne, die Vision einer verlässlichen Energieversorgung durch 100 Prozent erneuerbare Energien“, erklärt Fronius-Sprecherin Andrea Schartner. Zu diesem Zweck hat Fronius sein Portfolio um verschiedene Solarspeicher erweitert. Mit ihnen soll sich der solare Eigenverbrauch auf bis zu 80 Prozent steigern lassen.

Speicherkapazität bis zu 12 kW
Eine Speicherlösung: das „Fronius Energy Package“, das unter anderem aus dem Wechselrichter „Fronius Symo Hybrid“, dem „Fronius Smart Meter“ und der „Fronius Solar Battery“ mit einer Speichkapazität von bis zu zwölf Kilowattstunden besteht. Bei der Solarbatterie handelt es sich um eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie, die nach Firmenangaben eine lange Lebensdauer aufweist, sich in kurzer Zeit auflädt und eine hohe Entladetiefe erreicht – 80 Prozent der Gesamtkapazität könnten genutzt werden, heisst es. Zum Vergleich: Die Speicherkapazität von Bleibatterien liegt bei nur rund 50 Prozent. Alternativ sollen Kunden bei Fronius ab Ende des Jahres auch eine Speicherlösung mit der jüngst vorgestellten „Powerwall“ von Tesla ordern können. Das verbindende Element zwischen Solaranlage und dem Tesla-Speicher ist der Symo Hybrid. Fronius sieht in der Kombination eine optimale Lösung für Situationen, in denen wenig Platz verfügbar und deshalb eine Wandmontage vorteilhaft oder eine Aussenmontage erforderlich sei.

Wechselrichter und Batterie in einem
Auch der Hagener Wechselrichterspezialist Kostal hat sein Portfolio um Solarspeicher für Einfamilienhäuser und Kleingewerbe erweitert. Das neueste System „Piko Ba System Li“ koppelt den Piko-Ba-Wechselrichter des Hauses mit einer Lithiumbatterie, die in sechs Kapazitätsgrössen von 3.6 bis 9.6 Kilowattstunden erhältlich ist. Wie Fronius bestück Kostal sein aus bis zu acht Modulen aufgebautes System mit Batteriezellen von Sony. SMA geht bei den Solarspeichern einen etwas anderen Weg: Der Wechselrichter Sunny Boy Smart Energy integriert eine Lithium-Ionen-Batterie mit zwei Kilowattstunden Kapazität, vereint also zwei Geräte in einem. Das spart Platz und ermöglicht laut Blessing einen kostengünstigen Einstieg in den speicherbasierten Eigenverbrauch. Der Nachteil: Der Speicher ist relativ klein und ermöglicht nur eine Eigenverbrauchsquote von 55 Prozent. Kunden müssen also genau abwägen, ob für sie die Kleinlösung auch gleichzeitig die wirtschaftlichste ist.

Integration von Wärmepumpen
Kaum ist der Markt für Solarspeicher recht in Schwung gekommen, arbeiten die Wechselrichterhersteller bereits an der Weiterentwicklung ihrer Systeme. Ein Ziel ist es, Wärmepumpen zu integrieren, die überschüssigen Solarstrom zum Heizen nutzen statt ihn in Batterien zu leiten. Das funktioniert, indem eine in den Wechselrichter integrierte Regelung der Wärmepumpe das Signal gibt, anzuspringen. Sie verwendet dann den Strom, um der Umgebung Wärme zu entziehen. Das gelingt sehr effizient: Aus einem Kilowatt elektrischer Antriebsleistung erzeugen Wärmepumpen drei bis vier Kilowatt Wärme. Was nicht sofort für die Warmwasserbereitung oder die Heizung verbraucht wird, kann in einem thermischen Speicher aufbewahrt werden.

Fronius sieht in Wärmepumpen eine wichtige Komponente seiner 24-Stunden-Sonne-Strategie. SMA kooperiert wegen des Wärmeaspekts unter anderem mit den Heiztechnikfirmen Stiebel Eltron und Vaillant, um ihre Techniken kommunikationstechnisch aufeinander abzustimmen. Aus einfachen Wechselrichterherstellern entwickeln sich Anbieter von Energiesystemen mit vielen Funktionen. „Das können chinesische Anbieter bei weitem noch nicht“, sagt SMA-Experte Blessing.

Text: Sascha Rentzing

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