Zwar ist der Erdölpreis in den letzten Monaten stark eingebrochen, aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass wir bald nicht mehr ausreichend Erdöl werden fördern können, um den Bedarf der Menschheit zu decken.

ASPO: Die schwindende Energierendite von Erdöl

(ASPO/FC) Die ersten Erdölbohrungen in Pennsylvania vor gut 150 Jahren, die das Erdölzeitalter einläuteten, waren sehr einfach: Ein kleines Loch wurde gebohrt und das an dieser Stelle gefangene Erdöl spritzte heraus. Doch leicht förderbare Erdöllager sind längst erschöpft. Wir bohren bereits über fünf Kilometer unter dem Meeresboden liegende Erdölfelder an. Hoch komplexe Bohranlagen verteuern die Bereitstellung von Erdöl wesentlich.

Wovon wenig gesprochen wird: Es ist nicht nur der Preis des Erdöls, der angestiegen ist. Die Förderung von Erdöl verschlingt auch viel mehr Energie. Setzt man die Anzahl Fässer Erdöl, die man aus einer Quelle gewinnen kann, ins Verhältnis zur Energiemenge, die man für ihre Förderung aufwenden muss, erhält man die Energierendite. In Pennsylvania lag die Energierendite beim Erdöl 1930 bei circa 100, was heisst, dass für die Förderung von 100 Fass Erdöl ein Fass Erdöl verbrannt werden musste. Heute liegt die durchschnittliche Energierendite beim konventionellen Erdöl noch bei circa 20. Es muss somit im Durchschnitt fünfmal mehr Energie für die Erdölförderung aufgewendet werden. Allerdings liegt die Energierendite bei den zuletzt erschlossenen Erdölfeldern nur noch bei 5.

Was die ausgewiesenen Reserven verschweigen
Grosse Erdölfelder liefern Erdöl während vieler Jahre. Somit sind heute noch Erdölfelder im Einsatz, die bereits vor Jahrzehnten erschlossen wurden, zu einem Zeitpunkt also, als die Energierendite noch viel höher lag als heute. Es ist aber eine Tatsache, dass die Energierendite beim Erdöl rapide abnimmt. Die am leichtesten zugänglichen Felder wurden zuerst angebohrt und sind schon lange erschöpft. Die noch nicht erschlossenen bekannten Reserven sind ohne Ausnahme viel schwerer zugänglich und zeichnen sich darum durch eine viel niedrigere Energierendite aus.

Es wird viel über die noch verbleibenden ausgewiesenen Reserven geschrieben. Da diese bei Weitem nicht ausreichen, um unseren unstillbaren Erdöldurst zu löschen, werden die fehlenden Mengen an Erdöl von den Erdölfirmen grosszügig durch „noch zu findende“ Reserven abgedeckt. Bei dieser Betrachtung fehlt aber immer der Einbezug der Energierendite. Wenn ein Erdölfeld so schwer zugänglich ist, dass dessen Energierendite unter 1 liegt, wird es nie, d.h. zu keinem Preis, erschlossen werden können. Tatsächlich liegt die Rentabilitätsgrenze sogar deutlich höher als 1, da bei der Berechnung der Energierendite nur die Energie berücksichtigt wird, die zur Erstellung des Bohrlochs und zur Verarbeitung (Raffinierung) des gewonnenen Erdöls aufgewendet wird. Nicht berücksichtigt wird die zusätzliche Energie, die benötigt wird, um z.B. Strassen zum Bohrloch zu erstellen, um die Flotte an Fahrzeugen zu bauen, die für den Abtransport des Erdöls benötigt werden, etc.

Unkonventionelles Erdöl

Hat unkonventionelles Erdöl, wie zum Beispiel das seit 2008 in den Vereinigten Staaten in grossen Mengen geförderte Schieferöl, unsere Energiezukunft verändert? Was ist überhaupt unkonventionelles Erdöl? Erdöl entsteht, wenn organisches (pflanzliches) Material durch Erdumwälzungen tief unter den Boden gerät, wo es hohem Druck und hoher Temperatur ausgesetzt ist. Erdöl entsteht zunächst in kleinen Tröpfchen. Wenn sich dieses Erdöl in einer öldurchlässigen Schicht befindet, wird es, wie die Zahnpasta aus der Tube, nach oben gepresst. Das Erdöl fliesst also in Richtung des abnehmenden Drucks. Wenn sich nun über der erdöldurchlässigen Schicht eine erdölundurchlässige Schicht befindet, bildet sich an der Grenze der beiden Schichten mit der Zeit (über Jahrtausende hinweg) ein See von Erdöl. Dies ist das konventionelle Erdöl, das bisher ausgebeutet wurde.

Wenn sich die Erdöltropfen jedoch in einer erdölundurchlässigen Schicht befinden, bleibt das Erdöl in der Form kleinster Mengen dort liegen. Dies ist das unkonventionelle Erdöl, wie zum Beispiel das Schieferöl, das seit wenigen Jahren gefördert wird. Die auf natürliche Weise erfolgte Verdichtung beim konventionellen Erdöl trägt aber ganz wesentlich zu dessen hoher Energierendite bei. Die Rendite beim Schieferöl dagegen ist so schlecht, dass sie bei einzelnen Bohrungen gerade mal bei 3 liegt. Zwar weisen einzelne Bohrlöcher eine höhere Energierendite von bis zu 5 auf, der Durchschnitt ist aber bereits heute bei circa 3. Auch beim unkonventionellen Erdöl sinkt die Energierendite mit der Zeit und, da jede Bohrung nur über kurze Zeit hinweg Öl liefert, sogar deutlich schneller als beim konventionellen Erdöl. Dies hat Folgen: Heute kann bei einem genügend hohen Erdölpreis und „milden“ Umweltschutzbestimmungen (Massnahmen zum Umweltschutz verschlingen zusätzlich Energie) Schieferöl mit Gewinn abgebaut werden. Weil die Energierendite aber sehr schnell absinkt, wird dies nur für eine kurze Zeit (wenige Jahre!) möglich sein. So wurden bereits 2014 die ausgewiesenen förderbaren Erdölreserven beim amerikanischen Schieferöl um über 60% reduziert, da die bekannten grossen Vorkommen im Becken von Kalifornien nicht mit einer ausreichend hohen Energierendite gefördert werden können. Die erdölführende Schicht liegt dort nicht flach sondern ist zerklüftet, so dass mit jeder Bohrung immer nur ein kurzer Bereich der erdölführenden Schicht angebohrt werden kann. Dies reduziert die Energierendite zu einem Wert, der unter der Rentabilitätsgrenze liegt.

Zwar ist der Erdölpreis in den letzten Monaten stark eingebrochen, aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass wir bald nicht mehr ausreichend Erdöl werden fördern können, um den Bedarf der Menschheit zu decken. Der Erdölpreis wird durch das Verhältnis vom momentanen Angebot zur momentanen Nachfrage bestimmt und ist weitgehend steuerbar. Er sagt wenig bis nichts aus über zukünftige Entwicklungen im Erdölsektor.


ASPO-Tagung nicht verpassen!
Am Samstag, den 26. September findet ASPO Tagung „Erdölkonflikte? Internationale Spannungen in Zeiten von Peak Oil“ in Bern statt. Der Anlass ist gratis.

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Text: Prof. em. Dr. François Cellier, Vorstandsmitglied der ASPO

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