Zentrales Ergebnis: Ein Ausfall von beispielsweise 1.400 Megawatt Leistung lässt sich um 50 Prozent reduzieren, wenn Erzeugungsanlagen nicht abschalten (=eingeschränkte dynamische Netzstützung). Grafik: VDE|FNN

VDE|FNN-Studie: Untersucht erstmals Verhalten von Anlagen in Niederspannung im Fehlerfall

(VDE) Künftige Erzeugungsanlagen in der Niederspannung sollen sich eingeschränkt dynamisch netzstützend verhalten. Das ist das Fazit einer vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) beauftragten Studie. Unter dynamischer Netzstützung ist zu verstehen, dass Erzeugungsanlagen bei sehr kurzen Spannungseinbrüchen, typischerweise für die Dauer von ca. 100 Millisekunden, am Netz bleiben.


Die Studie untersucht erstmals umfassend, welche Auswirkungen ein solcher Fehler im Übertragungsnetz im Jahr 2022 auf dezentrale Erzeugungsanlagen in der Niederspannung hätte. Durchgeführt wurde sie von Forschern der TU Delft, Niederlande.

Heute Anforderungen an künftige Anlagen definieren
Die Frage ist von hoher Relevanz, da sich die installierte Leistung von erneuerbare Energieanlagen bis 2022 um mindestens 40 Prozent erhöhen wird. Im Hinblick auf die Systemsicherheit ist daher das Verhalten dieser Erzeugungsanlagen, die an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden, bei Spannungseinbrüchen zu definieren. So zeigt die Studie, dass eine netzfehlerbedingte Abschaltung in einigen Netzregionen dann zu einem Ausfall von 30 bis 50 Prozent der momentanen Einspeisung führen kann. Im Hinblick auf die Systemsicherheit muss deshalb die Abschaltleistung von Erzeugungseinheiten bei Spannungseinbrüchen so gering wie möglich gehalten werden. Dies vor allem, um einer Systemgefahr bei witterungsbedingt mehreren kurzzeitig aufeinander folgenden Fehlern zu begegnen. Um einem solchen Szenario vorzubeugen, sind bereits heute Anforderungen an künftige Anlagen in der Niederspannung zu definieren, also vor allem Photovoltaik-, Windkraftanlagen und Blockheizkraftwerke.

Lücke geschlossen
Bisher fehlten systematische und praxisnahe Untersuchungen zum Verhalten solcher Anlagen im Fehlerfall. Diese Lücke hat die Studie des FNN jetzt geschlossen. Die Studie basiert auf einem Simulationsmodell mit 12‘500 modellierten Niederspannungsnetzen und rund 950 Modellen von Erzeugungsanlagen. Konkret zeigen die Berechnungen, dass sich beispielsweise ein simulierter Wegfall von rund 1400 MW Leistung um 50 Prozent reduzieren lässt, wenn Erzeugungsanlagen sich eingeschränkt dynamisch netzstützend verhalten. Eingeschränkte Netzstützung bedeutet, dass sich Erzeugungsanlagen bei Fehlern nicht vom Netz trennen und schnell wieder Wirkleistung einspeisen können. Im Unterschied dazu gibt es auch die vollständig dynamische Netzstützung. Hier würde die Erzeugungsanlage zusätzlich auch noch während des Fehlers aktiv Blind- und/oder Wirkstrom einspeisen, was die Werte weiter verbessert. Allerdings ergeben sich in diesem Fall neue Herausforderungen bei Netzschutzkonzepten, so dass dafür weitere Untersuchungen notwendig wären.

Erste von vier FNN-Studien
Die Studie ist die erste von insgesamt vier FNN-Studien, die zukünftige Anforderungen an Erzeugungsanlagen in Übertragungs- und Verteilnetzen identifizieren. Mit den Ergebnissen der weiteren Studien ist 2015 zu rechnen. Sie werden dann gemeinsam betrachtet und gehen perspektivisch in die Weiterentwicklung der VDE-Anwendungsregeln "Anforderungen an Erzeugungsanlagen in der Niederspannung" (VDE-AR-N 4105) ein. Eine kostenlose Kurzfassung der Studie ist auf der FNN-Webseite erhältlich: www.vde.com/fnn

Text: VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.

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