Die SES fordert: Abschalten: klare Laufzeitbefristungen für AKW, erneuerbare Energien: Handbremse lösen bei der KEV, Energieeffizienz: realistische Verbrauchsziele. ©Bild: SES

SES: Energiestrategie 2050 – ein halber Atomausstieg und ein kleiner Schritt Richtung Energiewende

(SES) In gut einer Woche debattiert der Nationalrat zum ersten Mal über die Energiestrategie 2050. Die Vorlage wäre ein erster Schritt in Richtung Energiewende. Soll diese jedoch gelingen, muss der Rat die Laufzeiten der alten Atomkraftwerke befristen und die Handbremse bei der Förderung der erneuerbaren Energien lösen.


«Nur ein echter Atomausstieg ist ein guter Atomausstieg» betont Jürg Buri, Geschäftsleiter der SES. Die Energiestrategie 2050 sieht nur einen halben Ausstieg vor: Es soll keine neuen Atomkraftwerke geben, die alten sollen aber unbefristet weiterlaufen. «Das ist riskant, die Uraltreaktoren sind eine Bedrohung für die Bevölkerung», sagt Buri. Die Bevölkerung will die Energiewende: In einer im Mai 2014 durchgeführten Umfrage der Universität St. Gallen stimmen 77 Prozent der Befragten eher oder völlig zu, dass sie bei einer Volksabstimmung für den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis ins Jahr 2034 ein Ja in die Urne legen würden. Selbst unter den Anhängern der beiden energiewendekritischen Parteien FDP und SVP finden sich mit 59 bzw. 56 Prozent deutliche Mehrheiten für den mittelfristigen Atomausstieg.

Erster Schritt Richtung Energiewende

Die Beratung der Energiestrategie 2050, die vom 27. November bis 4. Dezember im Nationalrat stattfinden soll, ist ein erster Schritt Richtung Energiewende. Damit dieser Einstieg gelingt sind allerdings einige Korrekturen zum Vorschlag des Bundesrates bzw. der vorberatenden Energiekommission (UREK-N) anzubringen.

Aus Sicht der SES sind drei Themen besonders wichtig:

  • Abschalten: klare Laufzeitbefristungen für AKW
  • Erneuerbare Energien: Handbremse lösen bei der KEV
  • Energieeffizienz: realistische Verbrauchsziele


40 Jahre sind genug!
Der Alterungsprozess macht Atomkraftwerke mit der Zeit immer gefährlicher. Bisher haben Atomkraftwerke – auch das älteste AKW der Welt (Beznau) – unbefristete Betriebsbewilligungen. Die Kommission schlägt ein sogenanntes Langzeitbetriebskonzept vor, damit könnte die Betriebsbewilligung ab einer Laufzeit von 40 Jahren alle 10 Jahre neu erteilt werden. SES-Projektleiterin Sabine von Stockar stellt fest: «Obwohl der Vorschlag der Kommission eine minimale Verbesserung gegenüber der heutigen Situation darstellt, reicht das nicht aus, um die Bevölkerung zu schützen. De facto kommt der Vorschlag weiterhin einer unbefristeten Bewilligung gleich.» Die SES fordert eine verbindliche Laufzeitbefristung von maximal 40 Jahren.

Langzeitsbetriebskonzept vorlegen
Für die drei Uraltreaktoren in Mühleberg und Beznau sollen Übergangsbestimmungen gelten: Der Vorschlag der Kommission besagt, dass sie erst nach 50 Jahren Betriebszeit ein Langzeitbetriebskonzept vorlegen müssen. Ein Antrag von Nationalrat Max Chopard-Acklin sieht für die drei Uraltreaktoren eine Laufzeitbegrenzung von 50 Jahren vor. Sabine von Stockar schätzt den Antrag folgendermassen ein: «Sicherheitstechnisch wäre eine Begrenzung auf 40 Jahre sinnvoller und würde die sofortige Ausserbetriebnahme der drei Reaktoren bedeuten. Von den vorliegenden Vorschlägen ist der Minderheitsantrag Chopard aber der empfehlenswerteste.»

Warteliste abbauen
Auf der Warteliste stehen heute über 34'000 Projekte für erneuerbare Kraftwerke. Das grösste Hemmnis sind die Fördergelder, die von StromkonsumentInnen über einen Netzzuschlag bezahlt werden. «Ideal für die Entwicklung der erneuerbaren Energien wäre ein Netzzuschlag ohne Obergrenze. Ein solcher Deckel bremst den Zubau» ist Felix Nipkow, Projektleiter der SES, überzeugt. Gemäss Bundesrat soll diese Obergrenze von heute 1.5 Rp/kWh auf 2.3 Rp/kWh erhöht werden. Aus diesen Mitteln werden Einspeiseprämien und Einmalvergütungen für neue erneuerbare Kraftwerke, wettbewerbliche Ausschreibung für Effizienzmassnahmen, Verluste aus Geothermie-Garantien und Sanierungsmassnahmen finanziert. «Die 2.3 Rappen sind ein Kompromiss, damit lässt sich die Warteliste zwar reduzieren, aber nicht abbauen» sagt Nipkow.

Realistische Verbrauchsziele
Energieeffizienz ist die günstigste Form von Energie, weil diese gar nicht produziert werden muss. «Die riesigen Potenziale nicht zu nutzen, wäre eine verpasste volkswirtschaftliche Chance» sagt Felix Nipkow. Es braucht allerdings entsprechende Rahmenbedingungen – Zielvorgaben sind eine davon. Eine Kommissionsminderheit will jedoch diese Verbrauchsziele abschwächen. Das ist nicht im Sinne der Energiestrategie 2050. Die Variante des Bundesrates und der Energiekommission sind unbedingt vorzuziehen.

Abhängigkeiten reduzieren
Die Energiewende ist eine grosse Chance für die Schweiz. Heute importieren wir rund 80% der Energieträger in Form von Erdöl, Gas und Uran. Die Energiestrategie 2050 ist nicht nur eine Stromwende, sondern bietet auch die Chance in den Bereichen Mobilität und Wärme vermehrt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu setzen und von fossilen Energien wegzukommen. «Es braucht auch beim Verkehr und den Gebäuden griffige Massnahmen», fordert SES-Projektleiter Florian Brunner, «zum Beispiel strenge Verbrauchsziele für Neuwagen oder eine substantielle CO2-Abgabe auf Brennstoffen.»

Echter Einstieg in Energiewende nötig
Wir fordern den Nationalrat auf, sich für einen echten Einstieg in die Energiewende und einen echten Ausstieg aus der Atomenergie einzusetzen sowie klare Rahmenbedingungen für mehr einheimische Wertschöpfung und Energieunabhängigkeit zu schaffen.

4. Kundenbarometer Erneuerbare Energien >>

Text: Schweizerische Energie-Stiftung (SES)

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert