Untersuchung des Widerstands einer Schaufel eines Pelton-Laufrades (Quelle: Heig-Vd)

Untersuchung des Biegungsverhalten einer Antriebswelle einer Peltonturbine (Quelle: Heig-Vd)

Kleinwasserkraft: Wie können Risiken reduziert werden?

(Newsletter Kleinwasserkraft) Für den zukünftigen Besitzer eines Kleinwasserkraftwerkes ist es wichtig, dass die Stromproduktion jene aus den vorbereitenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen erreicht, ja sogar übertrifft. Welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um die technischen und finanziellen Risiken zu reduzieren? Machbarkeitsstudien und Ausschreibungsunterlagen helfen weiter.


Die Ausschreibungsunterlagen (oder das Pflichtenheft) für die elektromechanische Ausrüstung (d.h. im allgemeinen Turbine, Generator, Absperrklappen und Steuerung) sind doppelt nützlich: Einerseits kann sich der Lieferant auf Basis dieser Unterlagen ein Bild des Projektes machen, um eine passende Offerte zu erstellen. Andererseits stellt das Pflichtenheft zusammen mit der Offerte den Vertrag zwischen dem Besitzer der zukünftigen Anlage und dem Lieferanten dar. Aus diesem Grund sollen diese Dokumente aussagekräftig, vollständig und auf das Projekt angepasst sein und als Absicherung für die zukünftige Leistung der Maschine betrachtet werden. Im Folgenden ist in einer Übersicht dargestellt, welche Punkte ein Pflichtenheft enthalten soll.

Anforderungen an Pflichtenheft
In erster Linie muss das Pflichtenheft Garantien für die Wirkungsgrade von Turbine und Generator einfordern. Es ist darauf zu achten dass die Darstellung der Variation dieser Wirkungsgrade verlangt wird, und zwar für die Turbine in Abhängigkeit von Durchfluss und Nettofallhöhe und beim Generator in Abhängigkeit von der Last (durch Angabe des Leistungsfaktors). Auch kann eine Erklärung zur Herkunft dieser garantierten Wirkungsgrade eingefordert werden. Konsequenterweise wird der Bauherr verlangen, an entsprechenden Leistungsmessungen in der Werkstatt des Lieferanten teilzunehmen. Zusätzlich müssen am Standort selbst die elektrische Leistung bei unterschiedlichen Durchflüssen und NettoFallhöhen gemessen werden. Im Falle der Nichteinhaltung der angekündigten Leistungen können Strafzahlungen angewandt werden, welche in den Ausschreibungsunterlagen definiert sind.

Strukturelle Berechnungen
Das Pflichtenheft kann verlangen, dass für die Maschinengruppe strukturelle Berechnungen durchgeführt werden, um mögliche Auslegungsfehler vor der Produktion der Turbine und vor der Auslieferung des Generators offenzulegen. Es können Berechnungen der gesamten Wellenanordnung durchgeführt werden, um deren Verhalten bei Biegung und Torsion zu bestimmen. Zur Vermeidung von Schadenrisiken gilt zum Beispiel das Grundprinzip, die Gruppe so auszulegen, dass die erste torsionskritische Drehzahl der Antriebswelle mindestens 10 bis 15% über der maximalen Durchgangszahl der Gruppe liegt. Bei einer Peltonturbine kann der Widerstand in der Schaufel und beim Verteiler auch mittels der Finite-Elemente-Methode geprüft werden.

Im Pflichtenheft kann auch verlangt werden, dass der Lieferant einen Satz Zeichnungen der Turbine zur Verfügung stellt. Diese Unterlagen erlauben eine Überprüfung des (Turbinen) Konzepts noch vor dem Bau der Maschine, die Sicherstellung, dass die Maschine mit den Plänen übereinstimmt und dass eine angemessene Instandhaltung realisiert werden kann (z.B. beim Einbau eines Ersatzteils). Erwähnenswert ist, dass Büros heutzutage Hilfsmittel zur 3D-Konzeptionierung von Turbinen entwickelt haben, was eine entsprechende Reduktion der Kosten und der erforderlichen Zeit zur Erstellung von Zeichnungen ermöglicht.

Durchführung von Tests
Das Pflichtenheft kann auch die Durchführung von Tests in der Werkstatt und am Projektstandort verlangen. Diese sind nicht kostenaufwendig. Eine einfache Sichtprüfung in der Werkstatt erlaubt bereits, eine Menge über die neue Ausrüstung zu erfahren (sorgfältige Lagerung von Teilen, Oberflächenqualität von Radschaufeln...). Eine Druckbeaufschlagung des 1,5-fachen des Nenndrucks des Projektes ist ein einfacher Test, der es erlaubt, Undichtigkeiten schnell zu identifizieren. Vor Ort sollte darauf geachtet werden, dass der Lieferant zum Beispiel sicherheitsrele¬vante Prüfungen wiederholt.

Neben den oben genannten Punkten können die Ausschreibungsunterlagen auch Vorgaben zum Kühlkonzept des Generators, zur Ausbildung des Personals, zu Betriebs- und Wartungsanleitungen, Sicherheitseinrichtungen (Strahlablenker, Absperrschieber, Vibrationsmessung, ...), Ersatzteile, After-Sales-Service, oder Lärm beinhalten.

Klärung der Verantwortlichkeiten
Es ist wichtig, dass das Pflichtenheft nicht nur dem Besitzer des Kraftwerks dient. Es hilft auch der Klärung der Verantwortlichkeiten des Lieferanten und der Minimierung von zukünftigen Risiken. Immer noch werden viel weniger hohe Anforderungen an die Kleinwasserkraft gestellt als dies bei der Grosswasserkraft der Fall ist. Natürlich sind weniger finanzielle Mittel erforderlich, das technische und wirtschaftliche Risiko ist jedoch nicht weniger wichtig als bei der grossen Anlagen.

©Text: Newsletter Kleinwasserkraftwerke (KWK), Programm Kleinwasserkraft

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