Die SI Group-Switzerland GmbH in Pratteln produziert chemische Zwischenprodukte. ©Bild: EnAW

Armaturenkästen und Leitungen werden schrittweise im ganzen Betrieb isoliert. ©Bild: EnAW

EnAW: SI Group blickt in energieeffiziente Zukunft

(PM) Der Chemiehersteller SI Group-Switzerland GmbH spart viel und gewinnt noch mehr. Zusammen mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren selbst analysiert, Massnahmen umgesetzt und die Energiebilanz erheblich verbessert. Seit 2009 konnte das Unternehmen so seinen Stromverbrauch um 30 Prozent reduzieren.


Technische Kunststoffe stecken in Autoarmaturen, Stossstangen, Sporthelmen und natürlich in Smartphones. Hergestellt werden diese Produkte unter anderem mit Einsatz von chemischen Zwischenprodukten von der SI Group in Pratteln. Das Unternehmen mit Hauptsitz in den USA ist weltweit führend in dieser Sparte und beschäftigt etwa 140 Mitarbeitende am Standort in Pratteln. Die Schweizer Niederlassung ist ein bedeutender Produktionsstandort der internationalen SI Group.

Austausch in der Chemiegruppe
Die SI Group setzt schon lange aufs Energiesparen – denn es lohnt sich. Nicht nur politischer Rahmenbedingungen wegen, sondern vor allem finanziellen Anreizen wegen: Denn wer Energie spart, spart auch Geld. «Unsere Firma investiert gerne in Nachhaltigkeit, vor allem solange es sich in diesen Massen rentiert», bestätigt Qualitäts- und Umweltbeauftragter Michael Oertlin. Seit den Anfängen ist das Unternehmen bei der EnAW mit dabei. Die SI Group ist Teilnehmerin der Energie-Modell-Gruppe «Chemie EHS», zu der alle grossen Betriebe im Chemie- und Pharmabereich gehören. Bei den regelmässigen Treffen werden Themen rund um Technologie, Politik und Gesetzgebung behandelt. Dabei soll genügend Zeit für den Dialog mit den Unternehmen bleiben, was auch Oertlin schätzt: «Neben den Infoveranstaltungen können wir bei den Treffen immer auch unsere Standpunkte aus Sicht der Unternehmen einbringen.» Bei 19 Mitgliedern komme einiges an Know-how und Erfahrung zusammen, meint Oliver Luder, EnAW-Moderator und Leiter der Energie-Modell-Gruppe. Er beobachtet einen besonders offenen und konstruktiven Austausch unter den Mitgliedern der Gruppe.

Weniger Energie verdampfen
Oertlin und seine Kolleginnen und Kollegen haben sich während der letzten Zielvereinbarungsperiode angestrengt und laufend neue Energiesparmassnahmen umgesetzt. Die chemischen Produkte der SI Group werden durch energieaufwändige, thermische Verfahren hergestellt. Dafür wird Wärmeträgeröl auf bis zu 300 Grad Celsius erhitzt. Damit die Produkte in den Leitungen oder Tanks nicht kristallisieren, werden diese ausserdem mit heissem Wasserdampf warm gehalten. Für diese Prozesse fällt ein Grossteil der Energiekosten an. Nach einer eingehenden Analyse der Energieflüsse setzte die SI Group ab 2010 deshalb verstärkt auf die Optimierung von Massnahmen zur Wärmerückgewinnung. So wurde zum Beispiel ein neues Verbrauchernetz am Ende der Destillationsreihen aufgebaut, damit der durch die Abwärme entstehende Dampf nun noch effizienter genutzt werden kann. Allein diese Investition hatte sich bereits nach wenigen Jahren wieder ausbezahlt, wie viele von der SI Group getätigten Investitionen. Die Ingenieure haben unter anderem Druckverhältnisse optimiert, weitere Messsysteme eingebaut und zu grosse Pumpen in den Verbrauchern durch kleinere ersetzt. Sogar die benachbarte Aqua Basilea profitiert vom Wärmeüberschuss des Chemieherstellers: Seit 2010 werden die Becken der nahegelegenen Badelandschaft teilweise mit Abwärme aus der Produktion der SI Group beheizt.

Optimistisch in die Zukunft
Die SI Group konzentriert sich auf ihre eigene Wirtschaftlichkeit. Mithilfe rentabler Investitionen konnte das Unternehmen seinen Stromverbrauch im Vergleich zu 2009 um circa 30 Prozent reduzieren. Bei der gesamten Energie spart man nun jährlich mindestens 26‘000 Megawattstunden ein. Auch wenn es schwieriger werde, Verbesserungspotenzial sei nach wie vor genug vorhanden, sagt David Buser, Engineering-Leiter der SI Group. Ziel bis 2022 ist das Einsparen weiterer 8‘700 Megawattstunden pro Jahr – so steht es in der aktuellen Zielvereinbarung. Für Buser ambitiös, aber durchaus machbar: «Im Moment investieren wir viel Geld in neue Messtechniken». So können die Energieflüsse transparent gemacht und mit weiteren Massnahmen umso gezielter reduziert werden. Dabei wird der Betrieb weiterhin eng mit der EnAW zusammenarbeiten. Oertlin schätzt die fachlichen Inputs und Informationen zu gesetzlichen Rahmenbedingungen, welche er von der EnAW aus erster Hand und vorzüglich aufbereitet bekomme. Er kann sich keine realistische Alternative zur EnAW vorstellen. Natürlich koste die Teilnahme etwas, «aber würden wir diese Arbeit alleine machen, wäre das bestimmt viel teurer», ist Oertlin überzeugt. Ein zusätzlicher Bonus: Über die baldige Einführung des Grossverbraucherartikels im Kanton Basel-Landschaft muss sich die SI Group keine Sorgen machen. Der Kanton wird die mit der EnAW eingegangene Zielvereinbarung voraussichtlich anerkennen.


Interview mit Michael Oertlin, Qualitäts- und Umweltbeauftragter SI Group-Switzerland GmbH, und David Buser, Engineering-Leiter SI Group-Switzerland GmbH

Welche Produkte stellt die SI Group her?
Oertlin: Wir produzieren chemische Zwischenprodukte, hauptsächlich für die Kunststoffindustrie. Unsere Produkte finden sich in unzähligen Anwendungen wie zum Beispiel in Verpackungen, CDs und DVDs, in Autocockpits und Stossstangen von Autos, in Lacken, Velohelmen und Sportschuhen. Unsere Produkte stellen wir hauptsächlich für den internationalen Markt her.

Welchen Stellenwert hat Energiesparen in Ihrem Betrieb?
Oertlin: Unsere Firmenleitung zeigt sich sehr kooperativ, was die Umsetzung der Energiesparmassnahmen betrifft. Solange es sich für uns auch finanziell lohnt – mit wirtschaftlichen Paybacks wie bisher – ist das sowieso kein Problem. Natürlich nehmen wir dabei auch unsere Verpflichtung in Sachen Nachhaltigkeit wahr.

Wo sehen Sie in Zukunft Herausforderungen für die SI Group?
Oertlin: Das hängt vor allem von der Entwicklung der Gesetze ab, im Inland genauso wie im Ausland. Zum Beispiel von der europäischen Chemikaliengesetzgebung und natürlich vom Zertifikatehandel, in den wir als eines von 55 schweizerischen Emissionshandelsunternehmen selber eingebunden sind. Der globale Wettbewerb stellt uns vor eine grosse Herausforderung – werden wir als Standort Schweiz weiter in der oberen Liga mithalten können?

Wie sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden für das Thema Energiesparen?
Oertlin: In jährlichen Schulungen bringen wir unseren Mitarbeitenden Themen rund um den Umweltschutz näher. Zum Beispiel das Konzept des ökologischen Fussabdrucks und die Situation der Schweiz. Wir informieren auch über aktuelle Umweltgesetze: Was sie für unseren Betrieb bedeuten, welche Massnahmen wir umgesetzt haben und was sie gebracht haben. Wir haben dies letztes Jahr zum ersten Mal so durchgeführt und sind auf grosses Interesse bei den Mitarbeitenden gestossen.

Welche Massnahmen werden im Moment noch umgesetzt?
Buser: Die tief hängenden Früchte sind natürlich schon weg. Es wird immer schwieriger, noch weiteres Potenzial auszuschöpfen. Je komplexer die Zusammenhänge sind, desto eher läuft man Gefahr, mit Optimierungen in die Stabilität von bestehenden Prozessen einzugreifen. Im Moment möchten wir gerne Rohstoffe aus unserer Abluft zurückgewinnen, anstatt sie wie bisher in der Abluftverbrennung als Ersatzbrennstoff zu nutzen.

Investiert Ihr Betrieb auch aus Reputationsgründen in Projekte?
Buser: Eher nicht. Es ist naheliegend, dass die wirtschaftlich rentabelsten Projekte zugleich auch die ökologisch sinnvollsten sind. Deswegen sehen wir im Moment keinen Grund, Geld und Ressourcen nur der Publicity wegen in weniger rentable Prestigeprojekte zu investieren. Bei der Fernwärmeversorgung der naheliegenden Badelandschaft gab es wiederum einen Investor. So konnte das Projekt sinnvoll umgesetzt werden.

Sehen Sie Energiesparen als Mehraufwand oder Wettbewerbsvorteil?
Buser: Beides. Es ist im Moment ein Mehraufwand, der sich lohnt. Allerdings müssen wir uns mit dem Ausland und den konzernweiten Produktionsstandorten messen. Da gilt es, sorgfältig zu beobachten, wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen im In- und Ausland weiterentwickeln.

Text: Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)

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