Morgen Dienstag wird der Nationalrat die Atomausstiegsinitiative der Grünen behandeln. ©Bild: Parlamentsdienste 3003 Bern

5. Tag Monsterdebatte Energiestrategie 2050: Laufzeit der AKW als Knacknuss

(©TR) Wie lange sollen die fünf Atomkraftwerke in der Schweiz noch laufen? Im Nationalrat stand am 5. Tag der Energiedebatte dieses wohl heisseste Eisen zur Debatte. Er beschloss den Ausstieg aus der Kernenergie. Beznau I soll 2029 abgeschaltet werden. Eine generelle Laufzeitbeschränkung lehnte die grosse Kammer aber ab. Ab 40 Betriebsjahren sollen die Betreiber aber Langzeitbetriebskonzepte vorlegen müssen.


Über das Langzeitbetriebskonzept und die Ausserbetriebnahme der fünf Schweizer AKW hätte der Nationalrat eigentlich bis vergangenen Donnerstag befinden wollen, doch die für die Verhandlungen veranschlagte Zeit reichte bei weitem nicht aus dazu. Also wurde die Debatte kurzerhand um einen weiteren Verhandlungstag verlängert.

AKW Leibstadt erst 2029
vom Netz
Die konkreten Laufzeiten der AKW bildeten die Knacknuss der nationalrätlichen Debatte: Der Bundesrat will die AKW so lange betreiben, wie deren Sicherheit von der Atomaufsichtsbehörde (ENSI) bestätigt wird. Die Grünen fordern indessen mit ihrer Ausstiegsinitiative eine fixe zeitliche Beschränkung. Gemäss Initiative soll die Laufzeit der AKW auf maximal 45 beschränkt werden. Oder anders gesagt: Erst 2029 würde das letzte AKW – Leibstadt – vom Netz genommen.

Betrieb wiederholt um zehn Jahre verlängern?
Die vorberatende Energiekommission des Nationalrats UREK schlug als Mittelweg ein Langzeitbetriebskonzept vor. Allen Anlagen soll die Möglichkeit offen stehen, den Betrieb ab 40 Jahren wiederholt um zehn Jahre zu verlängern, sofern sie die Sicherheitsauflagen erfüllten. Für neue AKW sollen keine Rahmenbewilligungen mehr erteilt werden dürfen. Der Nationalrat hat dem Vorschlag der UREK zugestimmt, so dass AKW nach 40 Jahren nur noch betrieben werden können, wenn verlässliche Langzeitbetriebskonzepte vorliegen.

Nationalratsdebatte: Kompromiss beim Atomausstieg (Beitrag aus der SRF Tagesschau vom 8. Dezember 2014):


SES: Einführung von Laufzeitbeschränkungen gefordert
«Der Nationalrat hat heute lediglich einen halben Atomausstieg beschlossen. Er hat es verpasst, mit ausreichenden Laufzeitbegrenzungen die nuklearen Risiken zu reduzieren. Damit fehlt der Schweizer Bevölkerung die Sicherheit und der Energiewende die notwendige Planbarkeit und Rechtssicherheit», kritisiert die Schweizerische Energie-Stiftung SES nach Beendigung des 5. Tages des Verhandlungsmarathons. Und weiter: «Die Schweiz betreibt mit Beznau I das älteste AKW der Welt. Zwei weitere Reaktoren Beznau II und Mühleberg sind weit über 40 Jahre alt und befinden sich im weltweiten Vergleich ebenfalls in der Geriatrieabteilung. Nachrüstungen sind nur bedingt wirkungsvoll und lohnen sich finanziell immer weniger. Mit dem angenommenen Langzeitbetriebskonzept und mit maximal 60 Jahren für Beznau gibt es keinen definierten Atomausstieg. Damit steigen die nuklearen Risiken trotz Fukushima.»

SES-Geschäftsleiter Jürg Buri ist enttäuscht: «Die NationalrätInnen haben Ihr Wahlversprechen von 2011 offensichtlich vergessen und sich nur für einen halben Atomausstieg entschieden. Sie nehmen die Risiken des ältesten AKW-Parks der Welt offensichtlich nicht ernst.» Die SES fordert den Ständerat auf, Laufzeitbegrenzungen einzuführen. Im Interesse der Sicherheit der Schweizer Bevölkerung sei die Laufzeit auf 40 Jahre zu begrenzen.

Grösste Lücke der Energiestrategie zumindest teilweise gefüllt
In seinem tendenziell versöhnlich klingenden Kommentar erklärt Bundeshausredaktor Christian Brönnimann vom Tages-Anzeiger, der Nationalrat habe die grösste Lücke der Energiestrategie 2050 zumindest teilweise gefüllt. Die neue Regelung, wonach AKW-Betreiber periodisch eine Planung vorlegen müssten, machten den Atomausstieg schon etwas konkreter. Sie erkläre den Ablauf für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke und «helfe, die Sicherheit der Werke auch gegen deren Lebensende aufrechtzuerhalten». Auch nehme sie die Atromkonzerne in die Pflicht, «frühzeitig und transparent Nachrüstungen aufzugleisen». Und die neue Regelung stärke schliesslich die Position der Aufsichtsbehörde ENSI, deren Handlungsspielraum mit dem heutigen Gesetz beschränkt sei..

1. und 2. Tag Monsterdebatte Energiestrategie: Nationalrat erhöht KEV-Beitrag >
3. Tag Monsterdebatte Energiestrategie: Bonus-/Malus-System für Netzbetreiber >>
4. Tag Monsterdebatte Energiestrategie 2050: Effizientere Neuwagen und mehr Geld für Gebäudesanierung >>

©Text: Toni Rütti, Quellen: parlament.ch, SRF, Tages-Anzeiger, Berner Zeitung, SES

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1 Kommentare

D.Senn

Es ist genau wie ich gesagt habe, gerade als der Ausstieg beschlossen wurde.

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