V.l.n.r. Marianne Zünd, Kommunikation BFE, Dieter Maurer (Verein swissmig) und René Soland, VSE-Vertreter in der Arbeitsgruppe Smart Grid Roadmap. Sie stellten sich den Journalistenfragen. ©Foto: T. Rütti

Matthias Galus (stehend), Fachspezialist Smart Grid (BFE) und Dr. Oliver Krone, Leiter Smart Grid Engineering, BKW Energie AG. Sie präsentierten Daten und Fakten zu Smart Grid. ©Foto: T. Rütti

Smart Grid: Wegleitung für intelligente Netze

(© TR) Das BFE veröffentlichte im März die «Smart Grid Roadmap» (siehe ee-news.ch vom 27.3.15 >>). Sie bildet gewissermassen eine Wegleitung zur künftigen Verbreitung von intelligenten Netzen. Die verstärkte Integration von erneuerbaren Energien, die Integration von dezentralen Erzeugungsstrukturen eine ein kosteneffizienter Um- und Ausbau der Stromnetze sind die eigentlichen Smart-Grid-Eckpfeiler.


Die vorliegende Smart Grid Roadmap soll in der Schweiz ein einheitliches Verständnis von Smart Grids schaffen und als Wegleitung der Weiterentwicklung von intelligenten Netzen dienen. Die Netze bestehen zwar nach wie vor aus Kupfer und Stahl, doch sie beinhalten künftig eine Vielzahl von Steuerungen und Optimierungen, die langfristig den Bedarf an neuen konventionellen Netzinfrastrukturen reduzieren und so zu Kosteneinsparungen beitragen sollen. Beliebt gemacht wurde das Smart Grid-Projekt den Medien von ausgewiesenen Spezialisten der Branche.

Klare Aufgaben- und Rollenverteilung 

René Soland, VSE-Vertreter in der Arbeitsgruppe Smart Grid Roadmap, stellte die Smart Grid Roadmap in den Zusammenhang mit den Energiezielen 2050 des Bundesrats. Was die generellen Erwartungen an Smart Grid anbelangt, nannte er unter anderem die Integration von erneuerbaren Energien sowie die Integration von dezentralen Erzeugungsstrukturen, aber auch ein kosteneffizienter Um- und Ausbau der Stromnetze. "Was es braucht, sind eine klare Kostenreglung und eine klare Aufgaben- und Rollenverteilung. Desgleichen unabdingbar sind klare Rahmenbedinungen für den Datenschutz sowie eine hohe Kompatibilität bei den technischen Entwicklungen."


Kosten- und Verbrauchseffizienz
Dr. Matthias Galus, Stv. Leiter Netze beim BFE, widmete sich in seinen Ausführungen der Zukunft der Schweizer Elektrizitätswerke und den damit einhergehenden Herausforderungen wie Netzkapazität und Netzrückwirkungen, Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch, Erd- und Kurzschlüsse und der Schutz davor, Sicherheitsfragen bei Datenaufnahme und Datenmanagement sowie die Erhöhung der Energieeffizient. "Smart-Metering-Systeme sind nicht zuletzt insofern sinnvoll, als sie dem Endkunden Kosteneffizienz bieten und erhebliche Stromeinsparungen ermöglichen." 

Herausforderung Standardisierung

Dr. Oliver Krone, Leiter Smart Grid Engineering/BKW Energie AG, ist davon überzeugt, dass mit der Energiewende auch eine massiver Kostenzunahme zu erwarten ist. "Smart Grid kann aber die Mehrkosten gemäss einer BFE-Studie um ca. die Hälfte reduzieren." Die BKW wende Smart Grid bereits mit Erfolg an, sagte Oliver Krone und belegte dies anhand einer Photovoltaikanlage in der Gemeinde Boll im Kanton Bern. In der Standardisierung der neuen technologischen Lösungen sieht Oliver Krone "eine grosse Herausforderung".

swissmig Fachtagungen

Dieter Maurer machte die Medienvertreter mit dem Verein Smart Grid Industrie Schweiz vertraut: swissmig ist eine  Organisation, die sich ausschliesslich mit den Belangen von zukunftsweisenden Technologien im Bereich Metering und Smart Grid befasst, zum Beispiel mit der Sicherstellung der Verfügbarkeit von Systemen und Daten; zum gesamten Themenspektrum veranstaltet swissmig übrigens Fachtagungen, die jeweils auf der Vereinshomepage angekündigt werden.

Weiterentwicklungen und Kostenreduktionen

Auf einen Nenner gebracht hielten die Redner fest, dass die Smart Grid Roadmap Funktionalitäten zukünftiger Netze definiert und Basisfunktionalitäten festlegt. Diverse technische Lösungen sind heute offenbar schon verfügbar; in nächster Zeit sind jedoch entscheidende Weiterentwicklungen und Kostenreduktionen zu erwarten. Noch fällt zum heutigen Zeitpunkt die Anwendung der zur Verfügung stehenden Technologien relativ bescheiden aus, zum Teil auch weil bis dato der technische Bedarf nicht in dem Masse gegeben war. Dies soll sich jedoch ändern... Skizziert wurde eine Vision, wie jenen Herausforderungen effizient zu begegnen ist, mit denen die Stromnetze zusehends stärker konfrontiert werden. Ein marktbasiertes Interagieren der einzelnen Akteure soll fortan sicherstellen, dass Stromproduktion und -verbrauch stets im Gleichgewicht bleiben. Selektive Eingriffe von Seiten der Netze sollen für einen sicheren Netzbetrieb sorgen. Leitungen und Transformatoren sollen optimal ausgelastet und trotz aller Aktivitäten von Verbrauchern, Speichern, Elektromobilen, Gebäuden und Produktion nie überlastet werden.

Virtuelle Kraftwerke

Verteilnetze «kommunizieren» mit den Übertragungsnetzen und tauschen gegenseitig ihre «Bedürfnisse» aus. Zudem: Virtuelle Kraftwerke verbinden viele kleine, dezentrale Produktionseinheiten und gleichen wie von Geisterhand betrieben Schwankungen der erneuerbaren Energiequellen aus. Die Informations- und Kommunikationstechnik bei Netz, Produktion und bei Verbrauchern sowie die Daten der Endkunden sollen vor Missbrauch und Angriffen schützen. Was heute bereits existiert, ist eine Regulierung, welche Innovationen in den Netzen fördert, sichere Rahmenbedingungen für Investitionen schafft, langfristiges Planen unterstützt und das Wechselspiel zwischen Markt und Netz klarstellt, ist der Pressemappe zu entnehmen.

Parallelität von Bundesrecht und kantonalem Recht

Diverse technische Standards sind heute bereits verfügbar. Mittelfristig müssen jedoch vor allem hersteller- und anwenderseitig neue Standards erarbeitet werden, unter anderem wegen der sogenannten Interoperabilität. Die Arbeiten an neuen Smart Grids-Standards laufen derzeit auf europäischer und internationaler Ebene. Ebenfalls wichtig ist laut Medienorientierung eine Standardisierung bei der Datensicherheit. Auch hier wurden grenzüberschreitend und unter Einbezug der Schweiz entsprechende Arbeiten in Angriff genommen. In der Schweiz ist die Umsetzung im Bereich der Smart-Metering-Systeme angelaufen. Angestrebt werden landesweit einheitliche Anforderungen sowie ein System, das die Umsetzung dieser Standards gewährleistet. Erfreulich: In Sachen Datenschutz besteht in der Schweiz eine Parallelität von Bundesrecht und kantonalem Recht.

Effizienzanreize
könnten Smart-Grid-Lösungen vorantreiben
Innovationen auf Netzseite und entsprechende Anreize sind offenbar wichtig, um eine zunehmende Verbreitung neuer Lösungen in den Netzen zu gewährleisten. Eine finanzielle Förderung durch den Bund schafft eine gewisse Sicherheit für die Netzbetreiber. Sie sollen sich vermehrt an Forschungs- und Pilotprojekten beteiligen. Und in den eigenen Netzen Erfahrungen sammeln. Verlockende Effizienzanreize könnten die Verbreitung von Smart-Grid-Lösungen noch wesentlich vorantreiben. Angesichts der technischen Komplexität von Smart-Grid-Lösungen kann ein kapitalintensiver konventioneller Netzausbau im Moment offenbar wirtschaftlicher sein als die Einführung einer betriebskostenintensiven smart-Innovation, wurden die Medienvertreter orientiert. Es bleibe allerdings zu untersuchen, wie in der derzeitigen Kostenregulierung geeignete, technologieneutrale Anreize für Smart-Grid-Lösungen zu setzen seien. Weiter könnten im Rahmen einer angedachten Sunshine-Regulierung Anreize für Innovationen erreicht werden – sofern sie mit vertieften Kostenprüfungen verbunden sind und die Effizienz im Netzausbau fördern.

Breit abgestützten Arbeitsgruppe

Die Smart Grid Roadmap wurde während rund eines Jahres von einer breit abgestützten Arbeitsgruppe mit Sachverständigen aus Behörden, Kantonen, Gemeinden und Städten, Branchenverbänden sowie der Forschung erarbeitet. Sie zeigt wichtige Funktionalitäten zukünftiger Netze auf, nimmt technische Entwicklungen vorweg, nennt allfälligen Handlungsbedarf und analysiert innovative Lösungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Die Roadmap-Autoren thematisierten ausserdem die Rahmenbedingungen, welche die Verbreitung von Smart Grids in der Schweiz unterstützen sollen. Halten wir fest, dass Smart Grids insbesondere im Hinblick auf den Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien interessant ist, ist doch eine dezentralere, fluktuierende Stromproduktion absehbar. Dies erfordert nun mal entweder den Ausbau der herkömmlichen Netze oder aber intelligent gesteuerte Netze, eben Smart Grids.

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news.ch

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