Dass die Solarproduktion noch einmal nach Europa zurückkehrt, hält EPIA-Präsident Oliver Schäfer für unwahrscheinlich. Bei den Zulieferern sieht die Lage deutlich besser aus. ©Bild: BSW-Solar/Innovationsallianz

Photovoltaik: Aufschwung kommt für europäische Solarproduzenten zu spät

(©SR) Der Photovoltaik-Weltmarkt zieht an, die Aussichten für die Solarenergie bessern sich. Der Weltmarkt erholt sich schneller als erwartet. In Asien laufen viele Modulfabriken schon wieder auf vollen Touren, in Europa besteht hingegen kaum Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Solarindustrie.


Den Preissturz bei den Solarmodulen haben viele Hersteller nicht überlebt. Doch die günstigen Einkaufskonditionen bringen auch Vorteile mit sich: Module sind stark gefragt, der Weltmarkt erholt sich schneller als erwartet. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat deshalb ihre Solarprognose erhöht: Sie geht in ihrer neuen „Technology Roadmap: Solar Photovoltaic Energy“ davon aus, dass die Photovoltaik bis 2050 bis zu 16 Prozent der weltweiten Stromversorgung abdecken wird. In ihrer letzten Roadmap von 2010 prognostizierte die IEA noch einen Anteil von elf Prozent.

45.4 Gigawatt neue Leistung
Der Report deckt sich mit den aktuellen Beobachtungen der Analysten: „Wir schätzen, dass die globalen Neuinstallationen dieses Jahr auf 45.4 Gigawatt steigen werden“, sagt Stefan de Haan vom Marktforschungsunternehmen IHS. Das wäre ein Fünftel mehr als 2013. 2020 sei bereits ein weltweiter Zubau von 85 bis 90 Gigawatt realistisch.

Zwar sinkt nach Zahlen des europäischen Branchenverbands EPIA die Bedeutung der Photovoltaik in Europa – von 2011 bis 2013 hat sich das Marktvolumen infolge von Förderkürzungen in den Leitmärkten Italien und Deutschland auf elf Gigawatt halbiert. Das starke Wachstum in China, Japan und in den USA überkompensiert aber diesen Rückgang. Zudem entstehen in Asien und Südamerika neue Märkte, etwa Indien und Brasilien.

Von 57 auf 71% Auslastung
Die hohe Nachfrage entlastet die Hersteller, denn sie lässt die Überkapazitäten für die Modulproduktion schmelzen. Als 2012 der europäische Markt kippte, sank nach IHS-Angaben die weltweite Fabrik-Auslastung auf 57 Prozent. Mittlerweile laufen die Solarwerke wieder auf 71 Prozent. „Das ist in einer stark wachsenden Industrie ein relativ gesunder Wert. Das Geschäft der Hersteller läuft offensichtlich wieder besser“, erklärt de Haan.

Das gilt vor allem für die chinesischen Modulhersteller. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens NPD Solarbuzz stieg ihr Absatz im zweiten Quartal 2014 gegenüber dem ersten Quartal um 26 Prozent auf 6.3 Gigawatt. Ein wesentlicher Anteil entfiel auf Modulgigant Trina Solar. Sein Chef, Gao Jifan, beschrieb der Nachrichtenagentur Bloomberg die Entwicklung kürzlich so: „Derzeit sind 100 Prozent der Kapazitäten von Trina Solar ausgelastet und wir verkaufen alles. Dennoch können wir nicht alle Kundenwünsche erfüllen.“

Keine Zukunft in Europa
Während China rasch zu alter Stärke zurückfindet, kommt der Aufschwung für die meisten europäischen Hersteller zu spät. Nur Solarworld und REC aus Norwegen halten in Europa noch die Fahnen hoch, alle anderen Produzenten wurden entweder von ausländischen Firmen übernommen oder schlossen wegen zu hohen Verlusten freiwillig ihre Solarsparten. Dass die Solarproduktion noch einmal zurückkehrt, hält EPIA-Präsident Oliver Schäfer für unwahrscheinlich. „Grosse Zellenproduktionen – Ausnahmen bestätigen die Regeln – haben in Europa keine Zukunft. Kaum ein Unternehmen würde noch in Hochlohnländern in eine Solarfabrik investieren.“

xGWp-Konsortium gibt nicht auf
Dennoch will das sogenannte xGWp-Konsortium, an dem auch das Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) beteiligt ist, einen letzten Reanimierungsversuch der europäischen Solarindustrie starten. Es plant eine Gemeinschaftsfabrik mit mindestens einem Gigawatt Jahreskapazität, in der kristallinen Hocheffizienzmodule hergestellt werden sollen. Das Werk soll als Beweis stehen, dass die Europäer Hightech günstiger fertigen können als die Asiaten.

Die Europäische Kommission unterstützt das Vorhaben. Sie werde bald eine Diskussion über die Durchführbarkeit des Projekts mit allen Beteiligten starten, verspricht Giovanni di Santi, Direktor der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission. Dennoch dürfte die Realisierung schwierig werden. Das Konsortium sucht bereits seit rund einem Jahr vergeblich nach einem finanzstarken Hauptinvestor: Der Industriekonzern Areva war zwar anfangs interessiert, ist aber inzwischen wieder abgesprungen.

Europäische Zulieferer zurück im Markt
Besser sind die Aussichten für die europäischen Photovoltaik-Zulieferer. Sie exportieren den Grossteil ihres Produktionsequipments ins wachstumsträchtige China, agieren also weitgehend unabhängig von den europäischen Herstellern. „Der Umsatz der Hersteller von Komponenten, Maschinen und Anlagen für die Photovoltaik in Deutschland stieg im ersten Halbjahr 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 39 Prozent. Wir sind optimistisch, 2014 auf den Wachstumspfad zurückkehren zu können“, erklärt Florian Wessendorf, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Photovoltaik-Produktionsmittel im deutschen Maschinenbauverband VDMA.

Garantiert ist der Erfolg der Ausrüster jedoch nicht. Die chinesische Staatsregierung hat vorgegeben, dass bis zum Ende des Fünfjahresplans 2015 80 Prozent des in China eingesetzten Photovoltaikequipments aus China selbst stammen müssen. „Vor diesem Hintergrund muss die deutsche Maschinenbauindustrie eine neue Asienstrategie ausarbeiten und sich gleichzeitig verstärkt für Märkte ausserhalb Chinas aufstellen“, sagt Wessendorf. Verpasst die Branche die Internationalisierung, droht ihr das gleiche Schicksal wie den hiesigen Herstellern.

©Text: Sascha Rentzing

0 Kommentare

Kommentar hinzufügen

Top

Gelesen
|
Kommentiert