Josef Jenni steuert erstaunliche Fakten und Daten sowie Betrachtungen über Tesla und Elektrofahrzeuge bei. ©Bild: Tesla

Elektroautos: Die Autos fürs gute Gewissen

(©TR). «Wir fahren einen Tesla S, reden über Sinn und Unsinn von Elektroautos und leisten Kaufhilfe», hiess es am 4. Januar 2015 in der Radiosendung «Input». SRF-Digital-Redaktor Reto Widmer fuhr den neuen Dienstwagen von Bundesrätin Doris Leuthard, ein amerikanischer Tesla S. Eine spannende, hörenswerte Sendung über die Geschichte der Elektromobilität und deren Sonnen- und Schattenseiten.


Elektroautos sind gerade dabei, sich die verdiente und längst fällige Stammposition im Automarkt zu erobern: Von Autos mit alternativem Antrieb ist Redaktor Reto Widmer seit den 80er Jahren fasziniert; damals ging es noch um die ersten Solarmobile. Und heute? 2014 wurden in der Schweiz immerhin gut 1200 Elektroautos verkauft. Die Entwicklung geht – zu Zeit noch im Schneckentempo – klar in Richtung Fahrzeuge mit alternativem Antrieb. «Die Zukunft gehört den Elektroautos», meint Krispin Romang dazu. Allerdings seien längst nicht alle Hersteller auch dieser Meinung, beziehungsweise: Noch nicht, ergänzt der Stv. Geschäftsführer des Verbandes Swiss eMobility. Selbstverständlich gebe es aber Hersteller, die bereits auf eine entsprechende Modellpalette hinweisen könnten, zum Beispiel BMW, Nissan, VW und Smart. Dabei lohne sich ein Elektroauto in der Investition durchaus, besonders wenn man die Kosten und das mögliche Sparpotenzial auf Jahre hinaus kalkuliere und alle weiteren Faktoren in Betracht ziehe, namentlich den umweltschützerischen Aspekt.

Und erst noch bei 0 CO2-Ausstoss!

Den Tesla S bezeichnet der Radioredaktor als ein «richtiges Auto» – mit über 400 PS Leistung, von 0 auf 100 km/h in ca. 4 sec, über 200 km/h schnell, über 400 km Reichweite: Daten, die mit den früheren Alternativfahrzeugen nicht zu vergleichen sind. Und das Ganze erst noch bei null CO2-Ausstoss! Elegant ist das neue Dienstfahrzeug auch noch. Es braucht nicht einmal den Vergleich mit einem Mercedes S-Klasse oder einem BMW der Oberklasse zu scheuen! Ab CHF 80‘000 ist ein solches Elektrofahrzeug zu haben, das Modell von Bundesräting Doris Leuthard kostet jedoch über CHF 100‘000. Radioredaktor Reto Widmer gerät schon beim Einsteigen ins Schwärmen: «Bei dieser Luxuslimousine ist alles so edel und wertig, alles schön anzuschauen und es fühlt sich auch angenehm an. Zudem bietet der Tesla S enorm viel Platz.»


Damals an der «Tour de Sol»

Jetzt drängt sich ein Blick zurück in die 80er Jahre auf: Damals hiessen solche Fahrzeuge Solarmobile, die sich in einem eigenen Rennen messen konnten. Das von Sonnenenergiepionier Josef Jenni (Oberburg BE) 1985 ins Leben gerufenen Solarfahrzeugrennen «Tour de Sol» wurde für Dreiradfahrzeuge konzipiert, die sich nur mit Sonnenenergie in Bewegung setzen liessen. Spitzengeschwindigkeit: ca. 25 kmh. Zu seinen besten Zeiten hatte dieses Rennen mehr Zuschauer als eine «Tour de Suisse». Reto Widmer von SRF wollte den Unterschied am eigenen Leib erfahren und zwängte sich vor seiner Fahrt mit dem Tesla S in eine dieser engen «Seifenkisten mit Elektromotor, Bleibatterie und Solarzellen der 80er Jahre», zur Verfügung gestellt von Josef Jenni. Seine damalige Vision von alternativ angetriebenen Fahrzeugen – seinerzeit zum Teil auch als Spinnerei abgetan – sollte sich erfüllen, wenn auch nicht in jeder Hinsicht wie seinerzeit angenommen. Elektrofahrzeuge werden heute im Strassenverkehr kaum noch als etwas Utopisches wahrgenommen, sondern vielmehr wie ganz normale Limousinen. Mit dem Unterschied, dass sie unvergleichbar leiser und eben schadstofffrei fahren, was Krispin Romang vom Verband Swiss eMobility im Gespräch mit SRF nur bestätigen kann.

Bedienung über ein Touch-Screen-System

Was die Bordtechnologie anbelangt, bleiben kaum noch Wünsche offen; bedient, in Gang gesetzt und kontrolliert wird das Geschehen nicht mehr mit Hebeln, Schaltern und Knöpfen, sondern über ein Touch-Screen-System, wie man es von der Tablet-Steuerung her kennt. Gebaut werden Tesla-Fahrzeuge in Kalifornien, im Silicon Valley. Also dort, wo all die erfolgreichen High-Tech- und Internet-Firmen zu finden sind. «Die klassischen Autofirmen nahmen das Thema Elektroauto zu wenig ernst. Eine Fehleinschätzung. Tesla verkaufte im letzten Jahr in den ersten vier Monaten nach der Lancierung 149 Fahrzeuge, also annähernd so viel wie die vergleichbare Mercedes-Klasse», so der SRF-Digital-Redaktor Widmer. Damit habe Tesla die Elektrofahrzeugbranche wachgerüttelt, vergleichbar mit iPhone, welche die traditionellen Handy-Hersteller auch vor den Kopf gestossen habe mit ihren Geräten. Für den Tesla S gibt es Wartelisten.

Porsche-Kutsche mit Elektromotor

Gewusst, dass Elektroautos keine Erfindung unserer Zeit sind? Die allerersten Fahrzeuge mit Elektroantrieb gehen nämlich aufs 19. Jahrhundert zurück – eine Porsche-Kutsche mit Elektromotor läutete 1898 die neue Ära ein, die jedoch nicht von Dauer sein sollte. Jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt nicht. In seinem hörenswerten Resümee fasst Reto Widmer von SRF die Entwicklung mit all den Hochs und Tiefs bis zum heutigen Tag und Tesla S zusammen, wobei auch der Solarpionier Josef Jenni erstaunliche Fakten und Daten sowie Betrachtungen beisteuert. Am Schluss des Radiobeitrags erfährt man noch, dass es selbstverständlich auch Elektrofahrzeuge fürs «normale» Budget zu kaufen gebe, also für Leute, für die es nicht um einen bundesrätlichen Dienstwagen geht, sondern um ein alltagstaugliches Fahrzeug mit mittlerweile ansprechendem Komfort und ebensolcher Reichweite.

Kohle- oder Atomstrom

«Wenn der Strom aus Solarzellen und Wasserkraft kommt, ist das ja gut, aber der meiste Strom in Europa wird aus Kohle- oder Kernkraft produziert. Und da wir vorher ein Mehrfaches an Energie reingesteckt.» Jenni rechnet vor, dass Kohlekraftwerke einen Wirkungsgrad von rund 40% haben. Um zwei Kilowattstunden aus der Steckdose zu beziehen brauche es rund vier Kilowattstunden Primärenergie. «Und wenn wir das reinrechnen», sagt Solarpionier Jenni, «sind wir bei acht Litern Benzinäquivalent, also gleich viel wie ein Benziner.»

Was spricht für, was gegen ein Elektroauto?

Macht es Sinn, eine halbe Tonne Akkus rumzukarren? Soviel steckt nämlich im zwei Tonnen schweren Tesla. Was spricht für, was gegen ein Elektroauto? Wichtig ist, dass der Strom ökologisch produziert wird. «Wenn alle Leute mit einem Tesla herumfahren würden, bräuchten wir vermutlich mehr Energie als heute», ist Josef Jenni überzeugt. Krispin Romang findet indessen, Elektromobile würden durchaus Sinn machen, vor allem, wenn der Strom vom eigenen Dach stamme. Und die so genannte «Bohrloch-zu-Tank-Berechnung» müsse man fairerweise auch beim Benziner anstellen. Zudem könne man beim Elektroauto auswählen, wie sauber die Antriebsenergie sein soll, so der Geschäftsführer von Swiss eMobility.

Leicht muss es sein!
Wichtig sei, sagt Solarpionier Jenni, dass wir auf leichte Fahrzeuge setzten, denn schon bei der Produktion würden 50% der Energie verbraucht, die ein Auto später während des Gebrauchs verpuffe. Daher sei eigentlich nicht die Antriebsart, sondern der Leichtbau wichtig. Wer jedes zweite Jahr das ökologischste Auto kaufe, handle alles andere als ökologisch, erklärt Jenni. Nur wer ein kleines leichtes Elektroauto kaufe und dieses ausschliesslich mit Strom vom eigenen Dach versorge, dürfe sich ein wenig «ökologisch» nennen.

Die Sendung Input gibt einen guten Einblick in die Geschichte der Elektormobilität, von der Tour de Sol bis hin zum Tesla. Sie beleuchtet sowohl die Sonnen- wie auch Schattenseiten der Elektormobiliät. Am besten hören Sie sie sich selber an!

Zur Radiosendung Input über Elektroautos >>

©Text: Toni Rütti, Redaktor ee-news

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1 Kommentare

Thomas Ziegler

Selbst seit den 80ern vom Emobilvirus infiziert, finde ich die Fakten nicht erstaunlich. Seit einem Jahr fahre ich einen Nissan Leaf (1600 kg), 16 kW/h pro 100 km, Kosten pro km: 0.35 (!). Da ich mir Pioniergehabe nicht leisten kann, war letzteres der entscheidende Grund, dieses Fahrzeug zu leasen. Noch ökonomischer und ökologischer wäre der kleine Mitsubishi: bei CHF 24'000 Anschaffung, 5 Jahren / 100'000 km Garantie ist die Rechnung rel. rasch gemacht, der km dürft uner 0.30 kosten - billiger als der ÖV - aber kaum ökologischer. Ich denke, dass sich E-Autos im Bereich Zweitfahrzeuge mit kurzem Reichweitenbedarf durchsetzen werden.

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