Walter Stocker. ©Bild: ASPO Schweiz

ASPO: Jahresbrief des Präsidenten

(©WS/ASPO) Die Peak Oil Thematik bleibt aktuell. Dass das Fördermaximum beim konventionellen Erdöl schon vor etwa 8 Jahren erreicht worden ist, hat sich mittlerweile bestätigt und ist allgemein akzeptiert. Aber nach wie vor deckt die Welt etwa vier Fünftel ihres Energiebedarfs aus fossilen Energieträgern.


In verschiedenen Ländern mit bedeutenden Reserven an konventionellem Erdöl hat sich die politische Lage deutlich verschlechtert, oder zumindest nicht verbessert. Seit Anfang 2014 befindet sich Libyen wieder in einem bürgerkriegsähnlichen Zustand. Die Blockaden von Erdöleinrichtungen durch die Kriegsparteien haben vorübergehend zu einem Einbruch der Erdölförderung von 1.4 Mio. Fass pro Tag auf 230‘000 Fass pro Tag geführt.

Verhandlungen mit Iran
Obwohl die Atomverhandlungen mit dem Iran sich positiv entwickelt haben, sind die Sanktionen der USA und ihrer Alliierten noch nicht aufgehoben worden, was bis heute eine Erhöhung der Erdölförderung verhindert hat. Seit Mitte 2014 hat der „Islamische Staat“ weite Teile Syriens und des Irak militärisch unter seine Kontrolle gebracht, inklusive Erdölfördereinrichtungen. Der Irak mit seinen enormen Reserven an konventionellem Erdöl, konnte somit keinen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die weltweite Förderquote von konventionellem Erdöl zu stabilisieren oder gar zu steigern. Auch Venezuela durchlebt zurzeit eine schwierige wirtschaftliche und innenpolitische Phase. Als Antwort auf die Rolle von Russland in der Ukraine Krise, haben die USA und die EU Staaten umfassende Sanktionen gegen Russland gesprochen, die auch den Energiesektor betreffen.

Die Energiebranche hofft, dass die kontinuierlich abnehmende Fördermenge von konventionellem Erdöl durch zusätzliche Kapazitäten bei den nicht konventionellen Kohlenwasserstoffen (Tiefseeöl, Arktisches Öl, Teersande, Schieferöl und Schiefergas) kompensiert werden kann. Es gibt jedoch immer weniger neue und verlässliche Hoffnungsträger, die den Rückgang bei der Förderung von konventionellem Erdöl kompensieren könnten.

Teersande nicht abbaubar

Die Teersande Kanadas sind auf lange Sicht weder ökonomisch noch ökologisch abbaubar. Rückläufige Erdölpreise und steigende Baukosten haben verschiedene Erdölkonzerne (Total, Shell, Statoil) veranlasst Ölsandprojekte in Kanada vorläufig einzumotten oder ganz aufzugeben.

Grosse Risiken bei Tiefseeöl
Beim Tiefseeöl stellen, neben den wirtschaftlichen Bedenken (enorme Anfangsinvestitionen), die technischen Herausforderungen nach wie vor grosse Risiken dar, nicht zuletzt für die Umwelt. An der Auktion für das als Mega-Tiefseeölfeld gepriesene brasilianische Offshore-Vorkommen „Libra“ nahmen nur gerade 11 von erwarteten 40 Erdölfirmen Teil. Das Kashagan Offshore-Vorkommen in Kasachstan kämpft, 15 Jahre nach der Entdeckung des weltweit grössten Erdölfeldes seit 1968 und nach mehreren Milliarden Investitionen, immer noch mit gewaltigen Entwicklungsproblemen. Schon heute ist dieses Projekt mit neun Jahren im Verzug. Die Entwicklung von Erdöl- und Erdgasvorkommen in der Arktis stellen riesige Herausforderung an Personal und Material. Die Risiken für die Umwelt sind noch nicht abschätzbar. Die unklaren Hoheitsrechte in der Arktis stellen in Zeiten angespannter Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Anrainern ein Konfliktpotential dar.

Produktion in USA erhöht
Die USA haben in den letzten fünf Jahren ihre Erdölproduktion um über 3 Mio. Fass pro Tag erhöht, hauptsächlich durch die Ausweitung der Förderung von Schieferöl mittels der „Fracking Methode“. Entgegen anders-lautenden Zeitungsmeldungen liegt aber die USA mit 8.2 Mio. Fass pro Tag immer noch hinter Saudi Arabien mit 11 Mio. Fass pro Tag. Während die Förderung von Schieferöl in Texas und North Dakota erfolgreich erhöht werden konnte, musste die Federal Energy Authority im Mai einräumen, dass die mit der heutigen Technologie förderbaren Mengen des Monterey Schiefervorkommens in Kalifornien nur gerade 600 Mio. Fass betragen. Noch vor einem Jahr wurden über 13 Milliarden Fass angesagt. Die Schieferölförderung in den USA braucht bis zu 90 US$ pro Fass (im günstigsten Fall etwa 40 US$ pro Fass). Bei den heutigen Erdölpreisen ist die Förderung von Schieferöl nicht mehr wirtschaftlich. Zudem erwartet die Internationale Energie Agentur (IEA), dass die Schieferölförderung in den USA den Peak im Jahr 2020 erreichen wird.

Erdölpreis
Seit Juni dieses Jahres ist der Erdölpreis auf den Weltmärkten um über 40% eingebrochen. Dies hat verschiedene Gründe:

  1. Die schwache Konjunktur der Weltwirtschaft führt zu einem Nachfragerückgang.
  2. Die Energieeffizienz in vielen Industriestaaten hat sich in den letzten Jahren erhöht und nicht auf Erdöl basierende Energieträger sind auf dem Vormarsch.
  3. Die USA haben die Erdölförderung markant gesteigert, führen daher weniger Erdöl ein, was zu einem Überangebot in den anderen Förderregionen führt.
  4. Die OPEC, allen voran Saudi Arabien, haben beschlossen, ihren Marktanteil von 40% nicht zu opfern, um den Erdölpreis zu stützen.


Schwierige Erschliessung
Der schwache Erdölpreis hat aber auch Konsequenzen für die Förderung von nicht konventionellem Erdöl. Die Erschliessung von immer schwieriger zugänglichen Vorkommen verbraucht mehr Energie und wird teurer. Mit fallenden Erdölpreisen können die neuen Fördermethoden nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden. Was für Auswirkungen tiefe Erdölpreise auf die Entwicklung von erneuerbaren Energien längerfristig haben wird, kann heute noch nicht abgeschätzt werden.

Klimawandel
Vor drei Jahren wurde zum ersten Mal vom „Unburnable Carbon“ gesprochen, was bedeutet, dass bis 2050 nur noch ein Drittel der bekannten fossilen Vorkommen verbrannt werden darf, wenn man das Ziel einer Erderwärmung von maximal zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erreichen will. Für die Aktionäre von Firmen wie Shell, BP und Exxon Mobil stehen Milliarden auf dem Spiel, denn diese Vorkommen machen einen wichtigen Teil ihrer Börsenkapitalisierung aus. Im September haben die Erben des amerikanischen Unternehmers John D. Rockefeller ihre Stiftungsgelder von knapp 900 Mio. US$ aus Erdölinvestitionen abgezogen. Damit haben sie sich einer Bewegung von rund 180 Stiftungen und Hunderten von wohlhabenden Familien angeschlossen, die Anteile an 200 Erdöl- und Erdgasfirmen abstossen wollen.

Schweizer Energiepolitik
Anfangs Dezember hat der Nationalrat fünf Tage über ein Massnahmenpaket zur „Energiestrategie 2050“ debattiert. Der Atomaustieg, die Energieeffizienz und die Förderung der Erneuerbaren standen im Zentrum der Diskussionen. In Bezug auf fossile Energieträger kam nur das Thema der Reduktion der CO2 Emissionen der Fahrzeugflotte auf Schweizer Strassen zur Rede. Jedoch bringt uns der Atomaustieg allein keinen Schritt weiter, die Abhängigkeit vom Erdöl, das zu 100% importiert werden muss, zu reduzieren. Die Arbeit der ASPO Schweiz bleibt also wichtig. Unser Verein wird sich auch im kommenden Jahr zu Thema Peak Oil mit sachlichen Informationen äussern.

Mit besten Wünschen für das neue Jahr, Walter Stocker, Präsident ASPO Schweiz

©Text: Walter Stocker, Präsident der Association for the Study of Peak Oil and Gas (ASPO) Schweiz

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