Wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen auf eine Standortregion sollen möglichst früh und objektiv identifiziert werden, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken.

BFE: Auswirkungen eines Tiefenlagers auf die Standortregionen

(BFE) Geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle haben wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen auf eine Standortregion. Diese sollen möglichst früh und objektiv identifiziert werden, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken, aber auch um die Chancen für positive Entwicklungen nutzen zu können. Mit diesem Ziel hat das Bundesamt für Energie (BFE) seit 2011 in allen sechs potenziellen Standortregionen eine kantonsübergreifende sozioökonomisch-ökologische Wirkungsstudie (SÖW) durchgeführt. Nun liegt der Schlussbericht dieser Studie vor.


Die SÖW wurde in allen Standortregionen nach der gleichen, in Etappe 1 des Sachplanverfahrens von Bund, Kantonen und Vertretern aus Deutschland festgelegten Methodik durchgeführt. Das Ziel- und Indikatorensystem umfasst über 40 Indikatoren (Messgrössen) für die Wirkungsbereiche Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Diese Indikatoren wurden mit Punkten bewertet und mittels Gewichtungen zu sechs Oberzielen aggregiert. Bei den Wirtschaftsindikatoren wurden die Wirkungen auf die gesamte Standortregion beurteilt. In den Umwelt- und Gesellschaftsindikatoren standen die lokalen Wirkungen im Vordergrund. Die SÖW betrachtet die drei Hauptaktivitäten Bau, Betrieb und Verschluss eines Tiefenlagers über einen Zeitraum von knapp 100 Jahren.

Objektivierbare Wirkungen beurteilen
Das Ziel- und Indikatorensystem der SÖW soll möglichst objektivierbare Wirkungen beurteilen. Weil sich über einen so langen Zeitraum viele Rahmenbedingungen verändern können, werden die möglichen Wirkungen aufgrund heutiger Strukturen und Planungsabsichten ausgewiesen. Wirkungen auf das Image einer Region, werden bewusst ausgeklammert. Solche Auswirkungen werden in einer separaten Gesellschaftsstudie im Auftrag der Standortkantone thematisiert.

Resultate

Wirtschaft
Das Ausmass der meisten wirtschaftlichen Auswirkungen ist direkt abhängig von der Höhe der Investitionskosten für den Bau eines Tiefenlagers. Diese Kosten wurden für die Studie zum jetzigen Planungsstand in allen Regionen gleich hoch angesetzt. Je stärker die Branchen Hoch- und Tiefbau sowie Metallerzeugung und -bearbeitung in einer Region vertreten sind, desto mehr Wertschöpfung, Beschäftigung und in der Folge auch Steuereinnahmen sind durch den Bau eines Tiefenlagers zu erwarten. Regionen mit vergleichsweise hohen Anteilen an sensiblen Branchen (Tourismus und Landwirtschaft) sind hingegen von einem Tiefenlager potenziell negativ betroffen. Höhe und Verteilschlüssel von Abgeltungen für die Übernahme dieser nationalen Aufgabe werden erst in Etappe 3 des Sachplanverfahrens festgelegt. In der Studie wurden deshalb alle Regionen diesbezüglich gleich bewertet. Konflikte zu anderen Erschliessungsvorhaben bestehen aus heutiger Sicht in keiner der sechs Regionen.

Umwelt
Die grössten Wirkungen von Tiefenlagern ergeben sich bezüglich Flächenverbrauch, Fruchtfolgeflächen, Ausbruchmaterial sowie Wildtierkorridoren. Ebenfalls relevant sind die unterschiedlichen Voraussetzungen der Oberflächenstandorte hinsichtlich der Anbindung an das Bahn- und Strassennetz. Wenig oder keine Wirkungen ergeben sich auf Schutzgebiete und Grundwasserschutzzonen, da diese aufgrund der Kriterien des Standortsuchprozesses bereits weitgehend ausgeschlossen wurden.

Gesellschaft
Je dichter das Siedlungsgebiet, je grösser das angestrebte Siedlungswachstum und je besser die Oberflächenanlage sichtbar ist, desto negativer werden die Standorte bewertet. Umgekehrt ist die Bewertung weniger negativ, wenn sich bereits Industrie und Gewerbe in Standortnähe befindet. Für geschützte Ortsbilder wird nur in wenigen Fällen von einer leichten Beeinträchtigung ausgegangen.

Bedeutung der SÖW
Beim bevorstehenden Vorschlag von mindestens zwei Standorten pro Lagertyp in Etappe 2 des Sachplanverfahrens durch die Nagra hat die Sicherheit oberste Priorität. Die Ergebnisse der SÖW haben entsprechend keinen Einfluss auf die Auswahl der geologischen Standortgebiete («unten»). Die Ergebnisse werden jedoch in die Gesamtbeurteilung für den Bundesratsentscheid zu Etappe 2 einfliessen. Ausserdem liefert die SÖW wertvolle Grundlagen für die weitere Planung und Optimierung der Standortareale («oben») und die Erarbeitung der regionalen Entwicklungsstrategien in Etappe 3 des Auswahlverfahrens.

Sechs Regionen
Die Regionen Jura Ost, Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg und Zürich Nordost - stehen als mögliche Standorte für künftige geologische Tiefenlager auf dem Prüfstand. Neben geologischen und technischen Untersuchungen wurden in diesen sechs Regionen mit den Regionalkonferenzen auch mögliche Standortareale für die Oberflächeninfrastruktur der Lager evaluiert. Im Rahmen der laufenden Etappe 2 waren die Regionalkonferenzen auch bei den Untersuchungen zu den sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen der Lager beteiligt. Der Vorschlag der Nagra für mindestens zwei Standorte pro Lagertyp ist Anfang 2015 zu erwarten und wird anschliessend von den Behörden überprüft und in einer Anhörung aufgelegt.

Weiteres Auswahlverfahren
Am Ende von Etappe 2 - voraussichtlich 2017 - wird der Bundesrat darauf basierend entscheiden, welche Standortgebiete im weiteren Auswahlverfahren verbleiben. Die definitive Standortwahl erfolgt in Etappe 3, in der das nach Kernenergiegesetz erforderliche Rahmenbewilligungsverfahren eingeleitet wird. Die Rahmenbewilligung wird vom Bundesrat erteilt und muss vom Parlament genehmigt werden. Sie untersteht dem fakultativen Referendum.

Weitere Informationen zu radioaktiven Abfällen>>

Text: Schweizerisches Bundesamt für Energie (BFE)

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