Ihre grosse Hoffnung, so Verwaltungsratspräsidentin Dr. Suzanne Thoma von der BKW sei, dass CO2 wieder teurer werde. ©Bild: InfraWatt

Matthias Gysler vom Bundesamt für Energie erläuterte an der Fachtagung, dass in der Energiestrategie 2050 die erneuerbaren Energien und insbesondere Solar- und Windenergie einen wesentlichen Anteil am Stromverbrauch abdecken sollen. ©Bild: InfraWatt

Immer wieder kam an der InfraWatt-Tagung die Diskussion auf die Kohlekraftwerke zu sprechen, die global einen enormen CO2-Ausstoss verursachen. ©Bild: InfraWatt

InfraWatt: Wasserversorgungen und Kläranlagen als Batterien

(PM) Wohl kaum jemand hat bis vor kurzem vorausgesehen, dass Solar-, Wind- oder Kohlestrom aus dem Ausland den Schweizer Markt zumindest zeitweise zu derart günstigen Preisen und in derart ungeahnten Mengen überschwemmen könnte. In diesen Momenten wäre nützlich, wir könnten hierzulande die Produktionsanlagen drosseln und grosse Stromverbraucher genau während diesen Zeitfenstern einschalten. Diese Möglichkeiten werden nun an mehreren Infrastrukturanlagen mit dem Leuchtturmprojekt "Regelpooling" untersucht.


Zwischenergebnisse wurden an der Fachtagung von InfraWatt am 17.6.2015 an der Suisse Public vorgestellt. Die ersten Anlagen gehen nun in den Praxistest.

Leuchtturmprojekt Regelpooling
Das Leuchtturmprojekt vom Verein InfraWatt, Ryser Ingenieure und Alpiq, das vom Bundesamt für Energie unterstützt wird, hat bereits acht Partner für Fallbeispiele aus der ganzen Schweiz gefunden: Vom Bodensee (Arbon) bis Lac Léman (Lausanne), von Basel (Reinach) bis Lugano. An der Kläranlage Morgental in Arbon untersuchten die Spezialisten von den Ryser Ingenieuren und Alpiq detailliert, welche Installationen wann und wie lange abgeschaltet und später wieder zugeschaltet werden könnten, ohne den Kläranlagenbetrieb zu tangieren. Die Analyse zeigte, dass die Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme aus dem anfallenden Klärgas produzieren, dazu bestens geeignet sind. Bis zu 500 kW können hier quasi per Knopfdruck oder genauer gesagt automatisch über die Steuerung dann in Betrieb genommen werden, wenn in der Schweiz Bedarf nach mehr Energie besteht, oder umgekehrt. Das gleiche gilt für den Wasserverbund Region Bern. Dort sind es die grossen Pumpen, die gemäss dem Geschäftsführer Bernhard Gyger problemlos etwas früher oder später zugeschaltet werden können, ohne dass damit auch nur ein Tropfen weniger Trinkwasser in die Stadt Bern und Umgebung fliesst. Dort sind es sogar 680 kW Leistung.

Batterie zum Nulltarif
Gyger bezeichnet seine Wasserversorgung als eine Batterie, die keine zusätzlichen Investitionen benötigt. Tatsächlich müssen bei den beiden Pilotanlagen keine neuen Installationen vorgenommen werden, die Pumpen und Reservoire sind bei den Wasserversorgungen bereits vorhanden und auch die Blockheizkraftwerke auf den Kläranlagen. Was es braucht ist eine fachkompetente Analyse der Bedürfnisse dieser wichtigen Ver- und Entsorgungsbetriebe, diese haben immer höchste Priorität. Nur die Steuerung muss angepasst und die Verbindung zum Regelpooler hergestellt werden. Dadurch kann automatisch Regelenergie von den einzelnen Anlagen, die im Pool eingegliedert sind, angefragt werden. Noch ist es nicht ganz so weit, aber bereits in den nächsten Wochen soll bei diesen zwei Anlagen getestet werden, ob dies auch in der Praxis funktioniert. Bei einer Bedarfsmeldung von Swissgrid wird dann über das koordinierte Regelpooling von diesen zwei Anlagen ein Beitrag zum Lastausgleich des nationalen Stromnetzes geleistet. Thomas Stadler vom Regelpooler Alpiq ist überzeugt, dass das Ziel des Leuchtturmprojektes Systemdienstleistungen von 5 MW anzubieten, bis im nächsten Jahr erreicht werden kann. Später sollen weitere, auch kleinere Kläranlagen oder Wasserversorgungen aus der ganzen Schweiz dazu kommen.

Bedeutung von Lastausgleich nimmt zu
Matthias Gysler vom Bundesamt für Energie erläuterte an der Fachtagung, dass in der Energiestrategie 2050 die erneuerbaren Energien und insbesondere Solar- und Windenergie einen wesentlichen Anteil am Stromverbrauch abdecken sollen. Da diese nicht immer dann produzieren, wenn der Strombedarf hoch ist, braucht es eben eine Lastverschiebung von möglichst vielen Anlagen und Objekten. Das bedeutet, dass Regelpooling immer wichtiger wird. Thomas Fischer vom Elektrizitätswerk des Kantons Schaffhausen erläuterte auf Frage von Tagungsleiter Peter Wiederkehr vom ERZ, dass die Schweiz von Deutschland vor allem lernen könne, dass der Bewilligungsprozess von Windanlagen einfacher und schneller möglich ist als bei uns, was den Zubau von erneuerbaren Energien beschleunigen würde. Fischer muss es wissen, denn EKS plant eine Windkraftanlage auf Schweizer Boden und ein zweite auf der anderen Seite der Grenze auf deutschem Boden, wo die EKS auch Stromversorger ist.

Reduktion von Kohlestrom - CO2 muss teurer werden.
Immer wieder kam an der InfraWatt-Tagung die Diskussion auf die Kohlekraftwerke zu sprechen, die global einen enormen CO2-Ausstoss verursachen. Erschrecken ist, dass dieser umweltbelastende Kohlestrom weltweit sogar noch subventioniert wird (mit unglaublichen 3% der Wirtschaftsleistung). Dadurch ist Kohlestrom so billig und eine ständige Konkurrenz von erneuerbaren Energien. Ihre grosse Hoffnung, so Verwaltungsratspräsidentin Dr. Suzanne Thoma von der BKW sei, dass CO2 wieder teurer werde. Dann wird auch der Schweizer Wasserstrom wieder konkurrenzfähiger und die Stromversorgung dank Regelpooling flexibler und sicherer.

Text: InfraWatt

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