Eine der kleinsten Energiestädte der Schweiz: Obwohl die Gemeinde Freienwil nur 950 Einwohner zählt, hat sie den Aufwand der Zertifizierung auf sich genommen. ©Bild: Zvg

Viel Engagement für mehr Energieeffizienz in Freienwil: Umweltkommissionsmitglied Daniel Büchi (links) und Gemeinderat Daniel Aeschbach. ©Bild: Zvg

Potenziale ermitteln: Der Solarkataster Freienwil zeigt, wo sich Photovoltaikinstallationen lohnen würden. ©Bild: www.ag.ch/agis

Energiestadt: Neues Angebot für Kleingemeinden

(©DF/Kommunalmagazin) Kleinen Gemeinden fehlen oft Zeit und Geld, um energiepolitische Massnahmen umzusetzen. Dass es beim Energiesparen nicht auf die Einwohnerzahl ankommt, beweist Freienwil AG. Das Dorf hat seinen Verbrauch deutlich reduziert und plant den Ausbau erneuerbarer Energie. Ein neues Beratungsangebot für Kleingemeinden soll dafür sorgen, dass dieses Beispiel Schule macht.


In der Nähe von Baden, eingebettet zwischen sanften Hügeln, liegt Freienwil. Das Dorf ist umgeben von Mais- und Sonnenblumenfeldern, die Fenster der Wohnhäuser sind mit Blumen geschmückt, die Fahrräder vor dem Dorfladen sind nicht abgeschlossen. Die 950 Dorfbewohner sind stolz auf ihre Landidylle und die Eigenständigkeit. Sie setzen deshalb viel daran, sie zu bewahren. Eine Fusion mit dem grossen Nachbarn Ehrendingen ist kein Thema. Freienwil gleicht also auf den ersten Blick vielen kleinen Schweizer Gemeinden.

Wärmeverbund und Tempo 30
Energiepolitisch jedoch hebt sich die Gemeinde ab: Sie verfügt über einen Wärmeverbund, der mit Holzschnitzeln beheizt wird, und über flächendeckende Tempo-30-Zonen. Ausserdem führt die Gemeinde Aktionen zum Thema Energie durch. Freienwil wurde 2011 als Energiestadt zertifiziert. Für eine kleine Gemeinde ist das Zertifikat mit hohem Aufwand verbunden, entsprechend bemerkenswert ist das Engagement. Der Freienwiler Gemeinderat Daniel Aeschbach und sein Kollege Daniel Büchi von der Umweltkommission sind sich einig: «Energiepolitik geht alle etwas an. Auch kleine Gemeinden. Wir können zwar nicht die ganze Welt verbessern. Aber wir können im Kleinen handeln und für spätere Generationen Verantwortung übernehmen.»

Der Erfolg der Freienwiler Energiepolitik gründet auf dem grossen zeitlichen und persönlichen Einsatz Einzelner. In den meisten kleinen Gemeinden fehlen die nötigen Ressourcen. Energiesparmassnahmen sind zudem nur eines von zahlreichen Geschäften auf der politischen Agenda. Eine aktive Energiepolitik zu leben und beispielsweise ein Energiestadt-Zertifikat zu beantragen, ist deshalb für viele kleine Gemeinden schwierig. Das Programm «Energie-Schweiz für Gemeinden» bietet ihnen nun die Möglichkeit, auf einfache Weise energiepolitisch aktiv zu werden. Ziel ist es, dass auch Kleingemeinden ähnliche Massnahmen umsetzen, wie es grössere Gemeinwesen im Rahmen des Energiestadt-Labels tun, allerdings ohne dass sie dafür einen aufwendigen Zertifizierungsprozess durchlaufen müssen. Das neue Beratungsangebot «Kleingemeinden» soll mit möglichst wenig Aufwand einen möglichst hohen Ertrag generieren. «Das Ziel sind tiefe Kosten, wenig Administration und schnelle Resultate», sagt Kurt Egger von «EnergieSchweiz für Gemeinden». Konkret sind für fünf Teilbereiche Beratungsangebote und Analysen ausgearbeitet worden:

  • Erneuerbare Energien
  • Gebäude
  • Infrastruktur
  • Mobilität
  • Wärmekataster


«Bereits kleine Anpassungen helfen, den Energieverbrauch einer Gemeinde zu senken», sagt gger. Dazu gehört etwa die Umstellung der öffentlichen Beleuchtung auf LED oder die Schulung der Hauswarte. «Die Gemeinden müssen aber wissen, wann und wo das sinnvoll ist», so Egger.

Sparpotenziale identifizieren
Damit die Gemeinde Sparpotenziale ohne grossen Aufwand erkennen kann, füllt sie online einen Energiecheck aus. Dieser trägt die wichtigsten energiepolitischen Kennwerte der Gemeinde zusammen und dient als Basis für ein kostenloses Gespräch mit einem Energiestadt-Berater. Bereits beim ersten Treffen kann dieser der Gemeinde aufzeigen, wo sich weitere Schritte lohnen, ob also zum Beispiel eher bei der Wasserversorgung oder bei der Mobilität angesetzt werden sollte. Um das Angebot so praxisnah wie möglich zu gestalten, konnte «Energie-Schweiz für Gemeinden» auf die Erfahrungen der Gemeinde Freienwil zurückgreifen. Die Gemeinde unterstützte die Entwicklung der Analyse- und Beratungsmodule «Erneuerbare Energien» und «Wärmekataster». Die Gemeindeverantwortlichen sind vom Wissen, den Tools und Empfehlungen, die Kleingemeinden damit zur Verfügung stehen, überzeugt: «Für eine kleine Gemeinde ist es schwierig, ohne spezifisches Fachwissen oder teure Experten zu wissen, wo sie mit der energiepolitischen Arbeit ansetzen muss.» Umso wichtiger sei es, möglichst unkompliziert erste Potenzialanalysen durchführen zu können. «Die Resultate solcher Analysen helfen, Massnahmen abzuleiten. Man hält sofort Fakten in den Händen, mit denen man vor den Gemeinderat oder die Kommission treten kann», meint Daniel Büchi.

Wie viele Erdsonden sind sinnvoll?
Nach der Präsentation der Potenzialanalyse Erneuerbare Energien wissen die Freienwiler, welche Standorte sich allenfalls für ein Windrad eignen würden, wie viele Erdsonden sinnvoll sind und auf welchen der 350 Dächer es sich lohnt, eine Photovoltaikanlage zu installieren. «Es ist mir seit langem ein Anliegen, Sonnenergie zu nutzen. Mit der Analyse der Erneuerbaren Energien weiss ich nun, welche Nachbarn ich einspannen muss. Jetzt geht‘s endlich vorwärts», sagt Daniel Aeschbach. Die Gemeinde ist aber auch informiert, wo sie bei den erneuerbaren Energien an ihre Grenzen stösst. Die Nutzung von feuchter Biomasse zum Beispiel ist für Freienwil weniger vorteilhaft. Eine detaillierte Karte des Dorfs mit verschieden grossen farbigen Punkten zeigt der mit dem Energiestadt-Berater erstellte Wärmekataster. Die Punkte geben an, welches Haus über welches Heizsystem verfügt und wie hoch der Energieverbrauch pro Wohnfläche ausfällt. Mögliche Wärmeverbünde werden ersichtlich. «Die Diskussion des Wärmekatasters hat uns aufgezeigt, wie wir unsere Gemeindepolitik im Bereich der Wärmeerzeugung weiter gestalten können. Ich denke da an bevorstehende Renovationen. Überraschenderweise griffen die Inputs aber weiter. Sie lieferten unter anderem auch Anhaltspunkte für die Neugestaltung des Bau- und Nutzungsplans », sagt Daniel Aeschbach.



Keine Energiewende ohne die Kleinen

Mehr als die Hälfte aller Schweizer Gemeinden haben weniger als 2000 Einwohner. Obwohl sie oftmals weniger Ressourcen haben als die grösseren, haben auch sie Möglichkeiten, die Energiewende 2050 zu unterstützen. Aus diesem Grund wurde im Rahmen von Energiestadt das Angebot «Kleingemeinden» lanciert. Es bietet den Behörden die Möglichkeit, den Energieverbrauch mit wenig Aufwand und in kurzer Zeit zu senken. Ganz von selber geht das allerdings nicht: «Obwohl wir den Aufwand minimiert haben, sind wir immer noch auf das Engagement und einen minimalen Zeiteinsatz der Gemeinde angewiesen », sagt Kurt Egger von «EnergieSchweiz für Gemeinden».

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©Text: Dominique Flüeler, Dr. Schenker Kommunikation AG für das Kommunalmagazin

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