Nationalrätin Christa Markwalder «Der Preis soll die BKW anspornen, weiterhin dieses Optimum zu suchen. Er soll aber nicht zuletzt andere Stromproduzenten auffordern, Flüsse und Gewässer auf diese Weise zu nutzen.» ©Foto: T. Rütti

Das Wasserkraftwerk Aarberg verfügt über 2 Kaplanturbinen und weist eine installierte Leistung von 15 MW auf. Die Jahresproduktion liegt bei 86 GWh. Das Gefälle: 6 bis 10 m, die Nutzwassermenge: 190 m3/s. ©Foto: T. Rütti

Andreas Stettler, Leiter Hydraulische Kraftwerke BKW: «Die BKW wurde zur Vorreiterin in der Kraftwerkszertifizierung. Sie war die erste Stromproduzentin, die ein grösseres Wasserkraftwerk zertifizieren liess.» ©Foto: T. Rütti

Laut Konzernleitungsmitglied Hermann Ineichen soll ein guter Kompromiss zwischen Schutz und Nutzung gefunden werden, und zwar sowohl bei Renaturierungen wie auch Ausgleichsmassnahmen von Neubauten. ©Foto: T. Rütti

Franziska Schwarz, Vizedirektorin Bundesamt für Umwelt BAFU: «Es ist möglich, unterschiedliche Interessen an den Gewässern miteinander zu versöhnen. Dies stellt die Basis des neuen Gewässerschutzgesetzes dar.» ©Foto: T. Rütti

Roger Pfammatter, Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes SWV, fasste die Grussbotschaften und Kurzreferate zusammen. ©Foto: T. Rütti

Cornelia Brandes, Geschäftsleiterin Verein für umweltgerechte Elektrizität VUE: «Wer konnte seinerzeit wissen, dass der Unterschied zwischen erneuerbarem und ökologischem Strom kommunizierbar ist?» ©Foto: T. Rütti

Die Künstlerin Sonya Friedrich ging bei der Schaffung ihres Werks davon aus, dass Libellen dank vieler ökologischer Anstrengungen in der Gegend des Kraftwerks wieder vollends heimisch werden. ©Foto: T. Rütti

«Libellula»: Die vereinfachte Form einer Libelle, die wie eine Windfahne funktioniert und ein wahrlich filigranes, fragiles und poetisches Kunstwerk ist – ein dreidimensionales Gedicht in einer prosaischen Umgebung. ©Foto: T. Rütti

Fritz Affolter, Gemeindepräsident, sagte zum Konzept der Kernzone: «Der Baustein ‹AARlebnis› hatte die Renaturierung der Alten Aare zum Ziel… Wir Aarberger sind heute stolz auf die ‹zurückgewonnene Natur›.» ©Foto: T. Rütti

Gewässerpreis 2015: Der Spagat der BKW zwischen Schützen und Nutzen

(©TR) Gewinnerin des Gewässerpreises Schweiz 2015 ist das Energieversorgungsunternehmen BKW. Erstmals ging damit der Gewässerpreis an ein Unternehmen der Wasserkraftproduktion. Die Energieversorgerin BKW wurde am 21. Mai 2015 für «gelungene Kompromisse zwischen Nutzung und Schutz der Gewässer» beim Wasserkraftwerk Aarberg im Berner Seeland ausgezeichnet – eine Kernaussage, die sich als roter Faden durch die diversen Referate und Würdigungen der Preisverleihung zog.


Natur und Tierwelt wurde in der Vergangenheit erheblicher Schaden zugefügt. Doch für eine praktische und intelligente Wiedergutmachung gibt es noch viel Spielraum. Das wird vom BKW-Wasserkraftwerk Aarberg exemplarischen vorgemacht – eine Feststellung, auf die sich Nationalrätin Christa Markwalder anlässlich der Preisverleihung in ihrer Laudatio stützte: «Der Gewässerpreis soll die Siegerin anspornen, weiterhin das Optimum anzupeilen. Heute würdigen wir die Ausgewogenheit zwischen Nutzung und Schutz der Aare durch das Kraftwerk Aarberg», so Nationalrätin Markwalder. Der Award soll nicht zuletzt andere Stromproduzenten anspornen, unsere Flüsse und Gewässer so zu nutzen, dass sie uns Menschen und der gefährdeten Tier- und Pflanzenwelt als Erholungs- und Lebensräume erhalten bleiben», erklärte die Vizepräsidentin des Nationalrates in ihren Betrachtungen zur «Ökologisierung von Kraftwerken» und zu der von der BKW geleisteten Pionierarbeit.

4000 km Fliessgewässer aufwerten

Die Schweizer Gewässerschutzpolitik strebe den Kompromiss zwischen Schützen und Nutzen der Gewässer an, erklärte auch Franziska Schwarz. Die Vizedirektorin des Bundesamtes für Umwelt BAFU freute sich, dass der diesjährige Gewässerschutzpreis an ein Unternehmen ging, dem dieser Spagat gelungen sei. «Es ist möglich, unterschiedliche Interessen an den Gewässern miteinander zu versöhnen. Dies stellt denn auch die Basis des neuen Gewässerschutzgesetzes dar.» Pro memoria: Beschlossen wurde dieses Gesetz 2009 vor dem Hintergrund der Volksinitiative «Lebendiges Wasser», bei der es um die Renaturierung aller Schweizer Fliessgewässer ging. Als das Parlament einwilligte, innerhalb von 80 Jahren 4000 km Fliessgewässer ökologisch aufzuwerten, wurde die Initiative zurückgezogen.

Konkurrenzkampf um knappe Ressource Land
Auch daran erinnerte die BAFU-Vizedirektorin: «Das Gewässerschutzgesetz verlangt, die negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzen auf das Ökosystem zu entschärfen. Ein weiteres Anliegen: Die Bevölkerung soll durch renaturierte Flusslandschaften in den Genuss von Naherholungsgebieten kommen.» Doch die Umsetzung des politischen Auftrags stosse leider mancherorts auf Schwierigkeiten: «Als Knacknuss erweist sich oft der Konkurrenzkampf um die knappe Ressource Land. Der Gewässerpreis 2015 zeigt eindrücklich, das sich Flächen zur Aufwertung von Flusslandschaften finden lassen, wenn alle Beteiligten mitmachen.»

«
naturmade basic» oder «naturmade star»
Andreas Stettler blickte zurück aufs Jahr 2000, als die BKW das Wasserkraftwerk Aarberg vom Verein für umweltgerechte Energie VUE zertifizieren liess. Wörtlich sagte der Leiter Hydraulische Kraftwerke BKW: «Damit wurde die BKW zur Vorreiterin in der Kraftwerkszertifizierung. Sie war die erste Stromproduzentin, die ein grösseres Wasserkraftwerk zertifizieren liess. Fortan vertrieb die BKW den in Aarberg produzierte Strom unter dem entsprechenden Label – 86 GWh jährlich, was dem Stromverbrauch von 24‘000 Haushalten entspricht. Das Gütesiegel ‹naturmade basic› steht für Strom und Wärme aus 100% erneuerbaren Energiequellen. Das Gütesiegel zeichnet besonders umweltschonend produzierte Energie aus. Die BKW zeigt damit, dass sie auch ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt.»

6.15 Mio. Franken für Flora und Fauna 

BKW-Kunden, die sich für den Bezug von teurerem zertifiziertem Strom entscheiden, speisen so den BKW-Ökofonds, nämlich mit 1 Rappen pro Kilowattstunde. Mit diesem Geld werden Renaturierungen im Versorgungsgebiet finanziert. Allein 2014 wurden 839'000 Franken für 12 Projekte aufgewendet. Seit der Gründung des BKW-Ökofonds vor 15 Jahren wurden über 6.15 Mio. Franken in die heimische Flora und Fauna investiert. «Im Laufe der 15 Jahren wurde das in Aarberg erprobte Modell weiter ausgedehnt: Lag der Fokus anfänglich auf dem Raum Aarberg, kamen allmählich das Mittelland, das Berner Oberland, der Berner Jura und das Emmental hinzu», so Andreas Stettler.

Für wenig Geld nachhaltiges Projekt realisiert

Fritz Affolter umschrieb das Renaturierungsprojekte mit folgendem Statement: «1999 startete der Gemeinderat eine Konzept zur attraktiven Gestaltung der Kernzone. Der Baustein ‹AARlebnis› hatte die Renaturierung der Alten Aare zum Ziel… Wir Aarberger sind heute stolz auf die ‹zurückgewonnene Natur›.» Laut dem Gemeindepräsidenten bieten die unterschiedlichen Zonen, die entlang der Alten Aare geschaffen wurden, allen etwas: den Menschen wie auch den Tieren und der Pflanzenwelt. Endlich gebe es hier wieder Flachwasserzonen für Kleingetier, Laichplätze für Fische, Teiche für Amphibien, Ruhezonen für die Natur sowie öffentliche Zonen für die Bevölkerung. «Für wenig Geld konnte die Gemeinde ein nachhaltiges Projekt für Generationen realisieren, das ohne Unterstützung von Bund, Kanton und insbesondere dem BKW-Ökofonds niemals zustande gekommen wäre», zitieren wir den Gemeindepräsidenten.

Ökologischen Mehrwert verkaufen

Explizit auf Sicht des Vereins für umweltgerechte Elektrizität VUE wurde «die Pionierarbeit der BKW» auch von Cornelia Brandes gewürdigt, und dies gleich in doppelter Hinsicht: «Das Kraftwerk Aarberg war nicht nur das erste grosse Wasserkraftwerk in der Schweiz, das unter dem Label ‹naturmade star› zertifiziert wurde. Die BKW Energie AG als Besitzerin hat auch ganz wesentlich dazu beigetragen, dass es den VUE überhaupt gibt», so die VUE-Geschäftsleiterin. Allein schon die Vereinsgründung sei eine Pioniertat gewesen: «Wer konnte denn schon garantieren, dass sich am Markt ein ökologischer Mehrwert verkaufen lässt? Wer hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass der Unterschied zwischen erneuerbarem und ökologischem Strom aus Wasserkraft der Kundschaft überhaupt kommunizierbar ist?»

Höchste Auszeichnung
Ausgezeichnet wurde also das erste Laufkraftwerk der Schweiz, das die höchste Öko-Zertifizierung erlangt hatte. «Diese in der Schweiz höchste Auszeichnung für erneuerbare Energie bezeugt, dass das Kraftwerk Aarberg besonders ökologisch produzierten Strom bereitstellt. Die BKW hat mit diesem Kraftwerk einen Massstab gesetzt für eine zukunftsträchtige Wasserkraftproduktion, die mit Rücksicht auf die Natur wirtschaftet. Zahlreiche ökologische Aufwertungen rund um das Flusskraftwerk bieten wasserliebenden Tieren und Pflanzen den benötigten Lebensraum»: So fasste Roger Pfammatter die diversen Grussbotschaften und Kurzreferate zusammen, die den Gästen im Aarberger «Kronensaal» sowie auf dem Areal des BKW-Wasserkraftwerks geboten wurden. Der Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes SWV moderierte den festlichen Anlass in Aarberg.

8. Gewässerpreis
Verliehen wird der Gewässerpreis alle zwei Jahre von Pro Natura, vom Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband SWV, vom Verein für Ingenieurbiologie VIB und vom Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA. Bei den vorangehenden Verleihungen ging der Award an den Kanton Genf (2001), die Stadt Zürich (2003), den Kanton Graubünden und die Gemeinde Samedan (2005), die Kantone Basel Stadt und Baselland (2007), den Kanton Bern (2009), an die Stiftung Bolle di Magadino und den Kanton Tessin (2011) sowie an den Pionier der ingenieurbiologischen Bauweise an Gewässern, Bernard Lachat (2013). Im Sonderheft «Gewässerpreis Schweiz 2015» spricht Pro Natura von einer ganz speziellen Leistung: «Die BKW hat in Aarberg ein Optimum erreicht zwischen einer aussergewöhnlichen Biodiversität und den reichen Leistungen, die das dortige Ökosystem bietet: Von der einstigen Pracht und der pulsierenden Biodiversität an und in unseren Flüssen ist nur wenig geblieben. Das ist nicht allein der Wasserkraft geschuldet, sondern auch früheren Konzepten des Hochwasserschutzes und der Ausweitung von Landwirtschaft und Sieglungstätigkeit in die Gewässerräume.» Wichtige Ökosystemleistungen unserer Gewässer seien deshalb vielerorts stark reduziert oder regional ganz ausgefallen.

«
Libellula», ein dreidimensionales Gedicht
Für die diesjährige Auflage schuf Sonya Friedrich die Skulptur «Libellula». Die Künstlerin ging davon aus, dass Libellen dank ökologischer Anstrengungen in der Umgebung des Kraftwerks Aarberg wieder vollends heimisch werden. Letztlich ausschlaggebend war ihre Faszination für die schillernde Transparenz von Libellenflügeln. Für den Kunstkritiker Peter Killer stellt «Libellula» die vereinfachte Form einer Libelle dar, die wie eine Windfahne funktioniere und ein wahrlich filigranes, fragiles und poetisches Kunstwerk sei, gewissermassen ein dreidimensionales Gedicht in einer prosaischen Umgebung. Auch BKW-Konzernleitungsmitglied Hermann Ineichen würdigte das Schaffen der selbständigen Künstlerin Sonya Friedrich, deren Atelier sich in Solothurn, also ebenfalls Aare-nah, befindet.

Daten des Wasserkraftwerks zwischen Bern und Bielersee

  • 2 Kaplanturbinen
  • Installierte Leistung: 15 MW
  • Mittlere Jahresproduktion: 86 GWh
  • Gefälle des Aarewassers: 6 bis 10 m
  • Nutzwassermenge: 190 m3/s
  • Erbaut zwischen 1963 und 1968.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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